# taz.de -- Tödlicher Bandenkrieg in Serbien: Generalstreik nach Mord an Anwalt
       
       > Der prominente Strafverteidiger Dragoslav Ognjanović wurde Opfer des
       > serbischen Mafiakrieges. Seine Kollegen wollen aus Protest die Arbeit
       > niederlegen.
       
 (IMG) Bild: Kein Anwalt betritt derzeit den Justizpalast in Belgrad
       
       Belgrad taz | Serbiens Justizsystem ist lahmgelegt. Die Anwaltskammer hat
       am Montag zu einem siebentägigen Generalstreik aufgerufen. Der Grund: Am
       Samstag wurde der Strafverteidiger Dragoslav Ognjanović, 56, vor seinem
       Haus in Belgrad erschossen – der dritte Anwaltsmord in drei Jahren. In den
       vergangenen zehn Jahren wurden mehr als fünfzig Anwälte überfallen. Die
       meisten dieser Fälle wurden nicht aufgeklärt.
       
       Ognjanović war einer der prominentesten Anwälte in Serbien. Er verteidigte
       unter anderem den ehemaligen serbischen Präsidenten Slobodan Milošević vor
       dem UNO-Tribunal in Den Haag und „Mafiagrößen“ wie Luka Bojović, den Chef
       eines der mächtigsten Drogenkartelle in Europa.
       
       Augenzeugen- und Medienberichten zufolge hat den Mord ein Profikiller
       begangen. Ein in Schwarz gekleideter Mann mit schwarzer Mütze wartete auf
       Ognjanović in einer dunklen Ecke des Innenhofes. Als der um 19.30 Uhr sein
       Haus in Neubelgrad betrat, traf ihn der Täter mit fünf Kugeln. Der Anwalt
       starb in den Armen seines 26-jährigen Sohnes, der nur leicht verletzt wurde
       und zufällig mit seinem Vater unterwegs war.
       
       Obwohl die Polizei sofort den ganzen Stadtteil abriegelte, Autos und
       Fußgänger durchsuchte und eine Großfahndung in ganz Belgrad auslöste, gibt
       es von dem Killer keine Spur. Nichts Neues, stellten Journalisten fest, die
       sich mit der Unterwelt beschäftigen.
       
       Obwohl das serbische Innenministerium seinen Kampf gegen das organisierte
       Verbrechen noch einen Tag vor dem jüngsten Mord erneut glorifiziert hatte,
       gab es in Serbien in den vergangenen Jahren Dutzende Hinrichtungen und
       Schießereien. Diese sind auf einen Machtkampf zwischen kriminellen Banden
       zurückzuführen. In den meisten Fällen gab es von den Tätern keine Spur.
       
       Polizei und Staatsanwaltschaft hüllen sich derzeit in Schweigen. Umso
       wilder sind die Spekulationen über die Hintergründe des Mordes. Die
       plausibelste Erklärung ist eine Abrechnung zwischen kriminellen Banden, die
       den Beigeschmack von Blutrache angenommen hat.
       
       ## Bandenkrieg fordert schon seit Jahren Opfer
       
       In Serbien und Montenegro tobt seit 2009 ein Kampf zwischen den kriminellen
       Clans Bojović und Šaranović, die ihr Haupteinkommen aus dem Drogenschmuggel
       beziehen. Damals verschwand der Sohn von Danilo Radonjić, dem Paten der
       Familie Šaranović. Zuletzt hatte man ihn lebend in Gesellschaft von Luka
       Djurović, ein Mitglied des Bojović-Clans, gesehen. Nach dem Verschwundenen
       suchte auch einer der Chefs der Šaranović-Clans, Branislav Šaranović, der
       im Oktober 2009. im Belgrader Nobelviertel Dedinje ermordet wurde.
       
       Sein Bruder Slobodan schwor Rache und erschoss im April 2013 Nikola
       Bojović, den Bruder von Luka Bojović, dem Chef des Bojović-Clans. Vier
       Jahre später wurde in der montenegrinischen Küstenstadt Budva Slobodan
       Šaranović erschossen. Die Liste der „gefallenen Soldaten“ der zwei Clans
       ist lang. Serbische Medien berichten, dass in den vergangenen drei Monaten
       drei Menschen ermordet worden sind, die Luka Bojović nahestanden. Er wurde
       in Spanien wegen organisierten Verbrechens zu achtzehn Jahren Haft
       verurteilt.
       
       Die Ermordung des Strafverteidigers Dragoslav Ognjanović ist nicht der
       erste derartige Fall in diesem Mafiakrieg. Im Dezember 2015. wurde im
       Zentrum Belgrads der Anwalt der Familie Šaranović, Vladimir Zrelac,
       erschossen.
       
       1 Aug 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andrej Ivanji
       
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