# taz.de -- Kommentar Katalonien-Konflikt: Jetzt wirklich die Bevölkerung fragen
       
       > Unabhängigkeit ja, aber nicht sofort – die Formel lässt
       > Handlungsspielraum. Am besten für eine faire, ehrliche Volksabstimmung.
       
 (IMG) Bild: Wollen raus aus Spanien: Befürworter der Unabhängigkeit am Montag in Barcelona
       
       Der katalanische Präsident Carles Puigdemont [1][erklärte am Dienstagabend
       vor dem Autonomieparlament in Barcelona die Unabhängigkeit Kataloniens, um
       sie im gleichen Augenblick auszusetzen]. Damit geht der Streit wohl weiter.
       Seine Erklärung bietet für jeden etwas. Es ist eine
       Unabhängigkeitserklärung und damit ein Akt, der geltendes spanisches
       Verfassungsrecht bricht – und es ist ein Dialogangebot, je nachdem, wer die
       Worte wie liest.
       
       Es steht zu befürchten, dass sich die Zentralregierung die erste
       Interpretation zu eigen macht. Ministerpräsident Mariano Rajoy könnte
       bereits in den nächsten Stunden weitere, noch härtere Maßnahmen einleiten.
       Die spanische Verfassung würde das zulassen. Von der Ausetzung der
       Autonomie und der Übernahme der katalanischen Regierungsgeschäfte direkt
       von Madrid aus, die Entsendung weiterer Polizeieinheiten und selbst der
       Armee, bis hin zum Ausnahmezustand stellt die Verfassung aus dem Jahr 1978
       alles zur Verfügung. Doch klug wäre das nicht. Politische Probleme
       verlangen eine politische Lösung. Justiz, Polizei und Armee sorgen für eine
       Verschärfung des Konfliktes, eine Lösung bieten sie nicht.
       
       Es ist an der Zeit, dass Madrid von Machtdemonstrationen absieht und den
       Dialog sucht, wenn nötig mittels nationaler oder internationaler
       Vermittler. Wer glaubt, dass durch noch mehr Repression der Wunsch nach
       Unabhängigkeit eines breiten Teils der katalanischen Bevölkerung bezwungen
       wird, täuscht sich. Er nimmt eher noch zu. Alle bisherigen Beispiele von
       Unabhängigkeitsbewegungen zeigen dies. Die einzige Lösung ist es, die
       Stimmen der Bevölkerung zu hören. Und dazu gibt es nur einen Weg: eine
       Volksabstimmung in beidseitigem Einverständnis, wie einst in Schottland
       oder Quebec. Je früher, desto besser.
       
       Die spanische Verfasung von 1978 lässt dies nicht zu? Das stimmt. Aber eine
       Verfassung kann geändert werden, wenn es sein muss über Nacht. Das bewiesen
       die konservative Partido Popular und die sozailistische PSOE, als sie 2011
       auf Wunsch aus Berlin und Brüssel mitten in der Sommerpause eine
       Schuldenbremse in die Verfassung aufnahmen.
       
       10 Oct 2017
       
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