# taz.de -- Kommentar Rentenreform in Russland: Putin sollte gewarnt sein
       
       > Tausende protestieren gegen ein höheres Renteneintrittsalter. Geht es um
       > soziale Einschnitte, hört bei vielen Russen die Vaterlandsliebe auf.
       
 (IMG) Bild: „Echte Gerechtigkeit!“, fordern Teilnehmer einer Demonstration gegen die Rentenreform in Russland
       
       Na bitte, es geht doch! Was die wenigen russischen Oppositionellen, die
       sich unermüdlich für Demokratie und Menschenrechte in ihrem Land einsetzen,
       nicht zustande bringen, schafft eine geplante Rentenreform. [1][Landesweit
       gehen seit Wochen Tausende gegen die neuen Regelungen], die eine
       schrittweise Erhöhung des Renteneintrittsalters für Männer und Frauen
       vorsehen, auf die Straße – das letzte Mal am vergangenen Samstag.
       
       Der Volkszorn der Massen ist verständlich. Keinem Menschen, der noch
       halbwegs bei Verstand ist, leuchtet es ein, warum sich jemand nach
       jahrzehntelanger harter Arbeit noch länger kaputt schuften soll, und das
       für ein Altersruhegeld, das oft nicht reicht, um in Würde leben und altern
       zu können.
       
       Was jedoch noch schwerer wiegt und nur ein weiterer Beleg für den Zynismus
       der Staatsmacht ist: Viele Männer, die perspektivisch mit 65 Jahren in
       Rente gehen sollen, werden ihren wohl verdienten Ruhestand allenfalls noch
       auf dem Friedhof „genießen“ können. Denn ihre durchschnittliche
       Lebenserwartung liegt vor allem in den Regionen der Russischen Föderation
       gerade einmal bei 62 Jahren. Sozial verträgliches Frühableben à la Wladimir
       Putin eben.
       
       Doch Russlands Staatschef, [2][der selbst ernannte Líder der Nation],
       sollte gewarnt sein. Denn wenn es um soziale Einschnitte geht, hören bei
       vielen Russen die Vaterlandsliebe und der Spaß auf. Das war schon einmal
       vor einigen Jahren der Fall, als es Pläne gab, für RentnerInnen die
       kostenlose Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs abzuschaffen. Auch
       damals hagelte es Proteste, was die Regierung letztendlich dazu
       veranlasste, ihr Projekt fallen zu lassen.
       
       Ob das auch jetzt wieder der Fall sein wird, ist noch nicht ausgemacht.
       Erschwerend hinzu kommt noch, dass Putin vor einiger Zeit großspurig
       verkündet hatte, dass es eine Erhöhung des Rentenalters unter seiner Ägide
       nicht geben werde. Im September geht die Rentenreform im russischen
       Unterhaus, der Duma, in die zweite Lesung. Die Demonstranten dürften sich
       diesen Termin vorgemerkt haben.
       
       29 Jul 2018
       
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 (DIR) Barbara Oertel
       
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