# taz.de -- Die Wahrheit: I’ll be Guttenback
       
       > Der Exminister Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg bereitet seine
       > fulminante und pornöse Wiederkehr im Bierzelt vor.
       
 (IMG) Bild: Sogar am Heiligen Gral der CSU darf Guttenberg nippen
       
       Erst setzt eine einzelne Trompete an, dann erklingt ein ganzes
       Blasorchester. Die Nebelmaschine hüllt die Bühne in weißen Dunst, die
       Lichtanlage schiebt pornöse Optik. Dann der Höhepunkt: Karl-Theodor zu
       Guttenberg entsteigt dem Schwanenboot Ludwig II., verteilt im Vorbeilaufen
       ein paar Ehrendoktortitel an Bedürftige und küsst, ach was, er züngelt
       Deutschland im Alleingang aus dem politischen Dornröschenschlaf und erklärt
       sich nebenbei zum Märchenkönig, unabhängig davon, ob die Gottkanzlerin
       zustimmt oder nicht.
       
       So spektakulär hatten sich treue CSU-Wähler die Rückkehr ihres Heilands in
       kühnsten Masturbationsfantasien ausgemalt. Stattdessen bekommen sie bloß
       einen Stand-up-Auftritt auf dem Volksfest Gillamoos serviert, einer
       bajuwarischen Version des Burning-Man-Festivals, bei dem der Drogenkonsum
       noch etwas erschreckender und die Masse noch etwas enthemmter ist.
       
       Und dann redet Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz
       Joseph Sylvester Buhl-Freiherr von und zu Guttenberg (lies KT) auch noch
       stundenlang über die Außenpolitik, statt die blau-weiße Seele zu massieren.
       Der Göttliche mobilisiert die Massen trotzdem, denn in der hopfenseligen
       Hallertau ist man für die Lachnummern abgehalfterter Transatlantiker noch
       immer zu begeistern.
       
       Sechs Jahre ist es her, dass KT seinen Doktortitel auf gleichem Weg verlor,
       wie er ihn einst bekommen hatte: beim Scrabble-Spiel gegen eine Krähe. Es
       folgt der Absturz: Auftritte in Kaschemmen und bei Baumarkteröffnungen, der
       Ground Zero für Entertainer. Für den Traum aller konservativen Klemmtrinen
       ist es ein Albtraum – wie jeden Tag Bad-Hair-Day. Ein radikaler Neuanfang
       muss her.
       
       ## Flucht ins Ausland
       
       Nach der Show-Devise „Was bei angejahrten deutschen Unterhaltern wie
       Michael Mittermeier schon nicht funktioniert hat, muss bei mir schon lange
       schiefgehen“ flieht Guttenberg ins Ausland. An der amerikanischen Ostküste
       beginnt er eine Karriere als Tellerwäscher in einem deutschen Restaurant.
       Durch seine unkopierbaren Fähigkeiten am Geschirrspüler arbeitet sich der
       Mann rasch hoch, dessen Frisur auch bei einer Luftfeuchtigkeit von 70
       Prozent noch steht wie eine frisch geschmiedete Pickelhaube.
       
       Dem Abkömmling eines fränkischen Adelsgeschlechts stehen spartanische
       Zeiten ins Haus. Statt mit ihrem gewohnten Elefantenfuhrpark für das
       Polospiel muss sich die Familie Guttenberg mit einem einzigen Pferd
       begnügen. Zustände wie in der Dritten Welt. In dieser Zeit trifft sich KT
       oft mit einem tibetischen Mönch, der ihm bei gemeinsamen Ausfahrten im
       Lamborghini die Lehren von Bescheidenheit und innerem Frieden nahebringt.
       
