# taz.de -- Kämpfe in Zentralafrikanischer Republik: Warlords gegen die UNO
       
       > Die Hauptstadt Bangui versinkt wieder in Gewalt. Die Regierung will
       > muslimische Selbstverteidigungsmilizen in der Stadt auflösen.
       
 (IMG) Bild: „Banditen nehmen die Bevölkerung als Geisel“, sagte Präsident Touadéra am Mittwoch (Archivbild)
       
       Berlin taz | Es ist die schwerste Krise in der Zentralafrikanischen
       Republik seit dem Amtsantritt des gewählten Präsidenten Faustin Touadéra
       vor zwei Jahren, und sie könnte das gesamte fragile Gebilde von
       internationaler Militärintervention und Staatsaufbau in der Hauptstadt
       Bangui wieder zum Einsturz bringen. Seit dem vergangenen Wochenende
       versucht die Regierung, gemeinsam mit UN-Blauhelmen muslimische Milizen im
       letzten noch von Muslimen bewohnten Stadtviertel von Bangui zu zerschlagen.
       Mehrere Dutzend Tote und mehrtägige Kämpfe sind die Folge gewesen.
       
       „Banditen nehmen die Bevölkerung als Geisel“, sagte Präsident Touadéra am
       Mittwoch, nachdem wütende Bewohner des Stadtteils PK5 (Kilometer Fünf)
       mindestens 15 Leichen vor der Zentrale der UN-Mission des Landes abgelegt
       hatten – Opfer, sagten die 1.500 Demonstranten, von UN-Schüssen auf
       Zivilisten. „Im Wahlkampf hat uns Präsident Touadéra versprochen, dass
       keinem Muslim mehr ein Haar gekrümmt wird, wenn wir für ihn stimmen. Das
       haben wir getan, und hier ist das Ergebnis“, erklärte einer der
       Demonstranten.
       
       Hintergrund der neuen Spannungen sind die blutigen Massaker und
       Massenvertreibungen an den Muslimen der Zentralafrikanischen Republik in
       der ersten Jahreshälfte 2014. Im März 2013 hatte eine aus dem Nordosten des
       Landes vorgerückte muslimische Rebellenallianz „Séléka“ Bangui erobert und
       dort ein Terrorregime errichtet; Anhänger des gestürzten christlichen
       Präsidenten François Bozizé organisierten sich in Milizen mit dem
       Sammelnamen „Anti-Balaka“ gegen die Muslime. Als die Gewalt eskalierte,
       griff die alte Kolonialmacht Frankreich militärisch ein und sorgte für den
       Rücktritt der Séléka-Regierung zugunsten eines von afrikanischen
       Eingreiftruppen geschützten Übergangsregimes. Derweil wurden mehrere
       tausend Muslime von Anti-Balaka-Milizen getötet und Zehntausende verjagt,
       oft in gezielten Pogromen. In Bangui blieb nur noch das von muslimischen
       Händlern dominierte Viertel PK5 mit rund 15.000 Einwohnern übrig. Die
       Händler dort organisierten Selbstverteidigungsmilizen.
       
       Die neugewählte Regierung Touadéra versucht seit zwei Jahren, zumindest in
       Bangui Milizen zur Auflösung zu bewegen – der Rest des Landes ist nach wie
       vor weitgehend Bürgerkriegsgebiet. In PK5 gab es mehrere dieser Milizen,
       die im Laufe der Jahre zunehmend als mafiöse Schutzgelderpresser
       fungierten.
       
       Die größte Gruppe war und ist die des Warlords Nimery Matar Djamous alias
       „Force“, der sich als Bekämpfer von Straßenkriminalität sieht und zwei als
       radikaler geltende Warlords mit den Kriegsnamen „Big Man“ und „50/50“ in
       Schach zu halten behauptet. „50/50“ vertritt muslimische Vertriebene aus
       anderen Stadtvierteln, die eine Rückkehr verlangen; „Force“ vertritt eher
       die alteingesessenen Bewohner von PK5. Ein Bericht von Anfang 2017
       beschrieb, wie „Force“ seine Residenz in PK5 zur Festung ausgebaut hatte,
       mit einem fünf Meter hohen Wachturm und einer französischen Flagge auf
       einem Mast.
       
       Seit einigen Monaten wollen die Händler von PK5 die
       Selbstverteidigungsgruppen nicht mehr bezahlen, und die UN-Mission in der
       Zentralafrikanischen Republik (Minusca) setzte ein Ultimatum bis Ende März
       für ihre Auflösung. Seit dessen Verstreichen haben UN-Blauhelme zweimal
       versucht, PK5 und die Lager der Milizen zu besetzen – vergeblich. „Wenn sie
       Krieg wollen, werden wir kämpfen“, hatte „Force“ gesagt, an die Adresse der
       UNO gerichtet.
       
       ## Die Krise droht sich auszuweiten
       
       Kämpfe am Sonntag kosteten einen UN-Soldaten aus Ruanda das Leben, dazu gab
       es 15 bis 21 zivile Opfer. Die muslimischen bewaffneten Gruppen haben das
       Vertrauen in die Regierung verloren und werfen ihr vor, mit bewaffneten
       christlichen Gruppen unter einer Decke zu stecken. Ihr Misstrauen richtet
       sich vor allem dagegen, dass die im Aufbau befindliche Regierungsarmee
       neuerdings maßgeblich von Russland ausgebildet wird. Bei den jüngsten
       Kämpfen in PK5 sollen russische Berater an der Seite der Regierungssoldaten
       gesehen worden sein.
       
       Die neue Krise droht sich auszuweiten. In mehreren Städten im Osten des
       Landes, die von ehemaligen Séléka-Rebellen kontrolliert werden, riefen die
       jeweiligen Machthaber am Mittwoch den Alarmzustand aus und errichteten
       Barrikaden. Die UNO musste zahlreiche Flüge von Bangui ins Landesinnere aus
       Sicherheitsgründen streichen.
       
       12 Apr 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
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