# taz.de -- Die Wahrheit: Born to be Winterkorn
       
       > Normalerweise ist Donnerstag der Gedichtetag auf der Wahrheit. Aus
       > aktuellem Diesel-Anlass gibt es schon früher ein Poem.
       
       Zunächst verstummt ein Martinshorn, 
       
       dann sieht man Martin Winterkorn, 
       
       wie er von Polizei begleitet 
       
       durch die Gefängnispforte schreitet. 
       
       Vorbei die Untersuchungshaft,
       
       jetzt tritt das Strafmaß voll in Kraft. 
       
       Er muss mit Fesseln an den Füßen 
       
       für seine Dieselsoftware büßen. 
       
       Ihn tröstet aber die Pension 
       
       von Volkswagen als Dauerlohn.
       
       Dreitausend Euro auf die Kralle –
       
       sprich: täglich – kriegen ja nicht alle. 
       
       So hat er denn die erste Nacht
       
       auf seiner Pritsche froh verbracht. 
       
       War auch die Welt nun voller Kläger – 
       
       er hatte ja den Geldbriefträger!
       
       Und richtig! Morgens um halb neun 
       
       war Grund und Anlass sich zu freun, 
       
       denn Walter Sparbiers Postbank-Mündel 
       
       bescherte ihm ein Geldscheinbündel. 
       
       Bald wölbte seinen Sträflingswams 
       
       das Geld, versteckt in einer BamS,
       
       und mit der Dicke seiner Hose
       
       versteifte stracks sich seine Pose.
       
       Doch ging das so nun Schlag auf Schlag 
       
       mit täglich frischem Geldbetrag.
       
       Der Bote kam auf leisen Sohlen
       
       mit stets gefüllten Banderolen.
       
       Die Zelle war alsbald so voll,
       
       dass Geld schon durch das Gitter quoll, 
       
       und auf dem Innenhof beim Laufen 
       
       verfolgte ihn der ganze Haufen.
       
       Der Hintermann von ihm zu sein,
       
       verhieß manch frischen Euroschein. 
       
       Oft ließ sich auch durch Zipfelzupfen 
       
       ein Hunni aus der Barschaft rupfen. 
       
       Und war die Mittagspause um,
       
       verrichtete manch Wärter stumm
       
       die Kehrwoche aus freien Stücken, 
       
       um eigne Schuldenlast zu drücken. 
       
       So machte sich Zufriedenheit 
       
       in jeglicher Beziehung breit.
       
       Manch Dieb beging sogar Delikte, 
       
       damit man ihn zu Martin schickte. 
       
       Selbst Uli Hoeneß wurde schwach 
       
       und wechselte ins Wärterfach.
       
       8 May 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reinhard Umbach
       
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