       Frieden mit der eigenen Vergangenheit kann er aber nicht schließen. Unnötig
       zu erwähnen, dass die Beschwerde der Schulrektorin, man habe seine Töchter
       beim Abschreiben erwischt, nur ein Tropfen auf dem heißen Stein ist. Ein
       Getriebener kann seine Gelüste nur bis zu einer gewissen Grenze
       ausschalten. Zunächst sind es nur Kopfschmerzen, später hört KT im Kopf
       ganz deutlich die Stimmen von jubelnden Menschen. Als er sich eines Morgens
       nackt zwischen Mülltonnen wiederfindet, ist ihm klar, was er tun muss –
       Sarah Connor eliminieren. Pardon, falscher Film, vielmehr muss er zurück an
       Seehofers nährenden Busen.
       
       ## Auf zum Bauernschwoof
       
       Nach ein paar Anrufen in der Staatskanzlei steht der Gig beim Gillamooser
       Bauernschwoof. Konservativ geschätzt rund 21 Milliarden Menschen schauen
       sich Guttenbergs Wiederauferstehung live und in Farbe an, während Martin
       Schulz auf der Kleinkunstbühne vor einer Handvoll Ungläubiger predigen
       muss. Guttenberg hat mehr Zuspruch erwartet – oder zumindest kniefällige
       Verehrung.
       
       Aber immerhin steht er wieder im Namen der CSU auf der Bühne, den oberen
       Knopf vom Hemd geöffnet wie jemand, der um drei Uhr morgens nach einer
       größeren Menge Doppelkorn noch eine schnelle Liebschaft sucht, aber
       eigentlich schon längst alle Hoffnung aufgegeben hat. Doch verletzte
       Raubtiere sind oft die gefährlichsten und so verteilt KT ordentlich
       Backenfutter.
       
       Schon in seiner Kulmbacher Rede hatte er Trump als Doofi tituliert und Kim
       Jong Un gefatshamed. Die Menge johlt, als hätte Obama ihnen allen die
       Bro-Fist in eine bessere Welt offeriert. Kein Zweifel, der Plagiator sitzt
       wieder im Cockpit und hat ordentlich Lachwasser getankt. Ob Mittermeier da
       beim Gagschreiben über die Schulter geschaut wurde? Oder wurde gar Fips
       Asmussen gefleddert?
       
       Am Ende müssen sich Fans wie Haarwachsfabrikanten einen Dämpfer verpassen
       lassen. Während der Bundestagswahl wird Guttenberg sich an der Ostküste
       erneut den Kopf scheren lassen – doch die Klappe halten wird der Copy-Fürst
       sicher nicht. „Jetzt ist auch mal irgendwann gut“, sagt er selber.
       
       Bleibt nur zu hoffen, dass nicht bald schon wieder ein Zapfenstreich
       ansteht. Niemand möchte noch einmal miterleben müssen, wie sich die
       Bundeswehrkapelle bei „Smoke on the Water“ Knoten in Finger spielt. Plagiat
       hin oder her, aber manche Dinge verzeiht man nie.
       
       6 Sep 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Felix Bartsch
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Karl Theodor zu Guttenberg
 (DIR) CSU
 (DIR) Comeback
 (DIR) Katholische Kirche
 (DIR) Fitnessstudio
 (DIR) Massentourismus
 (DIR) Online-Journalismus
 (DIR) Wahlkampf
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Die Wahrheit: Unheiliger Bimbam
       
       In Lübeck punktet die „Fresh-Prince-of-Bel-Air-Gedächtniskirche zum
       Fegefeuer“ mit allerlei Zeitgenössischem bei jungen Christen.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Der letzte Kampf der Pumper
       
       Es ist Januar. Der Winterspeck muss weg. Doch ein kleines Fitnessstudio in
       Norddeutschland leistet erbitterten Widerstand.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Curry mit ohne Wurst
       
       Hauptsache, Urlaub: Eine investigative Doppelreportage aus Goa und
       Mallorca, aus dem Herzen und dem Arsch des Tourismus.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Ködern um den Titel
       
       Sogar im Clickbaiting gibt es nun deutsche Meisterschaften der
       Online-Koberer. Eine Reportage aus den Abgründen des Klickjournalismus.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Ballistol statt Goldkrone
       
       Vor der Bundestagswahl lohnt ein Blick in den politischen
       Backstage-Bereich. Jeder Partei-Protagonist hat seinen persönlichen
       Tour-Rider.