# taz.de -- Gastkommentar Koalitionsgespräche: Jamaika im Konklave verhandeln
       
       > Die Parteien sollten hinter verschlossenen Türen verhandeln,
       > professionell moderiert – warum nicht auch mit einem Bürgerbeirat?
       
 (IMG) Bild: Vielleicht erstmal miteinander reden, statt jedes hingehaltene Mikrophon zu bedienen
       
       An den Koalitionsverhandlungen missfällt das höfische Zeremoniell, wir
       erleben lächerliche Balkonauftritte, Themensalat in Talkshows, ein
       zwischen Kumpanei und Rosenkrieg schwankendes Schaulaufen. Und das
       Schweigen der Kanzlerin, von deren Richtlinienkompetenz und
       Führungswilligkeit doch so viel abhängt, um eine soziologisch nahestehende,
       aber weltanschaulich heterogene Konstellation zu formen.
       
       Zu wünschen wäre da zunächst eine professionelle Moderation, die neutral in
       den Positionen, aber fest in der Zielsetzung ist. Politiker halten
       dergleichen leider für Pipifax, ihre Eitelkeit verbietet es ihnen, sich dem
       „Art of Hosting“ zu unterziehen, um nur eine Methode zu nennen, die in
       Unternehmen und anderen Organisationen bei sehr viel weniger gravierenden
       Einigungsprozessen eingesetzt wird – zum allseitigen Nutzen. Im Vergleich
       zu solchen Routinen verhalten sich politische Führungskräfte
       beratungsresistent.
       
       Sodann wäre ein Pressemoratorium fällig, statt jedes hingehaltene Mikrophon
       zu bedienen. Das Koalitionskonklave soll sich erklären, wenn es sagen kann:
       „habemus coalitionem“. Hinter geschlossenen Türen zu verhandeln, steigert
       die Chance zum Kompromiss, der als Lebenselixier und Schmiermittel
       demokratischer Politik zu würdigen ist.
       
       Und der Spielraum weitet sich, wenn das Spielfeld arbeitsteilig beackert
       und das Spiel durch eine Kanzlerin mit Überblick bestimmt wird – und nicht
       durch einen eifersüchtigen Wächterrat namens Koalitionsausschuss.
       
       Um das demokratische Element zu stärken, sollte bei Koalitionsverhandlungen
       ein parallel tagender Bürgerrat einberufen werden. In ihm sitzen rund 20
       Personen, zusammengesetzt aus zehn Parteigängern und zehn Parteilosen, die
       ihre eigene Agenda setzen und einen Koalitionsvertrag präsentieren.
       
       Klingt das utopisch oder naiv? Mag sein, aber es könnte allemal
       zielführender sein als der Prozess, dem wir zum allgemeinen Politikverdruss
       gerade beiwohnen.
       
       1 Nov 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Claus Leggewie
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