# taz.de -- Haftanstalten in Frankreich: Wenn Wärter streiken
       
       > Nach mehreren Angriffen von Insassen streiken in Frankreich die
       > GefängniswärterInnen. Sie fordern mehr Personal und bessere Ausrüstung.
       
 (IMG) Bild: Aufgeheizte Stimmung: GefängniswärterInnen verlangen bessere Arbeitsbedingungen
       
       Paris taz | Frankreichs GefängniswärterInnen haben am Montag nach mehreren
       Angriffen von Gefangenen aus Protest mit einer „totalen Blockade“ der
       Haftanstalten gedroht. Gewerkschaftsangaben zufolge waren am Montagmorgen
       115 von 188 Haftanstalten von verschiedenen Streikaktionen betroffen. Das
       Pariser Justizministerium sprach von 35 Haftanstalten, bei denen die
       Eingänge versperrt wurden. Demnach trat zudem das Aufsichtspersonal in 15
       von 188 Gefängnissen im Land am Montagmorgen nicht zum Dienst an.
       
       Seit zwei Wochen protestieren die GefängniswärterInnen teils mit brennenden
       Reifen und Holzpaletten wegen der zunehmenden, gegen das Personal
       gerichteten Gewalt von Insassen. Angefangen hatte alles am 11. Januar in
       Vendin-le-Vieil in Nordfrankreich. Dort hatte ein deutscher Islamist drei
       Wärter mit einem Messer attackiert und verletzt.
       
       Die betroffenen Wärter fordern spezielle Sicherheitsvorkehrungen für solche
       Terroristen oder radikalisierte Islamisten, da diese oftmals bei einem
       Angriff nichts zu verlieren hätten und manchmal gar in der Haft einen
       „Märtyrertod“ suchten.
       
       Ein bisheriges Angebot der nationalen Gefängnisverwaltung ging
       Justizgewerkschaften nicht weit genug, der Protest setzte sich fort. Das
       hat auch Konsequenzen für die Inhaftierten: Aufgrund der Streiks werden die
       Besuche von Angehörigen abgesagt, auch die ohnehin ungenügenden Aktivitäten
       (Sport, Weiterbildung, Werkstätten) sind ausgesetzt. Die Häftlinge müssen
       in den Zellen bleiben. Das alles erhöht noch die Spannungen.
       
       ## Mindestohn im Risikojob
       
       In Fleury-Mérogis, der größten Haftanstalt in Westeuropa, hatten am Freitag
       mehr als hundert Häftlinge ihrerseits gegen die Aktionen der Wärter
       protestiert. Sie weigerten sich, aus dem Innenhof in ihre Zellen
       zurückzukehren, bis die Ordnungskräfte sie mit Tränengas dazu zwangen.
       
       Die Attacken werfen Licht auf die schlecht (meist zum gesetzlichen
       Mindestlohn von 11,50 Euro netto) bezahlte Berufsgruppe der WärterInnen.
       „Die meisten Kollegen kommen nur dank Überstunden und Zulagen über die
       Runden. Niemand aber hat Lust, für einen Hungerlohn solche Risiken auf sich
       zu nehmen“, erklärt Guillaume Potier von der zuständigen Gewerkschaft
       UFAP-UNSA.
       
       In den Tagen nach der Attacke in Nordfrankreich häuften sich überdies die
       Angriffe auf BeamtInnen des Strafvollzugs. Die WärterInnen fühlen sich
       schutzlos ausgeliefert – denn sie sind unbewaffnet, damit skrupellose
       Häftlinge ihnen nicht die Waffe entreißen können. Auch dürfen sie
       beispielsweise die Häftlinge nach Besuchen oder Spaziergängen nur mit
       ausdrücklicher Zustimmung ihres Vorgesetzten auf eingeschleuste Waffen oder
       Mobiltelefone durchsuchen. Die WärterInnen fordern jetzt spezielle Regeln
       oder separate Hochsicherheitsabteilungen für radikalisierte Sträflinge,
       eine bessere Ausrüstung und vor allem mehr Personal.
       
       ## Notorisch überbelegte Haftanstalten
       
       Zu den Ursachen für die eskalierende Gewalt in den französischen
       Haftanstalten gehört auch die notorische Überbelegung, die weit über dem
       europäischen Durchschnitt liegt. In mehreren Gefängnissen liegt sie bei
       mehr als 200 Prozent. Konkret teilen sich dann drei oder vier Häftlinge
       eine Zelle, die für zwei gedacht wäre.
       
       In seinem Wahlkampf hat Präsident Emmanuel Macron 15.000 neue Plätze in
       modernen Gefängnissen bis 2022 in Aussicht gestellt. Für die empörten
       WärterInnen ist das keine Antwort auf ihre Forderungen. Am Montag wollte
       Justizministerin Nicole Belloubet eine Lösung im erneuten Gespräch mit den
       Gewerkschaften finden.
       
       22 Jan 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rudolf Balmer
       
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