# taz.de -- Eurovisão am Tejo, Folge 1: Die Proben laufen wie am Schnürchen
       
       > Portugal ist gut auf den ESC vorbereitet – und die Künstler*innen proben
       > fleißig. Nur die Favoritin gönnt sich eine Pause.
       
 (IMG) Bild: Veranstaltungshalle direkt am Tejo: Der ESC 2018 findet in der Arena in Lissabon statt
       
       Lissabon taz | Dafür, dass Portugal ja letztes Jahr wie in allen Jahren
       seit den frühen Sechzigern, als dieses abseitige, dauermelancholisch
       gestimmte Land erstmals am Grand Prix Eurovision de la Chanson teilnahm und
       Jahr für Jahr die Spitzenkräfte der heimischen Popbranche dorthin schickte,
       um wieder und wieder zu scheitern, dafür jedenfalls hat man in Lissabon das
       Event gut im Griff. Alles findet in der Arena statt, der
       Veranstaltungshalle am Tejo, die zur Weltausstellung Expo 1998 erbaut
       wurde, und in den nebenliegenden Gebäuden statt, für die
       Pressearbeitsplätze, die Garderoben für 43 Acts, also knapp 200
       Künstler*innen samt Backingsänger*innen.
       
       Alles wirkt leicht abgeschabt, aber gepflegt. Die Sicherheitsleute sind von
       erlesener Freundlichkeit, das Abtasten beim Körperbombencheck ist von
       ausnehmend sanfter, doch auch robuster Zugriffigkeit. 4.000 Volunteers
       haben sich außerdem in den vergangenen Monaten gefunden, um mitzumachen bei
       diesem Festival europäischster Art.
       
       Presse und Fans sind zufrieden, wie es nur geht. Es fehlt nicht an Wasser
       und Kaffee, gratis, es fehlt nicht an einer rasch erreichbaren Möglichkeit,
       um eine Zigarette, was sehr viele gern nutzen – und loben, weil die Plätze
       um die großen Aschenbehälter von Rattanmobiliar umsäumt wird, mit Polstern.
       
       Und weil es so gewöhnlich ist, weil ich es seit so vielen Jahren gern
       miterlebe, möchte man es nicht mehr erwähnen, aber wahr bleibt es: Von
       einer Krise Europas, von Brexit und osteuropäischem Nationalismus und
       illiberalen Vorstellungen von Demokratie ist nichts zu spüren. Sofern es
       die Sprachkenntnisse zulassen, spricht man miteinander – oder man
       gestikuliert auf das Fachsimpelste, was ja auch in der anderen Sphären gut
       funktioniert, bei Urlaubsbekanntschaften etwa oder wenn es körperlich zum
       äußerst Schönsten kommt.
       
       Ansonsten ist dieser 63. ESC auf eine Art anders als die anderen – man
       machte ja nie Station in Portugal, ausrichten dürfen dieses Ding ja nur die
       vorjährigen Siegerländer – und zugleich ist alles wie immer. Unter
       Presseleuten und Fans beträgt die Heterosexualitätsorientiertheitsquote
       ungefähr knapp fünf Prozent – und diese werden hauptsächlich durch Frauen
       erfüllt, die ihre schwulen Freunde gern zu einem ESC als Fans begleiten.
       
       Die Proben laufen wie am Schnürchen, auch am dritten Tag der zweiwöchigen
       Trainingsdurchgänge, manches klappt noch nicht, stimmlich vor allem. Die
       Frage des Tages lautet: Weshalb wird der Däne Rasmussen mit seinem
       wikingeresk gehaltenen Stampfdödellied „Higher Ground“ unter die Top 10
       geweissagt? Er hat außer einem Hipsterbart nix zu bieten, und stimmlich ist
       DJ Ötzi selbst an schlechten Tagen besser.
       
       P.S.: Netta Barzilai hatte derweil einen freien Tag: [1][Die haushohe
       Favoritin dieses ESC-Jahres] darf mal eine Pause von ihrem Lied „Toy“
       nehmen, sie probt Donnerstag wieder, 30 Minuten für den letzten Schliff an
       ihrer Performance. Beobachter sagen: Die ist live genauso gut wie aus der
       Konserve, eine, so sagte es ein polnischer Fan, „Bühnenfurie“.
       
       2 May 2018
       
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