# taz.de -- heute in hamburg: „Belege für Gewalt und Kannibalismus“
       
       Interview: Mareen Butter
       
       taz: Herr Lubbadeh, was bringt die Zukunft? 
       
       Jens Lubbadeh: Momentan passiert sehr viel in Sachen Gentechnik. Es gibt
       eine neue Technologie namens CRISPR, mit der man sehr leicht Erbgut
       manipulieren kann. Ich denke, dass auch bald der erste Mensch geklont
       werden wird. In meinem Roman habe ich das in der nahen Zukunft
       durchgespielt, um vor Augen zu führen, wie künftig unsere Realität aussehen
       könnte.
       
       Auch ein geklonter Mensch ist eine eigenständige Person. Was spricht
       dagegen, es zu tun? 
       
       Ich bewerte das nicht im Buch. Mein Punkt ist nur, dass sich ethische
       Standards sehr schnell verändern und irgendwelche Firmen Fakten schaffen.
       In Sachen Digitalisierung werden wir alle derzeit vom Silicon Valley
       getrieben.
       
       Wie könnte man die Machtverhältnisse wieder umdrehen? 
       
       Mir geht es darum, dass wir unsere Gesellschaft von technischen Neuheiten
       nicht gestalten lassen, sondern sie selbst gestalten. Klonen von Menschen
       bewerten wir heute als Tabu, aber das mag sich ändern. In den 70er und 80er
       Jahren galt künstliche Befruchtung als völlig unnatürlich und die Kirchen
       liefen Sturm dagegen. Heute ist es Routine.
       
       Was ist neu an Ihrer Dystopie verglichen mit Aldous Huxleys „Schöne neue
       Welt“ und George Orwells „1984“? 
       
       Mein Thema ist nicht die politische Kontrolle des Individuums, sondern die
       Kontrolle des eigenen Körpers und des eigenen Lebens. Wir erleben
       Selbstoptimierung und Gesundheitswahn heute schon: etwa bei den
       Influencerinnen, die ihren perfekt-gesunden Lebensstil auf Instagram
       öffentlich machen und für Millionen junger Followerinnen zur
       erstrebenswerten Norm erheben. Ich habe das im Buch weiter überspitzt.
       
       Werden im Jahr 2054 alle unheilbaren Krankheiten ausgerottet sein? 
       
       Ich glaube schon, dass eine Menge Krankheiten durch die moderne Medizin
       behandelt werden können.
       
       In Ihrem Roman hat der Neandertaler einen Wiederauftritt. War er der
       bessere Mensch? 
       
       Das ist eine offene Frage im Buch. Der Neandertaler war auch aggressiv, man
       hat Belege für Kannibalismus und Gewalt gefunden. Die große Frage ist nur,
       warum er ausgestorben ist. Wurde er von uns ausgerottet? Wenn ja, warum? Im
       Buch spekuliere ich, dass er vielleicht zu gutmütig war und gegen unsere
       aggressivere menschliche Art keine Chance hatte.
       
       26 Jun 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Mareen Butter
       
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