# taz.de -- Kommentar Abschiebungen nach Spanien: Eine Frage der Glaubwürdigkeit
       
       > Innenminister Horst Seehofer feiert die Vereinbarung mit Spanien als
       > „Erfolg“. Dabei ist der Deal nichts als Grenz-Micromanagement.
       
 (IMG) Bild: Spanien ist derzeit das EU-Land, in dem die meisten Migranten ankommen
       
       Man weiß nicht so recht, ob man Seehofer mittlerweile ernsthaft bedauern
       sollte. Erst legt er sich ständig mit der Kanzlerin an, dann mit weiten
       Teilen der CDU, schließlich mit der eigenen CSU sowie mit der SPD. Und nun
       auch noch mit der Glaubwürdigkeit.
       
       Ja, richtig gelesen, mit der Glaubwürdigkeit. Oder wie soll man seinen
       neuesten Coup, das ab Sonntag gültige Rückführungsabkommen mit Spanien,
       bezeichnen, wenn nicht als grandiosen Fake?
       
       Der Reihe nach: Geflüchtete, die in Spanien einen Asylantrag gestellt haben
       und später nach Deutschland kommen, sollen innerhalb von 48 Stunden [1][in
       das iberische Land zurückgebracht werden]. Die Gruppe, die von diesem
       „Erfolg der Migrationspolitik“ betroffen sein dürfte, ist bislang
       erstaunlich klein. Denn das Abkommen gilt nur für diejenigen, die an der
       deutsch-österreichischen Grenze aufgegriffen werden. Expert*innen sprechen
       von gerade mal etwa 100 Geflüchteten in den ersten Monaten dieses Jahres.
       
       Man muss sich das bildlich vorstellen: Eine, sagen wir eritreische Familie
       kommt mit dem Boot aus Libyen über das Mittelmeer nach Spanien, ist
       erschöpft, müde, desorientiert. Die Erwachsenen stellen für sich und die
       Kinder in einer spanischen Erstaufnahmeeinrichtung einen Asylantrag. Was
       machen sie dann? Machen sie sich umgehend auf den Weg nach Deutschland? Wie
       kommen sie dorthin? Mit dem Zug? Mit dem Flugzeug? Zu Fuß? Woher haben sie
       das Geld für die Tickets?
       
       Sie ziehen trotzdem los und kommen – was für ein Zufall – ausgerechnet an
       der deutsch-österreichische Grenze an. Dort werden sie von den Behörden
       festgehalten und binnen von zwei Tagen nach Spanien zurückgeschickt. Aber
       nur die Eltern. Denn für Kinder gilt die neue Regelung nicht.
       
       Zugegeben ein drastisches und unrealistisches Szenario. Wer ernsthaft nach
       Deutschland gelangen will, versucht das unbemerkt. Kritiker*innen
       bezeichnen Seehofers „Rückführungsabkommen“ deshalb zu Recht als „heiße
       Luft“ und „Lachnummer“.
       
       Spanien erwartet für diesen Deal bislang keine Gegenleistung. Wozu auch?
       Was sollte Seehofer dem Land auch bieten? Die wahren Herausforderungen
       erwarten den Innenminister ohnehin bei Verhandlungen zu
       Rückführungsabkommen mit Italien und Griechenland. Das weit nach rechts
       gerückte Italien hat seine Asyl- und Migrationspolitik heftig verschärft,
       am liebsten würde es alle Geflüchteten dorthin schicken, wo sie hergekommen
       sind. Oder irgendwohin in Europa, Hauptsache weg. Und Griechenland, so ist
       aus dem Innenministerium zu hören, dürfe man jetzt nicht mit solchen Themen
       belästigen. Das Land habe wegen der Waldbrände genug zu tun.
       
       Und dann sind da auch noch all die notwendigen Gespräche mit Staatschefs
       von Ländern wie Nigeria, Ghana, Senegal, Tschad, Jemen. Von dort
       Geflüchtete haben hierzulande kaum oder keine Chance auf Asyl. Die Menschen
       fliehen trotzdem aus ihren Ländern – aufgrund von Dürre, Hungersnöten,
       Armut. Wenn sie nicht in einem anderen afrikanischen Land „hängen bleiben“,
       versuchen sie nach Europa zu kommen. Und von hier werden sie alsbald
       zurückgeschickt.
       
       Diese Kreisläufe sind für die Betroffenen grauenhaft, ein unnötiger
       Leidensweg und vergeudete Lebensenergie. Das zu ändern, ist eine enorme
       Aufgabe für Innenminister Seehofer. Eine überaus harte Nuss. Man kann
       Seehofer wirklich bedauern.
       
       10 Aug 2018
       
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