# taz.de -- Sewing soll Deutsche-Bank-Chef werden: Ein strategisches Signal
       
       > Das Geldhaus will offenbar sein Image als korrupte Zockerbude vergessen
       > machen – mit Christian Sewing als neuem Chef.
       
 (IMG) Bild: Die Größe von was will und Christian Sewing hier wohl anzeigen?
       
       Berlin taz | Offenbar steht fest, wer neuer Chef der Deutschen Bank werden
       soll: Der bisherige Vize-Chef, der 47-jährige Christian Sewing, soll John
       Cryan ablösen. Mehrere Medien berichteten am Sonntag unabhängig
       voneinander, dass der Aufsichtsratsvorsitzende Paul Achleitner den neuen
       Mann noch am Sonntag vorschlagen will. Bis Redaktionsschluss war die
       Personalie allerdings noch nicht bestätigt. Sewing könnte dann am 24. Mai
       auf der Hauptversammlung der Bank berufen werden.
       
       Sewing als Cryan-Nachfolger wäre ein strategisches Signal: Denn
       gleichzeitig, so berichten verschiedene Medien, soll der bisherige
       Vize-Chef Marcus Schenck gehen. Schenck war für die Investmentsparte der
       Bank zuständig, Sewing für das Privat- und Firmenkundengeschäft. Vor allem
       die Eskapaden der Investmentbanking-Sparte hatten der Bank in der
       Vergangenheit nicht nur massive Kritik, sondern auch milliardenteure
       Gerichtsprozesse eingebrockt.
       
       „Das ist jetzt vor allem ein Signal an Deutschland und Europa: Wir wollen
       wieder eine normale, seriöse Bank werden“, sagt der emeritierte Bremer
       Wirtschaftsprofessor Rudolf Hickel. Die Zeiten der Eigengeschäfte, als die
       Bank selbst zweifelhafte spekulative Produkte erfand und an Leute
       verhökerte, sei vorbei. Nicht-spekulatives Investmentbanking im Auftrag von
       Kunden werde es aber weiter geben. „Die gefährdetste Ressource ist das
       Vertrauen in die Bank, ohne die geht aber selbst im Investmentbanking
       nichts“, sagt Hickel.
       
       Trotzdem steht Sewing nicht für eine komplette Zeitenwende der Bank. Der
       47-jährige Vater von vier Kindern ist ein Eigengewächs des Hauses und
       arbeitet seit 30 Jahren in der Bank. Der Westfale hat sich von der
       Ausbildung als Bankkaufmann über ein berufsbegleitendes Studium an der
       Bankakademie nach ganz oben gearbeitet und sitzt seit 2015 im Vorstand des
       Frankfurter Geldinstituts. Dort war er bereits für den bisher missglückten
       Umbau der Bank verantwortlich zusammen mit dem jetzt in Ungnade gefallenen
       Cryan: Kostensenkungen, also Entlassungen, einen Umbau der veralteten IT
       des Konzerns, alte Rechtsstreitigkeiten beenden, zur Not mit kostspieligen
       Vergleichen.
       
       Da zuletzt zahlreiche externe Kandidaten den Chefposten bei der Deutschen
       Bank ablehnten, startet Sewing zudem mit der Hypothek, nicht gerade ein
       Wunschkandidat zu sein. Berufen würde er von einem Aufsichtsratschef Paul
       Achleitner, der von den Großaktionären selbst kritisch beäugt wird.
       Schließlich setzte er 2012 mit Anshu Jain und Jürgen Fitschen noch auf die
       Investmentbankingsparte, im Haus, deren Chef Jain jahrelang war. Größter
       Aktionär ist der weltgrößte Vermögensverwalter BlackRock, eine Mehrheit der
       Aktien befindet sich in deutschem Besitz.
       
       ## Deutsche Wurzeln
       
       Immerhin könnte Sewing von den unter Cryan begonnenen Reformen auch
       profitieren: 2018 erwartet die Bank zwar noch weiterhin hohe Belastungen
       wegen der alten Rechtsstreitigkeiten, doch die geplanten Einsparungen
       zünden, so hat sich Sewing selbst in einem Interview geäußert, vermutlich
       ab 2019. Mitarbeiter entlassen kostet wegen der Abfindungen immer zunächst
       Geld.
       
       Sewing sprach in Interviews bisher viel von den deutschen Wurzeln der Bank,
       die es zu pflegen gelte, und von einem „enormen Wettbewerbsdruck“, den die
       Banken aufgrund der Digitalisierung spüren. Doch die IT der Deutschen Bank
       gilt als sanierungsbedürftig.
       
       Der Job wird also eisenhart werden. „Bislang habe ich keine Antwort auf die
       Frage, wie die Deutsche Bank nachhaltig Geld verdienen soll“, sagt
       Aktionärsvertreter Klaus Nieding von der Deutschen Schutzvereinigung für
       Wertpapierbesitz der Deutschen Presseagentur. Damit spricht er den
       Anteilseignern aus der Seele: Der Aktienkurs dümpelt auf niedrigstem
       Niveau. Während es die Deutsche Bank derzeit an der Börse gerade mal auf
       einen Wert von 23,5 Milliarden Euro bringt, kommt der US-Branchenprimus
       JPMorgan Chase auf umgerechnet 302,5 Milliarden Euro.
       
       8 Apr 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ingo Arzt
       
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