# taz.de -- Vorschau auf Bayern-Sevilla-Spiel: Genialer Wahnsinn
       
       > Mit welchem FC Sevilla bekommt es der FC Bayern im Viertelfinale der
       > Champions League zu tun? Mal zaubern die Spanier, mal verzetteln sie
       > sich.
       
 (IMG) Bild: Trifft oft und muss dennoch oft auf die Bank: Wissam Ben Jedder (rechts)
       
       Sevilla taz | Wieder und wieder ging es nach vorn. Brillant eingeleitete
       Konter mit klaren Überzahlsituationen. Vier gegen drei, drei gegen zwei,
       zwei gegen eins – es war letztlich egal. Es war zum Verzweifeln und
       irgendwann für die Fans kaum mehr mitanzuschauen. Den FC Barcelona,
       einziges ungeschlagenes Team in Europas großen Ligen – Sevilla hätte ihn am
       Samstag aus dem Stadion schießen können. Doch bis zur 88. Minute stand es
       nur 2:0. Und wenn 21 Torgelegenheiten nur zu zwei Treffern reichen, dann
       steht es am Ende eben auch mal 2:2.
       
       Nun kommt der FC Bayern zum Champions-League-Viertelfinale. Die Deutschen
       erwartet nicht nur eine der stimmungsvollsten Atmosphären im europäischen
       Fußball. Sondern eben auch „Doktor Jekyll und Mister Hyde“, wie das lokale
       Diario de Sevilla eine Mannschaft bezeichnet, die wunderbaren Fußball
       spielen kann, aber ein spektakuläres Effizienzproblem hat, und bei der man
       deshalb nie weiß, was man kriegt.
       
       Das Sevilla, das in der Liga sieben Tore weniger geschossen als kassiert
       hat und 16 Punkte hinter einem Champions-League-Rang liegt? Oder jenes, das
       im Pokal nach zwei Siegen gegen Atlético Madrid das Finale erreichte (21.
       April gegen Barcelona) und gegen Manchester United völlig zu Recht sein
       erstes Viertelfinale im wichtigsten Europapokal seit 60 Jahren?
       
       Auch Trainer Vincenzo Montella war nach dem Abpfiff am Samstag wütend: „Uns
       haben Tore gefehlt, nicht zum ersten Mal, wir werden schlecht schlafen.
       “Aber da lächelte er schon wieder dieses verschmitzte Lächeln, das eine
       gute Portion Dramatik aus der Sache nimmt.
       
       ## Taktische Balance
       
       Der Neapolitaner, 43, kommt gut an in Sevilla, wo er zum neuen Jahr von
       Eduardo Berizzo übernahm, entlassen unter grenzwertigen Umständen kurz nach
       der Rückkehr von einer Krebsoperation. Zwar eröffnete er gleich auf
       schlimmste Weise mit einem 3:5 gegen den verhassten Lokalrivalen Betis,
       bekam zwei weitere Male fünf Gegentore und verschlechterte Sevillas
       Position in der Liga. Aber die Heldentaten im K.-o.-Modus tragen ebenso
       klar seine Handschrift.
       
       Montella hat einen Schlüsselspieler wie den zentralen Mittelfeldmann Steven
       N’Zonzi zurückgewonnen, der mit Berizzo im Clinch lag und auf den es heute
       umso mehr ankommen wird, weil Spielmacher Éver Banega wegen einer
       Gelbsperre fehlt. Der Coach hat dem Team taktische Balance vermittelt und
       klassische Tugenden wie Aggressivität und Umschaltspiel wiederbelebt.
       
       Gegen Manu deutete allerdings wenig bis nichts auf sevillanische Tore hin,
       ehe zwanzig Minuten vor Schluss des Rückspiels der flinke Wissam Ben Yedder
       eingewechselt wurde. Der Franzose traf mit den ersten Ballkontakten. Wie so
       oft: Er ist mit acht Toren (in 506 Spielminuten) der zweitbeste
       Champions-League-Schütze nach Cristiano Ronaldo.
       
       ## Gespür für freie Räume
       
       Dass er bei Montella trotzdem meist nur Ersatz ist, resümiert alle
       Widersprüche dieser Mannschaft. Die von einem ehemaligen Stürmer gecoacht
       wird, der offenbar alles gut trainiert außer Angriffssituationen. Vor der
       Anstellung in Sevilla wurde er beim AC Mailand gefeuert, nachdem vier
       Heimspiele nacheinander die eigene Null stand.
       
       Andererseits ist es auch so, dass der Kolumbianer Muriel, teuerster Einkauf
       der Klubgeschichte (21,5 Millionen Euro von Sampdoria Genua), ein
       hervorragendes Gespür für freie Räume hat, der junge Argentinier Joaquín
       Correa so fabelhaft kicken kann wie bei seiner Volleyannahme samt Pirouette
       vor dem Assist zum ersten Tor gegen Barcelona und der ehemalige
       Futsal-Spieler Ben Yedder dagegen oft nur auf dem Bierdeckel des Strafraums
       operiert.
       
       Dass sich Montella also oft für die Gesamtkomposition und gegen die
       Effizienz entscheidet. Wie er es gegen die Bayern tun wird, ist noch offen.
       Die Münchner können bloß hoffen, dass nicht genau in dieser Nacht mal
       beides zusammenfällt.
       
       3 Apr 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Florian Haupt
       
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