# taz.de -- Kerem Schamberger und Facebook: Das Rätsel um die verlorenen Follower
       
       > Facebook erklärt den mysteriösen Followerschwund auf der Seite des linken
       > Aktivisten mit deaktivierten Accounts. Das wirft neue Fragen auf.
       
 (IMG) Bild: Die Erklärung von Facebook hinterlässt Fragen
       
       Facebook hat den Fall Kerem Schamberger, dessen türkeikritischem Account
       auf mysteriöse Weise etwa 5.000 von rund 20.000 Followern abhanden gekommen
       sind, für beendet erklärt. Einem [1][Bericht von Netzpolitik.org] zufolge
       äußerte Facebook gegenüber dem Blog, die interne Untersuchung des Falles
       sei abgeschlossen.
       
       Eine nicht genauer genannte Anzahl an Stichproben unter den verschwundenen
       5.000 Accounts habe ergeben, dass nur ein sehr kleiner Teil der Follower
       Kerem Schamberger aus eigenem Willen entfolgt habe. So laute die Erklärung
       Facebooks, heißt es auf Facebook Netzpolitik.org. Der wesentliche Teil der
       Accounts sei wegen „Verstößen gegen die Geschäftsbedingungen“ von Facebook
       deaktiviert worden. Das sei nicht auf Initiative des Unternehmens
       geschehen, sondern weil die betroffenen Accounts gemeldet worden seien.
       
       Diese Stellungnahme wirft allerdings neue Fragen auf.
       
       Denn der Aussage von Facebook stehen die [2][Berichte mehrerer
       Facebook-Nutzer] gegenüber, die der taz vergangene Woche gesagt hatten, sie
       folgten dem Profil von Kerem Schamberger gegen ihren Willen nicht mehr.
       Ihre Accounts wurden aber nicht deaktiviert. Ihm lägen inzwischen 40 bis 50
       Rückmeldungen dieser Art von ehemaligen Followern vor, sagte der
       Medienwissenschaftler und linke Aktivist Schamberger der taz. 20 dieser
       unfreiwillig entfolgten Accounts habe er Facebook gemeldet. Das Unternehmen
       habe ihm gegenüber dementiert, dass die betroffenen Accounts entfreundet
       oder entfolgt wurden.
       
       ## „Blumige Ausreden“
       
       Damit steht Aussage gegen Aussage. „Facebook wirft eine neue Nebelkerze, um
       das im Sande verlaufen zu lassen“, kommentiert Schamberger die Äußerungen
       des Unternehmens. Die Behauptungen seien schwer nachvollziehbar und nicht
       unabhängig überprüfbar. „Facebook müsste offenlegen, warum die Follower
       verschwinden. Aber das Unternehmen verweigert sich und denkt sich blumige
       Ausreden aus, um davon abzulenken, dass es keine Transparenz gibt“,
       kritisiert er.
       
       Unklar ist auch, gegen welche Richtlinien der Gemeinschaftsstandards die
       laut Facebook deaktivierten Accounts verstoßen haben sollen – und von wem
       sie gemeldet wurden. Ein möglicher Verstoß könnte neben Hate Speech und
       Nacktbildern auch die Unterstützung von Organisationen sein, die Facebook
       als „Gefährliche Organisationen“, einstuft. Welche Organisationen das sind,
       veröffentlicht das Unternehmen nicht.
       
       Fragt man Kerem Schamberger, so ist sein Fall ein „eklantantes Beispiel
       dafür, dass Facebook gegen prokurdische und kritische Seiten vorgeht“. Sein
       Vorwurf: Das Unternehmen orientiere sich an den Vorgaben der Türkei. Er
       hält es auch für denkbar, dass hinter der Sache eine konzertierte Aktion
       von Anhängern der türkischen Regierungspartei AKP steckt. Der Verdacht
       lässt sich schwer überprüfen, weil sich Facebook dazu nicht äußert.
       
       ## Ärgerliche Intransparenz
       
       Das Facebook-Profil des prokurdischen Aktivisten ist nicht das einzige, das
       in den vergangenen Monaten rasant Follower verloren hat. Auch
       Spiegel-Redakteur Hasnain Kazim, der ebenfalls sehr aktiv auf Facebook
       postet, hat festgestellt, dass die Zahl seiner Follower „dramatisch
       runterging“: in ungefähr zwei Monaten von 30.000 Followern auf 26.000
       Follower. Selbst das [3][Blockflöten-Video] des Journalisten, das in den
       sozialen Medien auf außerordentliche Resonanz stieß, habe den Verlust von
       Followern nur leicht ausgeglichen, berichtet Hasnain Kazim der taz.
       
       Der ehemalige Türkei-Korrespondent von Spiegel Online kann sich diese
       Entwicklung nicht erklären. Er kontaktierte Facebook, nach Prüfung des
       Falls teilte das Unternehmen mit, es können den Verlust der Follower nicht
       nachvollziehen.
       
       Schamberger Vorwurf, es handle sich dabei um eine Zensur türkeikritischer
       Seiten und Inhalte, schließt Kazim sich nicht an. „Zum einen bin ich nicht
       ausschließlich türkeikritisch, zum anderen betrifft es auch andere
       Accounts, die nichts mit Türkeikritik zu tun haben“, sagt er am Telefon.
       „Es ist allerdings ärgerlich, dass Facebook nicht erklären kann, woran das
       liegt. Diese Intransparenz ärgert mich.“
       
       Währenddessen geht der Followerschwund auf Kerem Schambergers Seite weiter;
       trotz der öffentlichen Aufmerksamkeit, die er infolge der Berichterstattung
       bekommen hat. Der Aktivist will sich nicht mit der Antwort von Facebook
       zufrieden geben. „Wir machen weiter, bis wir wissen, was da los ist“, sagt
       er.
       
       20 Nov 2017
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://netzpolitik.org/2017/facebook-erklaert-skandal-um-mysterioesen-follwerschwund-fuer-beendet/
 (DIR) [2] /!5461899/
 (DIR) [3] http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/hasnain-kazim-mit-blockfloete-und-nationalhymne-gegen-rassisten-a-1176334.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Elisabeth Kimmerle
       
       ## TAGS
       
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