# taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Unterirdische Pfeifen
       
       > Der Deutsche Fußball-Bund sperrt Wolfgang Stark als Videoassistenten.
       > Damit wird ein Systemproblem personalisiert.
       
 (IMG) Bild: Kölner Kontrollraum: Video-Assistenten bei der Arbeit am Bundesligaspieltag
       
       Die [1][Eingabe „Köllner Keller“] genügt schon, um von der populärsten
       Suchmaschine im Internet erst einmal mit Treffern zum Thema Videobeweis
       versorgt zu werden. Ob die deutschen Videoschiedsrichter auch im wahrsten
       Sinne des Wortes unterirdisch arbeiten, konnte durch eine Kurzrecherche
       nicht verifiziert werden. Klar ist nur, dass sie sich für ihre
       Kontrollmission im Cologne Broadcasting Center einfinden müssen. Dort
       wiederum sitzen sie im sogenannten Replay Center, in das jedenfalls nach
       Inaugenscheinnahme aller Fotos kein Tageslicht einzudringen scheint.
       
       Der „Köllner Keller“ ist vermutlich zu einem geflügelten Begriff in der
       Videobeweisdebatte geworden, weil er so gut zum Synonym für Intransparenz,
       Verschlossenheit und Muffigkeit taugt, weil er so gut zum deutschen
       Schiedsrichterwesen passt.
       
       Warum etwa Wolfgang Stark aus dem Kölner Keller in diesen Tagen „bis auf
       Weiteres“ nach fragwürdigen Eingriffen bei der Partie Wolfsburg gegen
       Schalke verbannt wurde, erschließt sich ebenso wenig wie der Umstand, dass
       er überhaupt hineingelassen wurde.
       
       Fehlerhafte Eingriffe aus Köln gab es im Verlauf der letzten Saison zuhauf,
       eine Sanktion aber folgte nie. Das System und nicht die ausführenden Kräfte
       standen in der Kritik. Das Premierenjahr des neuen technischen Hilfsmittels
       war ein Desaster. Noch nie wurde so viel und kontinuierlich über getroffene
       und zurückgenommene Schiedsrichterentscheidungen diskutiert, und das ist
       bekanntlich immer das schlechteste Zeichen für die Riege der
       Unparteiischen, die am liebsten in der Sphäre der Unscheinbarkeit ihr
       eigenes Ding macht.
       
       ## Pöstchen für die Altvorderen
       
       Das ist vermutlich auch der Grund, weshalb die beiden bereits im Ruhestand
       befindlichen Ex-Schiedsrichter Wolfgang Stark und Günter Perl im Kölner
       Keller mit einem Pöstchen versorgt wurden. Im patriarchalen System des
       deutschen Schiedsrichterwesens muss man eben die richtigen Freunde haben.
       Wer, warum, wann befördert wird, erschließt sich nur dem, der mit den
       persönlichen Netzwerken vertraut ist. Ein transparentes, nachvollziehbares
       Bewertungssystem gibt es nicht.
       
       Das Risiko, dass die Altvorderen dem Nachwuchs zeigen wollen, wie man denn
       eigentlich richtig pfeift, hat man mit der Berufung von Stark und Perl
       bewusst in Kauf genommen. Von solchen Leuten kann man die Zurückhaltung,
       die Videoassistenten vornehmlich auszeichnen soll, kaum erwarten.
       
       Derlei Entscheidungen erklären unter anderem, weshalb der Videobeweis bei
       der WM in Russland, wo man ohne ehemalige Referees auskam, besser angewandt
       wurde. Mit der Sanktionierung von Stark „bis auf Weiteres“, versucht der
       DFB nun, das Problem zu personalisieren. Individuelle Fehler werden mit
       einer Sperre auf Zeit bestraft. Mal länger, mal kürzer oder doch überhaupt
       nicht. Sinnvoll wäre es dagegen, das fehlerhafte System zu verändern und
       ehemalige Schiedsrichter als Überwacher grundsätzlich auszuschließen. Mit
       Zeitsperren ohne transparente Bemessungsgrundlage fördert man die
       existierende Günstlingswirtschaft und ein Klima der Angst. Die nächsten
       Fehler sind vorprogrammiert. Das Thema Videobeweis bleibt der Bundesliga
       erhalten.
       
       31 Aug 2018
       
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