# taz.de -- Sportübertragung im Fernsehen: Um jeden Preis
       
       > ARD und ZDF haben für viele Millionen Euro die Rechte für die Uefa
       > Nations League gekauft. Es ist ein Zeichen der Verzweiflung.
       
 (IMG) Bild: Teures Vergnügen: ARD und ZDF haben sich die Übertragung der Nations League 122 Million Euro kosten lassen
       
       Bis zu 122 Millionen Euro. So viel soll ARD und ZDF die Nations League des
       Europäischen Fußballverbands Uefa in den Spielzeiten 2018/19 und 2020/21
       wert sein. Das berichtet der Branchendienst epd.
       
       122 Millionen Euro – für (maximal) zwölf Spiele der deutschen
       Nationalmannschaft. Also mehr als zehn Millionen pro Partie. Und das für
       einen Wettbewerb, den kein Schwein versteht; von dem überhaupt nicht
       absehbar ist, ob er angenommen wird; bei dem man das Gefühl hat, dass es
       der Uefa schlicht darum ging, aus den Freundschaftsspielen (denn die werden
       durch die Nations League ersetzt) doch noch ein bisschen mehr
       herauszupressen.
       
       Und die Öffentlich-Rechtlichen haben sich als willige Zitrone erwiesen.
       
       Man kann sie ja verstehen. [1][Die letzten Rechtevergaben liefen nicht gut
       für ARD und ZDF.] Die Qualifikationsspiele der Fußball-Nationalmannschaft
       waren verloren gegangen, Olympia auch. Gerade das ZDF traf es hart: Nach
       dem Verlust der Champions-League-Rechte, die ab 2018 nur noch im Pay-TV
       laufen wird, sahen die Mainzer einer Zukunft fast ohne Fußball-Liverechte
       abseits der großen Turniere im Sommer entgegen.
       
       Tja. Da nimmt man, was man noch kriegen kann. Sogar die Uefa Nations
       League.
       
       ## Kompliziert und undurchsichtig
       
       Zur Erklärung: Die Nations League wird erstmals von September bis November
       2018 in vier „Divisions“ mit je vier Gruppen ausgetragen. Es gibt Hin- und
       Rückspiele (die bei ARD und ZDF laufen). Zwischendurch findet dann von März
       bis November 2019 die reguläre EM-Qualifikation statt (die bei RTL läuft)
       und anschließend werden im März 2020 die Playoffs der Nations League (die
       bei ARD und ZDF laufen) ausgetragen, für die sich die vier Gruppenersten
       aus jeder Division qualifizieren.
       
       Jede Division spielt ihre eigenen Playoffs. Die Sieger dieser vier Playoffs
       dürfen an der Euro 2020 teilnehmen. Allerdings dürfen Teams, die schon über
       die reguläre Qualifikation (die bei RTL läuft) ihr Ticket für die EM
       gebucht haben, nicht an den Playoffs teilnehmen.
       
       Klingt kompliziert, undurchsichtig und wie eine Kopfgeburt von
       Fußballfunktionären? Ja, ist es auch. Aber immerhin: Die Uefa hat [2][eine
       kleine Erklärgrafik] zur Verfügung gestellt.
       
       Achso, und noch etwas: Da in Division A die zwölf besten Teams in Europa
       spielen, ist es höchstwahrscheinlich, dass – wenn es zu den Playoffs kommt
       – alle oder fast alle Nationen, die in Division A spielen, schon für die
       Euro qualifiziert sind. Was die anschließenden Playoffs dann noch von
       Freundschaftsspielen unterscheidet, ist ein Rätsel.
       
       Na gut, für die Uefa ist es vermutlich kein Rätsel, denn der Verband merkt
       schon einen entscheidenden Unterschied: Die Nations League lässt sich,
       anders als die Freundschaftsspiele, schön zentral vermarkten – und
       dementsprechend noch mehr Kohle damit verdienen.
       
       ## Lieber gekauft als gespart
       
       Hier kommen die Verzweifelten von ARD und ZDF ins Spiel. Bei denen sind
       nämlich auf der einen Seite große Sportredaktionen, die beschäftigt werden
       wollen, und große Etattöpfe, die ausgeschöpft werden wollen – und auf der
       anderen Seite, wenn der Sport seinen Etat nicht ausschöpft, große
       Begehrlichkeiten von anderen Abteilungen.
       
