# taz.de -- Flucht aus Birma: Humanitäre Krise weitet sich aus
       
       > Weiterhin fliehen tausende Rohingya in Birma vor der Vergeltung des
       > Militärs. 250.000 Menschen sind von der Nahrungsmittelzufuhr
       > abgeschnitten.
       
 (IMG) Bild: Auf Bangladeschs Seite an der Grenze zu Birma: Ein Rohingya-Kind wird in Sicherheit gebracht
       
       Bangkok taz | Der Norden von Birmas Teilstaat Rakhine wird immer mehr zum
       Katastrophengebiet. Nachdem Aufständische der muslimischen Rohingya, einer
       in Birma seit Jahrzehnten unterdrückten staatenlosen Minderheit, über 20
       Polizeiposten angriffen, hat Birmas Militär eine radikale
       Sicherheitsoperation gestartet.
       
       Seitdem suchen Zehntausende Rohingya, von denen viele nichts von den
       Aufständischen wissen, im benachbarten Bangladesch Zuflucht. Es gibt bisher
       fast 400 Tote. Laut Satellitenbildern, die Human Rights Watch ausgewertet
       hat, gibt es ein besorgniserregendes Ausmaß an Brandstiftungen. Aus
       Sicherheitsgründen stellten inzwischen manche Hilfsorganisationen ihre
       Arbeit ein. Dem World Food Program (WFP) zufolge sind 250.000 Menschen seit
       dem Wochenende von Nahrungsmittelzufuhr abgeschnitten.
       
       Nach einer Eskalation der Gewalt zwischen Muslimen und Buddhisten in
       Rakhine, bei der 2012 rund 200 Menschen zu Tode kamen, verloren mehr als
       100.000 Menschen ihr Zuhause und leben seitdem in Camps. „Diesen Menschen
       bekommen aus einem sehr guten Grund humanitäre Hilfe. Sie hängen davon ab“,
       sagte Pierre Peron, Sprecher des UN-Amtes für die Koordinierung humanitärer
       Angelegenheiten (Unocha).
       
       Internationale Hilfsorganisationen in Rakhine waren in den vergangenen
       Jahren regelmäßig dem Vorwurf ausgesetzt, sich mehr für die muslimische als
       die buddhistische Bevölkerung einzusetzen. 2014 wurde die Organisation
       Ärzte ohne Grenzen deshalb für mehrere Monate ausgewiesen.
       
       Misstrauen flammte jetzt auch auf, nachdem in einem Lager von
       Aufständischen Kekspackungen des WFP gefunden wurden. Auch seien mithilfe
       von Düngern und Rohren aus dem Lager von Hilfsorganisationen improvisierte
       Sprengsätze hergestellt worden, lautete ein Vorwurf. Vor Diplomaten und
       Medienvertretern gab das Militär bekannt, es werde Vorwürfen nachgegangen,
       Mitarbeiter internationaler Hilfsorganisationen hätten Aufständische bei
       der Belagerung eines Dorfes unterstützt.
       
       Fast 400 Menschen, darunter laut Militär 370 Aufständische, sind bisher bei
       den Unruhen getötet worden. Hilfsorganisationen gehen davon aus, dass über
       70.000 Rohingya versucht haben, über die Grenze zu fliehen. Damit haben die
       Unruhen für die staatenlose Minderheit die tragischsten Ausmaße seit
       Jahrzehnten angenommen. Menschenrechtsgruppen fürchten, das Militär könnte
       die Sicherheitsoperation nutzen, um die ungeliebten Rohingya aus Birma zu
       vertreiben.
       
       Obwohl sie seit Generationen in Rakhine leben, werden Rohingya in Birma
       als illegale Einwanderer aus Bangladesch angesehen. Laut den dortigen
       Behörden ertranken vergangene Woche 53 Rohingya auf der Flucht im
       Grenzfluss Naf. Das überbevölkerte Bangladesch beherbergt bereits eine
       halbe Million Rohingya-Flüchtlinge, die seit den 90er Jahren aus Birma
       fliehen, und will nicht noch mehr aufnehmen.
       
       Die Terrororganisation al-Qaida in Jemen rief zur Unterstützung der
       Rohingya zu Anschlägen in Birma auf. Die Aufständischen der Arakan Rohingya
       Salvation Army (Arsa) distanzieren sich von internationalen Terrorgruppen.
       Doch Birmas Regierung erklärte Arsa umgehend zu Terroristen.
       
       3 Sep 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Verena Hölzl
       
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