# taz.de -- Kommentar Weltmeister Frankreich: Stärker denn je
       
       > Frankreichs Team hat sich als multikulturelle Truppe nie einschüchtern
       > lassen. Und genau das ist der Unterschied zum deutschen Fußball.
       
 (IMG) Bild: Repräsentant des modernen Frankreichs: Kylian Mbappé
       
       Frankreich feierte, und wie. Millionen waren auf den Pariser Champs Élysées
       und vor dem Eiffelturm, in Lyon, Marseille, Straßburg, Lille, Nizza und
       Dijon. Das Land, das seit vielen Jahren nur Themen wie islamistischen
       Terror und Aversionen gegen muslimische Bürger*innen, über grassierenden
       Antisemitismus, über Klassenkämpfe oder Hass auf die Einwanderer*innen
       wahrnimmt, ist an einem Abend und vielleicht ein paar weitere Tage mit sich
       im Reinen. Eine Mannschaft, die ziemlich akkurat die Bevölkerungsvielfalt
       Frankreichs widerspiegelt, hat die WM im Männerfußball gewonnen – und man
       ist entzückt.
       
       Vor 20 Jahren, beim ersten Titelgewinn Frankreichs, wurde in die Équipe
       tricolore viel multikulturelle Phantasterei hineingesponnen. Jetzt, hieß es
       damals, da die Männer um Zinedine Zidane eine „multikulturelle“ Truppe
       geworden seien, stehe fest, dass es schön sei, wenn das Land nicht allein,
       wie einst, durch weiße Männer repräsentiert werde.
       
       Einige Jahre später konnte man wissen: Nein, es war ein Trugschluss. Das
       Team Tricolore hatte bei vielen Turnieren in den Jahren danach Misserfolge
       zu verzeichnen, die vor allem den Rechten des Front National Argumente
       lieferten. Das, was vor zwei Jahrzehnten dem nationalen Glücksgefühl
       aufhalf, zerstörte sich durch Missgunst, Neid, Erschöpfung, Sattheit am
       eigenen Erfolg selbst.
       
       Dass aber ein inklusiv gesinntes Frankreich wieder auferstehen kann, hat
       die Mannschaft von Trainer Didier Deschamps, selbst Teil der WM-Sieger von
       1998, furios bewiesen. Die Équipe Tricolore ist „multikulturell“ stärker
       denn je, sie ist eine Mannschaft – und ist sie ist ein Schlag in die
       Fressen von rechten Identitären, von Rassist*innen und populistischen
       Giftmischern wider die republikanische Moderne in Frankreich selbst. Und
       das lag nicht am guten, jahrelangen Zureden von Präsidenten, sondern dies
       liegt an den Akteuren selbst. Den Spielern nämlich.
       
       ## Man gibt Rassist*innen kein Futter
       
       Kylian Mbappé oder Samuel Umtiti – sie sind Repräsentanten jenes modernen
       Land, das nicht mehr allein hellhäutig und privilegiert ist. Aber sie haben
       den Aufstieg zu Ruhm und Glorie selbst gewollt, sie haben sich nicht
       einschüchtern lassen, sie haben sich selbst ermächtigt, ihr Land zu
       repräsentieren – weltmeisterlich.
       
       Dass Frankreichs Sieg Präsident Emmanuel Macron nützen wird, muss nicht
       besonders hervorgehoben werden: Jeder sportliche Erfolg nützt irgendeinem
       Regierungschef – vor 20 Jahren war das der Konservative Jacques Chirac. Na
       und? Die Bilder von den Champs Élysées zeigen: Ein Land ist stolz auf seine
       fußballerischen Akteure.
       
       Und das ist genau der Unterschied zu Deutschland. Einer wie Mesut Özil,
       entscheidend mit für den WM-Titel 2014 in Brasilien, steht inzwischen, nur
       weil er nicht öffentlich Sünden und Verfehlungen beichtete, da wie ein
       Aussätziger: ungeschützt durch jene, denen er eine Menge Erfolg beschert
       hat, etwa so ruchlosen und charakterlosen Gestalten wie [1][Reinhard
       Grindel], auch [2][Oliver Bierhoff], ein deutscher Provinzling in der Pose
       des Weltläufigen. Deutschland kann von Frankreich viel lernen, so auch
       dies: Man verrät niemals jene, die am Erfolg mitgewirkt haben – und gibt
       Rassist*innen niemals Futter, mit dem sie sich nähren können.
       
       16 Jul 2018
       
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