# taz.de -- Mietfahrradmarkt in Paris: Radnerv à la française
       
       > Nach einem Wechsel der Anbieterfirma sind in Paris die sonst so beliebten
       > Mieträder knapp. Was die Abonnenten ärgert, freut die Konkurrenz aus
       > China.
       
 (IMG) Bild: Im Unterschied zu Vélib sind die Zweiräder der Konkurrenz nicht an feste Docks gebunden
       
       Paris taz | Das „Vélib“, das Pariser Mietfahrrad, ist seit zehn Jahren eine
       eigentlich ungetrübte Erfolgsgeschichte. Doch jetzt sind viele der
       regelmäßigen Kunden frustriert. Die Stadtbehörden hatten ihnen dank eines
       Wechsels der Anbieterfirma viel leichtere und teilweise mit Elektromotoren
       ausgestattete Räder in Aussicht gestellt – und gleichzeitig mit Hinweis auf
       besseren Kundendienst bereits den Preis der Jahresabonnements von 29 auf 37
       Euro erhöht. Damit kann jeder der 300.000 Abonnenten eine halbe Stunde lang
       gratis fahren. Für viele der zehn Millionen Pariser ist das Vélib die beste
       Methode, sich am Stadtverkehr vorbei durch die Metropole zu bewegen. 20.000
       Leihräder gab es zuletzt, außerdem 75 Ausleihen pro Minute.
       
       Doch nun ist alles anders. Viele Pariser waren schon über die
       Preissteigerung stinksauer, vor allem die regelmäßigen Nutzer, zu denen
       viele Studierende mit bescheidenen Budgets gehören. Aber: Es kostet nun
       nicht nur mehr, es gibt auch fast keine Mietfahrräder mehr.
       
       Die alten, schwerfälligen grauen Vélibs der Firma JCDecaux wurden zum
       Jahreswechsel samt Andockstationen entfernt. Der international tätige
       Außenwerbungskonzern hatte bis zuletzt vor Gericht um seine Fahrräder
       gekämpft. JCDecaux betreibt die Räder seit 2007 und finanziert dies durch
       Werbeverträge mit der Stadt quer. Der neue Vertrag für den Betrieb von
       Vélib soll über 15 Jahre laufen. Gewinner der Ausschreibung war das kleine
       südfranzösische Unternehmen Smoove, das bereits in 26 Städten Fahrräder
       unterhält.
       
       Deren Ersatz in Paris aber lässt vielerorts auf sich warten. Statt der
       früher 1.200 Pariser Vélib-Parkplätze von JCDecaux sind bislang erst 80
       verfügbar. Dabei war versprochen worden, dass Anfang Januar 600 „Docks“ von
       Smoove bereitstehen. Die neuen, leichteren Vélibs (graublau für die
       elektrische Version und graugrün für die rein mechanischen) sind rar. Das
       ist der Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo, die dieser Firma den Vorzug
       gegeben hat, besonders peinlich. Die Mieträder sind seit zehn Jahren nicht
       nur ein fester Bestandteil der rot-grünen Verkehrspolitik, sondern auch
       eine Attraktion für die Touristen geworden, die mit einem Tagesticket auf
       den Radwegen die Stadt an der Seine erkunden. Wie die Vélib-Kunden fühlt
       sich auch Hidalgo vom neuen Anbieter mit falschen Versprechen verraten.
       
       ## Goobee.bike, Ofo oder O-Bike
       
       Die Vélib-Krise beim Neustart müsste eigentlich ein Segen für die
       Konkurrenz sein. Die Mieträder von neuen Anbietern prägen – wie in einigen
       deutschen Städten – auch in Paris seit Monaten das Pariser Stadtbild. Sie
       sind knallgelb, hellgrün, gelb und weiß. Ihr Design ist auffällig, damit
       die potenziellen Kunden die Vehikel für den Stadtverkehr leichter finden.
       Im Unterschied zu Vélib sind die Zweiräder von Goobee.bike, Ofo oder O-Bike
       aber nicht an feste Docks gebunden.
       
       Die Nutzer orten sie mit einer App per GPS und können sie nach der
       Verwendung hinstellen, wo sie wollen. „Free floating“ heißt dieses in Asien
       bereits bewährte System. Das von zwei Pekinger Studenten gegründete
       Start-up-Unternehmen Ofo etwa ist bereits in rund 200 Städten und in 20
       Ländern mit seinen gelben Rädern erfolgreich tätig. Warum soll in Paris
       nicht gehen, was in Hongkong funktioniert? Die größere Freiheit für die
       Benutzer hat indes einen oder gar zwei Haken. Denn die Disziplin der
       Pariser ist nicht mit der in asiatischen Großstädten zu vergleichen.
       Vandalismus und Diebstahl haben die Hoffnungen einiger neuer Anbieter
       bereits in einen Albtraum verwandelt. Die Stadtbehörden sind erbost, weil
       einige ihr Mieträder rücksichtslos mitten auf dem Trottoir, vor
       Hauseingängen oder im Park hinterlassen.
       
       Andere Benutzer haben sich einen Sport daraus gemacht, die Schlösser oder
       die GPS-Ortung zu demontieren oder die Räder zu beschädigen. Aus diesen
       Gründen hat Goobee.bike bereits den Rückzug aus Lille und Reims
       angekündigt. Was in Paris passiert, ist derzeit völlig offen.
       
       18 Jan 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rudolf Balmer
       
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