# taz.de -- Die CSU vor der Entscheidung: Kabale und Liebe
       
       > Der Machtkampf zwischen Seehofer und Söder geht in die Schlussrunde. Am
       > Montag will die CSU-Landtagsfraktion den neuen Regierungschef bestimmen.
       
 (IMG) Bild: Sag zum Abschied leise Servus, Horst? Am Montag will die CSU-Landtagsfraktion entscheiden
       
       München taz | Montag, 4. Dezember, 8 Uhr: Der neue Termin für den Showdown
       steht fest. Diesmal noch endgültiger als bisher. Danach, so hieß es am
       Mittwoch mal wieder, werde die Machtfrage in Bayern geklärt sein. Gemeint
       war damit natürlich: Noch-Ministerpräsident Horst Seehofer contra
       Finanzminister Markus Söder.
       
       Doch dann platzte am Abend eine neue Meldung herein: Joachim Herrmann will
       gegen Söder an. Das zumindest wollten Süddeutsche Zeitung und Münchner
       Merkur unabhängig voneinander erfahren haben. Bestätigen wollte Herrmann
       die Meldung nicht.
       
       Von der viel bemühten Vokabel des Showdowns sollte sich der mit
       CSU-Ritualen weniger vertraute Nichtbayer aber ohnehin nicht in die Irre
       führen lassen. Hier darf man sich nicht das offene Duell nach
       Western-Manier vorstellen. Zu den Gepflogenheiten der CSU gehören andere
       „Kampftechniken“. Mal lässt man sich von Brutus inspirieren, mal von
       asiatischer Kampfkunst: Die hohe Kunst besteht dann darin, den anderen ins
       Leere laufen zu lassen, unbedingt den direkten Kontakt zu vermeiden. Und
       natürlich: immer lächeln!
       
       Wer eine Chance haben will, muss während des Kampfes fortwährend die
       „legendäre Geschlossenheit“ der Partei loben. In Sachen Harmoniebeschwörung
       liegt aktuell Markus Söder vorn, der behauptete in einem Fernsehinterview
       sogar, es gebe keine Lager in der CSU. In der Kunst, den Gegner ins Leere
       laufen zu lassen, darin versteht sich hingegen Horst Seehofer am besten.
       
       ## Einen Spitzenkandidaten küren
       
       Nun war es das nicht-existente Söder-Lager, das mit Blick auf den nächsten
       Montag wieder das Heft in die Hand bekommen wollte. Für 8 Uhr wurde daher
       eine Sondersitzung der CSU-Landtagsfraktion anberaumt – eine Runde, die
       Seehofer zum überwiegenden Teil nicht gerade freundlich gesinnt ist. „Dann
       werden wir entscheiden und vermutlich einen Kandidaten, einen
       Spitzenkandidaten küren für das Amt des Ministerpräsidenten, den wir der
       Partei vorschlagen werden“, sagte Fraktionschef Thomas Kreuzer am Mittwoch.
       
       Zuvor werde Seehofer in der Fraktion noch eine Erklärung abgeben. Und
       überhaupt sei dieses Verfahren im Einvernehmen mit dem Ministerpräsidenten
       entschieden worden. Harmonisch, wie das bei der CSU so üblich ist. Ein
       Schelm, wer vermutet, der frühe Sitzungstermin könne damit zusammenhängen,
       dass man der Vorstandssitzung um 11 Uhr zuvorkommen wollte.
       Landtagsabgeordnete sind eben Frühaufsteher.
       
       In der Fraktion ist unbekannt, was Seehofer ankündigen wird. Und wer
       Seehofer kennt, schließt nicht aus, dass es auch ihm selbst noch unbekannt
       ist. Während am Mittwoch noch viele davon ausgingen, dass allein Söder für
       die Spitzenkandidatur vorgeschlagen würde, geht man inzwischen schon wieder
       von einer Kampfabstimmung aus. In diesem Fall könnte der zuständige
       Parteitag, der anderthalb Wochen später zusammentritt, erneut über die
       abstimmen. Dabei könnte auch der unterlegene Kandidat, also etwa Herrmann
       antreten.
       
       ## Unsicherheitsfaktor Seehofer
       
       Für den Fall, dass Seehofer die Spitzenkandidatur abtritt, bleibt zweierlei
       noch immer offen: zum einen, ob Seehofer dann als Ministerpräsident
       zurücktreten und Söder sofort den Posten überlassen würde, zum anderen aber
       auch, wie es an der Spitze der Partei weitergeht: Seehofer hatte
       ursprünglich angekündigt, beim Parteitag wieder als CSU-Chef anzutreten,
       aber auch hier werden Überraschungen nicht ausgeschlossen. Als potenzielle
       Nachfolger werden vor allem CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sowie
       der Europapolitiker Manfred Weber genannt. Mitunter fällt auch hier der
       Name Herrmann.
       
       Der größte Unsicherheitsfaktor in allen Gedankenspielen heißt wie immer:
       Seehofer. Der Nochregent überlässt nur ungern anderen in der Partei die
       Regie. So ist auch denkbar, dass er seinerseits versuchen wird, der
       Fraktionssitzung mit einer eigenen Erklärung am Wochenende zuvorzukommen.
       Am Wochenende soll sich auch erstmals das von Seehofer eingesetzte
       Dreiergespann aus CSU-Vize Barbara Stamm und den beiden Ehrenvorsitzenden
       Edmund Stoiber und Theo Waigel mit Seehofer treffen und Vorschläge zur
       personellen Zukunft der CSU machen.
       
       Sollte es auf Söder hinauslaufen, müsste dieser natürlich auch bereit sein,
       die Spitzenkandidatur in der derzeitigen Lage der CSU zu übernehmen und
       dafür möglichst auf den Parteivorsitz zu verzichten. Auch wenn kaum jemand
       an Söders Ambitionen zweifelt, hat der Franke seinen Hut noch nicht
       offiziell in den Ring geworfen. Er strebe eine einvernehmliche Lösung an,
       ließ er verlauten. Was ja in einer so harmonieversessenen Partei wie der
       CSU auch möglich sein sollte.
       
       30 Nov 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominik Baur
       
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