# taz.de -- Kolumne Lügenleser: Post an Wagner
       
       > Ausschlafen, saufen, paar Halbsätze tippen. Ein Pinocchio, der behauptet,
       > er sei nicht neidisch auf Franz Josef Wagners Leben.
       
 (IMG) Bild: Wagner steht auf muskulöse Männer
       
       Lieber Franz Josef Wagner!
       
       „Endlich, endlich richtige Männer. Statt dieser
       #MeToo-Vergewaltigungsmänner in den Bademänteln. Unsere
       Eishockey-Mannschaft hat den Weltmeister Schweden besiegt“, so radebrechten
       Sie Ende letzter Woche in Ihrer von der Bild liebevoll „Kolumne“ genannten
       Ansammlung von pathetischen Halbsätzen.
       
       Ich muss Ihnen sagen: Sie leben meinen Traum! Wirklich. Einen Tag im Leben
       des F. J. Wagner stelle ich mir ebenso erbaulich wie spannungsreich vor.
       Die perfekte Mischung aus Weltflucht und Aufklärung. Aufstehen, 11 Uhr, den
       ersten Rotwein öffnen, schnell in die Schlüterstraße lunchen, nebenbei noch
       eine weitere Flasche Brunello di Montalcino (Jahrgang 1973) reingestellt,
       ein paar Zeilen tippen, Text abschicken – dann wird endlich gesoffen, bis
       zur Synästhesie. So weit meine Theorie.
       
       Ein Pinocchio der Autorenschaft, wer behauptet, er sei nicht neidisch auf
       diesen Lebenswandel. Ich bin es! Zwar hört man auf den Fluren des
       Axel-Springer-Hauses, dass Ihnen diese Kolumne nur zu Füßen gelegt und bis
       heute mit dem Defibrillator künstlich am Leben erhalten wurde, weil man Sie
       durch diese geschickte Rochade aus den Büroetagen verbannen konnte. Aber
       das sind Gerüchte.
       
       Auf die geben Ehrenmänner wie Sie und ich nichts.
       
       „Sie haben gezeigt, was Männer sind und was sie von diesen parfümierten
       Arschlöchern unterscheidet. Eishockey ist das schnellste und brutalste
       Spiel. Es ist kein Spiel für Männer, die sich für Theater, Ballett oder
       Malerei interessieren“, so vermuten Sie weiter, in Ihrem Liebesbrief an den
       Neandertaler Ihres Herzens. „Ich frage mich, welchen Mann eine hübsche
       Frau, ledig, wählen würde? Einen Eishockey-Mann oder einen parfümierten
       Mann? Ich denke, einen Eishockey-Mann.“
       
       Ich wiederum denke, eine hübsche Frau, ledig, interessiert sich am
       allermeisten für den Rotweintrinker mit der sympathischen Zahnlücke, der
       aus seiner Bewunderung für muskulöse Männer keinen Hehl macht und sich
       immer wieder hineinträumt in eine Fabelwelt, in der er selbst Teil dieser
       überlebensgroßen Art Mann war, ist oder werden kann. Einen Tagträumer, der
       sich einen Nissan-Roadster mit vollautomatisch öffnendem Verdeck leisten
       könnte, wenn er denn fahrtüchtig wäre.
       
       Ich sehe Sie und mich in einer Reihe der großen Autoren mit Hang zum
       Frühstücks-Champagner: Bukowski, Hunter S. Thompson, Charles Baudelaire.
       Männer, die sich den Suff und die eigene Meinung nicht verbieten lassen und
       sich einen Scheiß für Ballett oder Malerei interessieren.
       
       Männer, die sich noch trauen, in die Handtasche ihrer Begleitung zu kotzen
       oder sich an der Bushaltestelle mit der Dorfjugend zu prügeln. Männer, die
       im Stehen pinkeln und „es lieben, ihrem goldenen Strahl nachzusehen“
       (WagnerVoice). Solche Männer braucht das Land, und ich stehe bereit, wenn
       Sie bald nicht mehr sein sollten.
       
       Herzlichst, Ihr Juri Sternburg
       
       27 Feb 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Juri Sternburg
       
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