# taz.de -- Kolumne American Pie: Gefährlich einfach
       
       > Die Houston Rockets spielen Basketball nicht „the right way“. Können sie
       > so die dominanten Golden State Warriors wirklich stoppen?
       
 (IMG) Bild: James Harden (Rockets) im Duell mit Stephen Curry von den Golden State Warriors
       
       Die Basketballwelt erlebt gerade ein kollektives Déjà-vu. Einmal mehr
       bahnen sich die zwei dominantesten NBA-Franchises der letzten Jahre ihren
       Weg in die NBA-Finals. Das Duell der Cleveland Cavaliers unter König LeBron
       James gegen die Golden State Warriors könnte Anfang Juni in eine vierte
       Runde gehen. Selbst die Houston Rockets, das beste Team der regulären
       Saison, scheinen daran nichts ändern zu können.
       
       Im ersten Spiel der Conference Finals gegen Golden State setzte es in
       eigener Halle eine 106:119-Niederlage. Ein unkonventionelles Spielsystem
       und die Playoff-Allergie der Superstars James Harden und Chris Paul könnten
       den Rockets einmal mehr im Weg stehen. Schon nach Spiel eins der
       Finale-Serie steht in Frage, ob der kontinuierlich perfektionierte
       Masterplan championship-tauglich ist.
       
       „Wir sind praktisch besessen von der Frage‚ wie wir die Warriors schlagen
       können?“, gestand Houstons General Manager Daryl Morey vor dem ersten
       Duell. Das spielerische Talent einer der besten Kader der NBA-Geschichte
       zu überbieten, ist illusorisch. Um die Dynastie aus Oakland zu stürzen,
       braucht es Kreativität und Mathematik. Dass drei Punkte mehr zählen als
       zwei, hat die ganze NBA mittlerweile verstanden. Dunks und Dreier sind die
       effizientesten Abschlüsse im Basketball und der lange Mitteldistanzwurf
       demnach die mathematisch unerwünschte Option.
       
       Diese Erkenntnis wurde von Houston in den letzten Jahren auf die Spitze
       getrieben. Die Rockets verzichten in ihrer Offensive fast komplett auf den
       Mitteldistanzwurf und nahmen in der vergangenen Saison als erstes Team in
       der Geschichte der NBA die meisten ihrer Würfe von hinter der Dreierlinie.
       Während Basketballgelehrte vom komplexen Teambasketball der Warriors
       schwärmen, suchen die Rockets immer neue Wege, ihr Spiel zu vereinfachen.
       Komplizierte Spielsysteme und lange Passstafetten sind nach ihrer
       Definition unnötige Energie- und Zeitverschwendung. Effizienz ist bei den
       Houston Rockets nicht ein Kriterium unter vielen, es ist die
       Spielphilosophie selbst.
       
       ## Isolation Houston
       
       Das Angriffssystem von Headcoach Mike D’Antoni ist demnach genauso leicht
       zu durchschauen, wie es schwer zu verteidigen ist. Die Rockets verbinden
       ihr modernes Basketballverständnis mit dem aus der Zeit gefallenen
       taktischen Mittel der Isolation. Das System, das auf dem simplen
       Eins-gegen-Eins beruht, ist eigentlich als „Heroball“ verschrien. In den
       1990er Jahren waren NBA-Angriffssysteme vom Eins-gegen-Eins geprägt, heute
       gilt die Isolation als schlechte Angewohnheit egoistischer Starspieler.
       Trotzdem betreiben die Rockets kein Nineties-Revival, wenn James Harden und
       Chris Paul ihren inneren Streetballer rauslassen. Erstens bindet das Team
       die gegnerischen Verteidiger oft weit weg vom Korb und schafft so viel
       Platz für die Stars. Und zweitens sind ja die Mitteldistanzwürfe weiterhin
       verboten.
       
       Eine herausragende Rolle spielt dabei der wertvollste Spieler dieser
       Saison: James Harden. „The Beard“ ist statistisch der mit Abstand beste
       Eins-gegen-Eins Spieler des Planeten. Scheinbar mühelos zerlegt er Spiel
       für Spiel die gegnerische Verteidigung mit Step-back Dreiern und
       Schrittfinten. Kommt ein zweiter Verteidiger zur Hilfe, findet Harden den
       richtigen Pass hinter die Dreierlinie oder unter den Korb.
       
       Die Spielphilosophie der Rockets ist bei vielen Fans höchst umstritten.
       Trotzdem hielt die Franchise über die Jahre stur daran fest,
       perfektionierte das System und verbesserte kontinuierlich den Kader. Die
       bisherige Bilanz ist der erste Platz in der Western Conference, eine der
       gefährlichsten Offensiven aller Zeiten und ein schier unbegreifliches
       50-Punkte Viertel in der ersten Runde der Playoffs gegen die Minnesota
       Timberwolves. Ob die Rechnung auch gegen Golden State aufgeht, wird sich
       zeigen. Spiel zwei der Best-of-seven-Serie steigt in der Nacht auf
       Donnerstag. Philon Griesel
       
       16 May 2018
       
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