# taz.de -- Nachhaltige Abenteuer
       
       > Wenn Millennials verreisen, haben sie ökozertifizierte Schlafbrillen und
       > Smoothiekekse im Gepäck – diesen Eindruck vermittelt der hippe
       > ITB-Ableger Berlin Travel Festival
       
 (IMG) Bild: Besonders nachhaltig wäre es, einfach hier Urlaub zu machen: Strandkulisse eines Kameraherstellers auf dem Berlin Travel Festival
       
       Von Tasnim Rödder
       
       Es gibt Menschen, die buchen Pauschalreisen. Und es gibt Menschen, die
       buchen ihren Urlaub bei Unternehmen, die authentisches, faires und
       nachhaltiges Reisen in organisierten Kleingruppen ermöglichen.
       Pauschalreisen im Hipstergewand quasi.
       
       Solche Reisetypen suchen das Berlin Travel Festival auf, den hippen Ableger
       der größten Reisemesse der Welt, der Internationalen Tourismus-Börse (ITB)
       Berlin. Dieses Festival, das mehr Messe ist, als es sich zugestehen möchte,
       hat seine Premiere am Wochenende in der Treptower Arena gefeiert. Am
       Freitag öffnete es die Türen für „Vanlifers, Dream Makers, Adventure
       Collectors“ und Konsorten. Die „Spielwiese“ für junge Reiselustige bot über
       100 Aussteller, Workshops und Filme, 80 Vortragende erzählten von ihren
       Abenteuern.
       
       Damit reagiert die Tourismusbranche auf einen neuen Trend. Denn: Junge
       Menschen reisen anders. Glaubt man den Angaben der Veranstalter*innen, will
       die neue Generation nachhaltig, fair und individueller verreisen. In den
       Urlaub fahren sie oft, dafür aber kurz.
       
       Gleich am Eingang weht einem der Hauch von Freiheit, Abenteuerlust und
       Popcorn ins Gesicht. Zur linken Seite rühren Teilnehmer*innen
       Kosmetikprodukte aus natürlichen Zutaten an. Aus Zucker, Kokosöl, Mandelöl
       und Mohn wird pflegendes Peeling und aus Bienenwachs, Kakaobutter,
       Sheabutter, Kokosöl und Orangenöl ein Lipgloss. Für die Zutaten könnte es
       ein wenig eng wenden im Handgepäck – aber, hey: Hauptsache natürlich und
       bio.
       
       Rechter Hand findet man stilvoll aufgemachte Ausstellerecken, in denen
       diese ihre Reiseaccessoires und Travel-Goodies präsentieren, unter anderem
       in einem umfunktionierten Oldtimer. Es gibt recycelte Yogamatten für rund
       120 Euro, nachhaltige Reiserucksäcke, die „endlose Abenteuer“ versprechen,
       und natürlich vegane, ökozertifizierte Schlafbrillen, „die halten, was sie
       versprechen“, für 70 Euro. Nicht unbedingt etwas für schmale Portemonnaies.
       
       Auch nicht wegzudenken aus dem nachhaltigen Reisetrolli ist natürlich die
       Reiseapotheke. Für knapp 60 Euro kann man diese in einer
       Plant-based-Version erwerben. Sie enthält hübsch designte Fläschchen, die
       hippe Namen tragen wie „something for dreaming“ (Schlafmittel) oder
       „something for a mini rehab“ (Katermittel). „So was wie Wala oder Globulis
       für Hipster“, erklärt Charlotte, die an einem Stand regionales Berliner
       Popcorn in den Geschmacksrichtungen „Thai Curry geröstete Erdnuss“ oder
       „Malabar Pfeffer mit Meersalz“ vermarktet.
       
       Kulinarisch hat das Festival auch sonst eine Menge zu bieten. Zum Beispiel
       Smoothiekekse und die Fünfminutenterrinen „Chili sin Carne mit Kakao“ oder
       „Soja Bolognese mit Hibiskus“. Im Cultural Lab kochen vier Chefköch*innen
       vor einem etwas gelangweilten Publikum Essen auf Campingkochern. Arne, 29,
       und Nadine, 27, sind enttäuscht: Sie hatten sich unter einer
       Live-Campingkochshow etwas anderes vorgestellt als eine süße
       Currywurstinterpretation mit Banane und Nutella. „ … und als Korrespondenz
       zum Currypulver streuen wir Zitronenmelisse darüber“, kündigt der Moderator
       an.
       
       „Wir sind hier, um uns die Vorträge der verschiedenen Reisenden
       anzuschauen“, sagt Arne. „Es ist toll, den Travellern im echten Leben zu
       begegnen und ihre Geschichten zu hören. Nur Reiseblogs lesen ist öde.“ Das
       Paar hat sich vorgenommen, ein Jahr lang ohne Flugzeug zu reisen. Die erste
       Station soll Südamerika sein. Dorthin möchten sie mit einem Segelschiff
       über den Atlantik schippern.
       
       Für musikalische Begleitung ist auch gesorgt: Während die Besucher*innen
       durch die Gänge ziehen, spielt die Band VanderAa auf der Bühne. Das sind
       zwei blondlockige, braungebrannte Singer-Songwriter aus Australien, die in
       einem Van von Festival zu Festival ziehen.
       
       So etwas finden Saskia, 24, und Sebastian, 26, klasse. Die beiden planen,
       einen Transporter auszubauen, um damit „ein, zwei oder drei Jahre“
       herumzureisen. „Für mich riecht so ein Reise-Van nach Freiheit“, sagt
       Saskia. Auf dem Berlin Travel Festival finden sie aber nur den
       Mercedes-Reise-Van, „den sich sowieso keiner leisten kann“. Ihrer Meinung
       nach sind zu viele adrette Menschen und schicke Hotelketten auf dem
       Messeableger vertreten.
       
       Niki, 25, ist durch die sozialen Medien auf das Festival aufmerksam
       geworden. Außerdem sei sie sehr reiseaffin, sagt sie. „Aber ich bin sehr
       enttäuscht. Das ist mehr Marketing, als ich dachte.“ Auch die 23-jährige
       Vanessa hat sich mehr erwartet. „Ich gebe eigentlich all mein Geld, das
       übrig bleibt, nur für Reisen aus, deswegen wollte ich mich hier zu weiteren
       Unternehmungen inspirieren lassen.“ Das Einzige, was sie auf dem Festival
       kauft, bleibt jedoch ein Becher Weißwein.
       
       12 Mar 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tasnim Rödder
       
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