       Die gilt es abzuwehren. Da dürfte im Zweifel lieber gekauft als gespart
       werden. Und so gingen zuletzt dann doch noch ein paar Rechte an ARD und
       ZDF: Neben der Nations League auch die Übertragungsrechte für die
       Olympischen Spiele 2018, 2020, 2022 und 2024 (als so genannte Sublizenzen
       des Rechteinhabers Discovery).
       
       Nur: Wie verträgt sich diese Shoppingtour eigentlich mit dem gedeckelten
       Sportrechteetat, auf den die Verantwortlichen der ARD immer wieder
       verweisen, wenn sie auf die hohen Ausgaben für Sportrechte angesprochen
       werden? [3][In einem ARD-Papier] heißt es beispielsweise dazu: Der
       Gesamt-Etat der ARD für die Sportrechte sei „geprüft und gedeckelt und kann
       nicht erhöht werden, wenn sich bestimmte Marktsituationen plötzlich
       verändern“. Bei 250 Millionen Euro soll die Deckelung laut der
       ARD-Vorsitzenden Karola Wille liegen.
       
       Doch ist dieser Etat einzuhalten? Zwar sind alle Ausgaben für Sportrechte
       weder von der ARD noch vom ZDF offiziell bestätigt worden (Begründung: Das
       dürfe man nicht sagen), doch sind die Kosten bei fast allen Wettbewerben
       recht gut bekannt. Schließlich müssen bei großen Ausgaben viele
       Rundfunkräte diese Ausgaben abnicken. Und zählt man die Ausgaben für die
       großen Sportrechte (Fußball-WM und -EM, [4][Bundesliga], DFB-Pokal, Nations
       League, Olympia) zusammen, schrammt die ARD bedrohlich nah an diesen 250
       Millionen Euro.
       
       ## Larifari-Wettbewerb für zehn Millionen Euro
       
       Die ARD verweist immer wieder darauf, allein 50 Sportarten im Ersten zu
       übertragen. 100 sind es gar, wenn man noch die Dritten Programme
       hinzuzieht. Das heißt: Entweder bleiben für alle anderen Sportarten nur die
       Krümel vom Sportrechte-Kuchen übrig. Oder der Etat kann nicht eingehalten
       werden. Oder der Deckel muss angehoben werden.
       
       Alle drei Optionen sind wenig schmeichelhaft für die ARD. Trotzdem haben
       die Aufsichtsgremien der Landesrundfunkanstalten die Ausgaben für die
       Nations League vergangene Woche durchgewunken. Warum? „Gerade in der
       laufenden Diskussion über die Legitimität des öffentlich-rechtlichen
       Rundfunks war die große Mehrheit im Rundfunkrat der Auffassung, dass
       öffentlich-rechtlich, das heißt auch kostenfrei, die Nationalmannschaft zu
       sehen sein muss“, sagte der WDR-Rundfunkratsvorsitzende Andreas
       Meyer-Lauber der Süddeutschen Zeitung.
       
       Man hätte natürlich auch genau andersherum argumentieren können. Gerade in
       der laufenden Diskussion über die Legitimität des öffentlich-rechtlichen
       Rundfunks wäre es wichtig gewesen, ein Zeichen zu setzen: Wir lassen uns
       nicht von der Uefa ihren Larifari-Wettbewerb für zehn Millionen Euro pro
       Partie andrehen. Sollen die doch bei RTL oder Sky oder Dazn anfragen, ob
       sie da spielen dürfen.
       
       Tja, dieses Zeichen wurde wieder einmal in die Zukunft verschoben: Man
       werde im WDR-Rundfunkrat „beliebige weitere Preissteigerungen nicht mehr
       mitmachen“ und „sehr genau hinschauen“, kündigte Meyer-Lauber noch an.
       
       Aber diesmal, ja diesmal, da ging das noch mal durch.
       
       Man kann der Uefa zu diesem Deal nur gratulieren.
       
       30 Oct 2017
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Sportrechte-bei-den-Oeffentlich-Rechtlichen/!5416165
 (DIR) [2] http://www.uefa.com/MultimediaFiles/Download/competitions/General/02/08/20/36/2082036_DOWNLOAD.pdf
 (DIR) [3] http://www.ard.de/download/682560/ARD_Bericht_2015_16_und__Leitlinien_2017_18_fuer_Das_Erste.pdf
 (DIR) [4] /Fussball-in-der-ARD/!5338945
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürn Kruse
       
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