# taz.de -- Italienischer Fußball: Der große Bankrott
       
       > Spielerstreiks, Pleite-Klubs, Unklarheit, ob die Meisterschaft beginnen
       > kann – es herrscht wildes Treiben in Italiens Serien B und C.
       
 (IMG) Bild: „Alle zusammen für einen großen Traum“: Fanplakat beim Spiel Citadella gegen Bari
       
       Das Chaos hat drei Ursachen: schlechtes Management, zu hohe Kosten und
       schließlich faule Tricks. Insgesamt 14 Klubs aus der zweiten und dritten
       Liga machten in den letzten drei Jahren Bankrott, allein fünf in der
       letzten Saison. Das betraf die früheren Erstligaklubs Cesena und Bari in
       der Serie B sowie die Traditionsklubs Vicenza (gegründet 1902), Modena
       (1912) und Akragas (1939) in der Serie C.
       
       Cesena, vor vier Jahren noch stolzes Mitglied der Serie A, machte im Sommer
       mit über 70 Millionen Euro Schulden Pleite und ging damit der Lizenz für
       die Serie B verlustig. Ein Großteil hatte sich angehäuft, so argumentierte
       der jetzt ehemalige Klubpräsident Igor Campedelli, weil der Stadionausbau
       in Serie-A-Zeiten so kostspielig gewesen sei.
       
       Wer zu Serie-A-Zeiten in Cesena war, sah aber keine Bauwunder, eher
       Improvisationen, um das höhere Aufkommen von Journalisten und von VIPs zu
       managen. Campedelli stand schließlich auch vor Gericht. Ihm wurde von der
       Staatsanwaltschaft vorgeworfen, selbst fünf Millionen aus dem Etat für
       seine privaten Zwecke abgezweigt zu haben.
       
       Außerdem soll er die Positivseite der Bilanzen aufgebläht haben, durch
       Höherschreiben des Werts einzelner Spieler, um regelmäßig doch noch eine
       Lizenz für den eigentlich schwer verschuldeten Klub zu erhalten. Das ist
       gängige Praxis in Italien. Namensvetter Luca Campedelli ist wegen des
       gleichen Vergehens aktuell als Präsident des Erstligaklubs Chievo Verona
       angeklagt. Cesenas Campedelli hatte den Spielern und Angestellten
       wenigstens noch brav die Gehälter bezahlt. Der Klub hatte die Saison auch
       zu Ende gespielt und sportlich den Abstieg vermieden.
       
       ## Streik der Spieler
       
       In Modena, nur etwa 120 Kilometer über die Autobahn nach Bologna entfernt,
       gelang dem dortigen Präsidenten Antonio Caliendo nicht einmal das. Dabei
       ist Caliendo durchaus ein Fußballkenner. Er war Berater von Fußballgrößen
       wie Carlos Dunga, Roberto Baggio und David Trezeguet. Zwei Jahre gehörte
       ihm auch der englische Klub Queens Park Rangers – den er später an die
       Formel-1-Tycoon Flavio Briatore verkaufte. Beim Drittligaklub Modena
       brachte er aber nicht einmal das Geld auf, Spieler und Angestellte
       ordnungsgemäß zu bezahlen.
       
       Wegen aufgelaufener Schulden zog die Stadt zudem die Nutzungsgenehmigung
       für das Stadion zurück. Gleich zu Beginn der Saison 2017/18 traten deshalb
       die Spieler in den Streik – und wurden dabei sowohl von den eigenen Fans
       wie von der Spielergewerkschaft AIC unterstützt. Nach vier Spielen, zu
       denen Modena nicht antrat, war Schluss. Das Reglement sieht einen
       Ausschluss bei vier verpassten Matches vor. Modena beendete die Saison,
       ohne einziges Spiel gespielt und ein einziges Tor geschossen zu haben. Die
       Truppe hatte nicht einmal eines kassiert.
       
       ## Firmengeflecht in Steuerparadiesen
       
       Caliendos Beispiel – er hatte den Klub über ein Geflecht von Firmen aus den
       Steuerparadiesen Luxemburg und Jungferninseln gemanagt – sorgte in diesem
       Sommer für ein Aufwachen.
       
       Die Besitzer der – Stand jetzt – wirtschaftlich potenteren Klubs wehrten
       sich dagegen, dass die durch die Pleitevereine Cesena und Bari sowie den
       ebenfalls in wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckenden Klub aus Avellino
       freigewordenen drei Plätze der Serie B durch Nachrücker besetzt werden. Um
       diese Plätze balgten sich die vier Serie B-Absteiger sowie Catania, das den
       Aufstieg von der Serie C sportlich nicht geschafft hatte und so noch zum
       Zuge zu kommen hoffte.
       
       Gegen solche juristischen Aufstiegsmanöver setzten sich 13 Klubs der Serie
       C zur Wehr. Sie kündigten ihrerseits Streik an, sollten wirtschaftliche und
       sportliche Wackelkandidaten noch nachträglich aufgenommen werden. Denn
       nicht nur der Kampf um die Plätze oben hat Auswirkungen auf die
       Zusammensetzung der drei Serie C-Staffeln. Für die durch Bankrott frei
       gewordenen Plätze in der Serie C brachten sich gleich zehn sportlich nicht
       qualifizierte Teams ins Spiel. Unter ihnen waren pikanterweise auch die
       beiden wirtschaftlich gescheiterten Serie-B-Klubs aus Bari und Avellino.
       
       Die Streikdrohung hat immer noch Bestand. Zwar bestätigte der italienische
       Fußballverband inzwischen das 19er Format der Serie B. Wer eine Klasse
       tiefer spielen darf, wird aber erst am 22. August auf der Vollversammlung
       der Lega Pro entschieden. Planungssicherheit für die kommende Saison sieht
       jedenfalls anders aus.
       
       15 Aug 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tom Mustroph
       
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