# taz.de -- Kolumne American Pie: Auf der Hut
       
       > Warum Cam Newton, Quarterback der Carolina Panthers, wegen Sexismus in
       > die Schlagzeilen geraten ist. Unsere Sport-Kolumne American Pie.
       
 (IMG) Bild: Selbstkritisch: Quarterback Cam Newton
       
       Cam Newton liebt Klamotten. Anzüge in grellen Farben, extravagante Muster,
       große Karos, kleine Karos, strenge Krawatten und kreischende Fliegen,
       strassbesetzte Slipper und Brillen, die aus dem Fundus von Elton John zu
       stammen scheinen. Und Hüte, immer wieder Hüte. Hüte in allen Farben und
       Formen, Cowboyhüte und fesche Hütchen, manchmal mit einer kecken Feder im
       Hutband.
       
       Wenn Newton, Quarterback der Caroline Panthers und einer der größten Stars
       der NFL, vor einem Spiel aus dem Teambus steigt und in die Katakomben des
       Stadions schreitet, dann ist das kein bloßes Ankommen, sondern ein
       Ereignis. Das war am Sonntag beim Spiel der Panthers in Detroit nicht
       anders.
       
       Doch diesmal setzte Newton nicht nur ein modisches Statement, sondern vor
       allem ein politisches: Der Anzug war diesmal vergleichsweise gedeckt und
       der Hut in schlichtem Schwarz. Aber interessant war, was auf der Seite des
       Hutes klebte: ein Sticker von „Rosie the Riveter“. Rosie, die Nieterin, ist
       eine Erfindung der US-Propaganda im Zweiten Weltkrieg und steht für all die
       Frauen, die in der Rüstungsindustrie jene Männer ersetzten, die an der
       Front kämpften.
       
       Mittlerweile ist das Bildnis der Frau im Blaumann und mit Kopftuch, die
       ihren Bizeps zeigt und „We can do it!“ sagt, ein feministisches Symbol
       geworden. Rosie the Riveter am Hut ins Stadion zu tragen, war Newtons
       Versuch, sich für einen sexistischen Fauxpas zu entschuldigen.
       
       Der 28-Jährige hatte sich in der vergangenen Woche während einer
       Pressekonferenz über eine Reporterin lustig gemacht. Als Jourdan Rodrigue
       von der lokalen Tageszeitung Charlotte Observer wissen wollte, wie gut ein
       Mannschaftskollege von Newton die Laufwege bei den akribisch geplanten
       Spielzügen einhält, lächelte der Quarterback und konnte sich nicht
       verkneifen zu sagen: „Es ist witzig, eine Frau über Laufwege reden zu
       hören.“ Dann beantwortete er die Frage und die Pressekonferenz ging weiter,
       als wäre nichts geschehen.
       
       ## „Eine wertvolle Lektion gelernt“
       
       Anschließend [1][twitterte die Journalistin], dass sie es „nicht lustig“
       finde, sich mit Laufwegen auszukennen, sondern dass das ihr Job sei. Als
       sich der Videoclip mit der zweifelhaften Aussage Newtons zum Klickmonster
       auswuchs, war die Empörung groß. Kolleginnen von Rodrigue bekundeten ihre
       Solidarität und berichteten von ähnlichen Erfahrungen, der
       Lebensmittelkonzern Danone kündigte Newtons Sponsorenvertrag. Die
       Sexismusdiskussion verdrängte zwischenzeitlich sogar die gegen Rassismus
       protestierenden Footballprofis und deren Fehde mit Präsident Trump als das
       Thema aus den Sport-Talkshows.
       
       Dass Sexismus im Football weit verbreitet ist, weiter wohl als in anderen
       Sportarten, das war auch vor Newtons Ausfall kein Geheimnis. Immer wieder
       werden Profis wegen häuslicher Gewalt verhaftet, aber die Liga reagiert oft
       nur schleppend auf solche Fälle: Als Ray Rice, Running Back der Baltimore
       Ravens, 2014 in einem Aufzug in Las Vegas seine damalige Verlobte
       verprügelte, gab es erst einen öffentlichen Aufschrei und schließlich eine
       Sperre, als ein Überwachungsvideo auftauchte, das den Vorfall
       dokumentierte. Und noch vor zwei Jahren lösten die Jacksonville Jaguars
       einen Skandal aus, als sie drei Journalistinnen den Zutritt zur
       Umkleidekabine verweigerten.
       
       Diesmal war die öffentliche Empörung dermaßen einhellig, dass die allseits
       von Newton geforderte Entschuldigung schon nach wenigen Tagen eintraf.
       [2][In einem Video-Statement] zeigte sich der modebewusste Star
       zerknirscht: „Ich habe eine wertvolle Lektion gelernt. Und ich hoffe,
       andere junge Menschen haben aus dieser Geschichte etwas gelernt: Seid nicht
       wie ich! Seid besser als ich!“
       
       ## Shitstorm und Entschuldigung
       
       Ein Ratschlag, den sich manche Fans nicht zu Herzen nahmen. Reporterin
       Rodrigue stand schnell in einem Shitstorm, dessen Mechanik an den
       Rainer-Brüderle-Skandal erinnerte: So wie [3][einst Stern-Journalistin
       Laura Himmelreich] wurde auch Rodrigue unterstellt, sie skandalisiere den
       Vorfall um des eigenen beruflichen Fortkommens willen.
       
       Als dann auch noch alte Tweets der 25-Jährigen auftauchten, in denen sie
       rassistische Witze reißt und das Wort „nigga“ benutzt, [4][musste sich auch
       Jourdan Rodrigue entschuldigen]. Am Schluss kennt diese Geschichte nur
       Verlierer – und der größte könnte die NFL sein, deren Image neben der
       Auseinandersetzung mit Donald Trump nun eine weitere Beule erhalten hat.
       
       10 Oct 2017
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://twitter.com/JourdanRodrigue/status/915682599326162945
 (DIR) [2] http://www.nfl.com/videos/carolina-panthers/0ap3000000857240/Cam-Newton-I-sincerely-apologize
 (DIR) [3] /!5074552
 (DIR) [4] https://twitter.com/JourdanRodrigue/status/915976275356999680
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Thomas Winkler
       
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