# taz.de -- Lachstransport mit schlechter Klimabilanz: 1 Kilo Zuchtlachs macht 6 Kilo CO2
       
       > Mit frischem Lachs lässt sich mehr Geld verdienen als mit gefrorenem.
       > Deshalb wird immer mehr davon als Luftfracht exportiert.
       
 (IMG) Bild: Frisch auf den Tisch: Ganz vorn dabei ist das fischreiche Norwegen
       
       Stockholm taz | Am Osloer Flughafen Gardermoen wird das weltweit größte
       Spezialterminal für Meeresfrüchte gebaut. Umgerechnet 100 Millionen Euro
       soll es kosten und 2020 den Betrieb aufnehmen. Vor allem die
       Zuchtlachsbranche hat dieses Terminal schon lange gefordert, und
       hauptsächlich ihre Ware wird es sein, die von hier aus per Luftfracht
       exportiert werden soll: 300.000 Tonnen Zuchtlachs jährlich, zwei
       Frachtflugzeuge pro Stunde. Dazu müssen täglich 160 Lastwagenladungen von
       den Aquakulturanlagen an den Küsten nach Oslo transportiert werden. Und das
       ist erst der Anfang. Bis 2050 möchte Norwegen den Lachsexport
       verfünffachen.
       
       Nachdem schon die Lachszucht an sich genug Umweltprobleme verursache, sei
       der Lachstransport per Luftfracht „eine regelrechte Klimabombe“,
       kritisiert Anja Bakken Riise. Sie ist Vorsitzende der
       Umweltschutzorganisation „Framtiden i våre hender“ (FIVH) und die hat jetzt
       einen [1][Rapport] dazu veröffentlicht: „Für die Fütterung werden wilder
       Fisch und Soja aus Südamerika hierher geschafft. Danach wird der Fisch als
       Luxusware nach Asien und in die USA geflogen. Das ist eine enorme
       Verschwendung von Ressourcen und alles andere als nachhaltig.“
       
       In den Berechnungen, mit denen die Lachsbranche ihre Nachhaltigkeit
       beweisen möchte, tauchten solche Posten überhaupt nicht auf, kritisiert
       sie. Man treibe deshalb regelrechten Betrug. Und sie wirft der Branche vor,
       sich „mehr für ihre eigenen Profite als für unseren Planeten zu
       interessieren“.
       
       Wie sieht sie aus, die Klimabilanz für die verschiedenen Transportarten
       beim Zuchtlachs? Die letzten offiziellen Zahlen dazu hatte sich Oslo 2009
       vom Forschungsinstitut Sintef [2][errechnen] lassen. Danach war der
       Klima-Fußabdruck für Luftfrachtlachs beispielsweise nach Japan viermal
       größer als Produktion und Seetransport von gefrorenem Lachs dorthin.
       
       Auf dieser Basis errechnete FIVH nun für den Lufttransport in die vier
       wichtigsten asiatischen Exportländer einen Klimagasausstoß zwischen 5,3 und
       6,3 Kilogramm CO2 pro 1 Kilo. Das entspreche einem jährlichen
       Klimagasausstoß von fast 2 Millionen Tonnen. Was vergleichsweise so viel
       sei, wie aus dem Auspuff von einer Million Benzinautos jährlich freigesetzt
       werde. Weil es sich um internationalen Flugverkehr handelt, taucht der
       Flugfrachtposten in der norwegischen Klimabilanz nicht auf.
       
       Geir Ove Ystmark, Direktor der Branchenorganisation Sjømat Norge, gibt zu,
       dass der Zuchtlachs ein Klimaproblem hat. Allerdings sei das vor allem die
       Produktion des Futters: „Das Klimafreundlichste wäre natürlich, wenn wir
       alle Veganer werden würden“, so Ystmark, „aber die Menschen wollen Fisch
       und Fleisch haben. Und wenn man die Alternativen vergleicht, ist Zuchtlachs
       relativ klimafreundlich.“ Vielleicht werde man bald eine bessere
       Gefriertechnik und elektrisch angetriebene Schiffe haben.
       
       ## Wachstum vs. Nachhaltigkeit
       
       Fischereiminister Per Sandberg hat für die Kritik nur eine flapsige Antwort
       übrig: „Wir exportieren 95 Prozent unserer Produktion von Meeresfrüchten.
       Sollen wir den Lachs zu Fuß zu den Verbrauchern tragen?“ Solange es noch
       keinen wirksamen Einschluss der Klimagasemissionen des Flugverkehrs in
       internationale Klimaschutzabkommen gebe, sei Oslo gefordert, meint FIVH:
       „Die norwegische Regierung ist ein treibender Faktor hinter den wachsenden
       Exporten in ferne Länder. Deshalb muss sie auch Verantwortung für die damit
       verbundenen Konsequenzen für das Klima übernehmen.“ Und die
       Zuchtlachsbranche müsse sich zwischen immer mehr Wachstum und
       Nachhaltigkeit entscheiden.
       
       Interessieren sollte man sich auch für die Missstände, die sich hinter den
       gängigen Lkw-Transporten von Zuchtlachs zu den europäischen Märkten
       verbergen. Enthüllt und als „sklavenähnliche Verhältnisse“ gebrandmarkt
       wurden sie kürzlich vom Verband der norwegischen Spediteure (NLF). Im
       Fokus: die lettische Speditionsfirma Kreiss. Deren meist ukrainische Fahrer
       leben laut NLF monatelang in ihren Lkws und hätten bei einer
       56-Stunden-Woche Anspruch auf einen faktischen Stundenlohn von 1,60 Euro.
       
       5 Jun 2018
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.framtiden.no/aktuelle-rapporter/839-den-rosa-klimabloffen/file.html
 (DIR) [2] http://www.fhf.no/prosjektdetaljer/?projectNumber=900097
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reinhard Wolff
       
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