# taz.de -- Unwort des Jahres 2017: Alternative Fakten gewinnen
       
       > Mit dem Unwort des Jahres soll die Sensibilität für unsere Sprache
       > gefördert werden. Auch die Begriffe „Genderwahn“ und „Shuttle Service“
       > werden gerügt.
       
 (IMG) Bild: Ohne sie gäbe es keine „alternativen Fakten“: Kellyanne Conway
       
       Darmstadt dpa/afp | Das „Unwort des Jahres“ 2017 lautet „alternative
       Fakten“. „Die Bezeichnung ist der verschleiernde und irreführende Ausdruck
       für den Versuch, Falschbehauptungen als legitimes Mittel der öffentlichen
       Auseinandersetzung salonfähig zu machen“, sagte die Sprecherin der
       unabhängigen Jury, die Linguistik-Professorin Nina Janich, am Dienstag in
       Darmstadt.
       
       Geprägt wurde der Begriff von der Beraterin von US-Präsident Donald Trump,
       Kellyanne Conway. Sie verteidigte so die falsche Behauptung, dass zur
       Amtseinführung des Präsidenten so viele Menschen wie nie gekommen seien.
       „Der Ausdruck ist seitdem aber auch in Deutschland zum Synonym und Sinnbild
       für eine der besorgniserregendsten Tendenzen im öffentlichen Sprachgebrauch
       – vor allem auch in den sozialen Medien – geworden“, erklärten die
       Sprachexperten.
       
       Die Juroren rügten zudem den Begriff „Shuttle Service“ im Zusammenhang mit
       Seenotrettungseinsätzen von Nichtregierungsorganisationen im Mittelmeer für
       Menschen, die in Schlauchbooten flüchten. Der CSU-Bundestagsabgeordnete
       Stephan Mayer hatte demnach erklärt, diese bedeuteten „de facto“ einen
       „Shuttleservice zum italienischen Festland beziehungsweise den
       italienischen Inseln“. Damit würden sowohl die flüchtenden Menschen als
       auch vor allem diejenigen diffamiert, die ihnen humanitäre Hilfe leisteten,
       erklärte die Jury.
       
       Außerdem prangerten die Sprachwissenschaftler die Formulierung „Genderwahn“
       an. Mit diesem Ausdruck würden in konservativen bis rechtspopulistischen
       Kreisen zunehmend Bemühungen um Geschlechtergerechtigkeit in
       undifferenzierter Weise diffamiert. Als Beispiele nannten sie die
       geschlechtergerechte Sprache, die Ehe für alle sowie die Bemühungen zur
       Anerkennung von Transgendermenschen.
       
       ## Anonyme Barbara mit in der Jury
       
       Die sechsköpfige Experten-Jury hat „das Unwort des Jahres“ und die beiden
       anderen Unwörter aus 684 verschiedenen Vorschlägen ausgesucht. Nur etwa 80
       bis 90 dieser Vorschläge entsprachen überhaupt den Kriterien der
       sprachkritischen Aktion, wie Janich sagte. Daraus habe die Fach-Jury knapp
       20 Wörter in die engere Wahl gezogen.
       
       Zum „Unwort des Jahres“ wird seit 1991 jedes Jahr ein Begriff gekürt, der
       gegen das „Prinzip der Menschenwürde“ oder gegen „Prinzipien der
       Demokratie“ verstößt, weil er einzelne gesellschaftliche Gruppen
       diskriminiere oder „euphemistisch, verschleiernd oder gar irreführend“ sei.
       2016 war die Wahl auf „Volksverräter“ gefallen, 2015 auf „Gutmensch“.
       
       Ziel der sprachkritischen Aktion ist es, auf öffentliche Formen des
       Sprachgebrauchs aufmerksam zu machen und dadurch das Bewusstsein und die
       Sensibilität für Sprache zu fördern. Die Jury wählt Formulierungen aus der
       öffentlichen Kommunikation, die gegen sachliche Angemessenheit oder die
       Humanität verstoßen. Die Wörter sollen zudem eine „gewisse Aktualität“
       haben und der Kontext, in denen sie gefallen sind, muss belegt sein.
       
       Der Jury gehören neben der Darmstädter Sprachwissenschaftlerin Nina Janich
       als Sprecherin noch drei weitere Wissenschaftler sowie der Autor und
       Journalist Stephan Hebel an. Dazu kam in diesem Jahr noch die anonyme
       Street-Art-Künstlerin Barbara.
       
       16 Jan 2018
       
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