# taz.de -- Shitstorm gegen lachende SPD-Politikerin: Moralinsauer
       
       > Was soll das denn? Während Martin Schulz um die Terroropfer von Barcelona
       > trauert, lacht eine SPD- Abgeordnete – und das Netz rastet aus.
       
 (IMG) Bild: Merke: Recht hat immer, wer ernst bleibt und mit dem Finger auf andere zeigt
       
       Respektlos sei sie, „wohlgenährt fröhlich“ und wie „’ne Spastikerin auf
       LSD“. Diesen Twitter-Shitstorm erntete Bundestagsabgeordnete Eva Högl,
       nachdem im Netz ein kurzes Video mit ihr im Hintergrund auftauchte. Was war
       passiert?
       
       Die SPD-Frau, die in Berlin-Mitte das Direktmandat holen will, hatte Ende
       letzter Woche zusammen mit anderen Menschen ein Denkmal von [1][Marie
       Juchacz] eingeweiht. Jener Frau, die 1918 das Frauenwahlrecht erkämpft und
       später als erste Frau eine Rede im Reichstag gehalten hatte. Ein „extrem
       fröhlicher Anlass“, wie Högl findet.
       
       Der wegen des Terroranschlags in Barcelona dann doch nicht so fröhlich
       ausfiel. Bei dem Event wurde auf Musik verzichtet und eine Schweigeminute
       für die Opfer eingelegt. Aber: Während SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz
       vorn eine Rede hält und den Opfern und Angehörigen sein Mitgefühl
       ausdrückt, winkt im Hintergrund Högl jemandem zu, winkt ihn heran, lacht.
       Högl „macht Party“, kommentierte jemand auf Twitter.
       
       Zu diesem Zeitpunkt habe sie, schreibt Högl später auf ihrer Website, gar
       nicht gehört, worüber Schulz vorn sprach. Herangewunken habe sie den
       SPD-Innensenator, den sie im Publikum entdeckt hatte und der selbst noch
       reden sollte.
       
       ## Die Verrohung findet im Netz statt
       
       Ist das Party? Pietätlos? Oder einfach nur ein weiteres Zeichen der
       verbalen Verrohung im Netz? Während man sich bislang für Worte, die man
       sagte, und für Gesten, die man brachte, rechtfertigen musste – irgendjemand
       findet immer, etwas sei unpassend gewesen -, wird man jetzt auch für etwas
       gedisst, das man nicht gesagt hat.
       
       Nun kann man darüber streiten, ob es angebracht ist, bei einer öffentlichen
       Veranstaltung unmittelbar nach einem Terrorakt auf alles Lebensbejahende zu
       verzichten und in eine Art Schockstarre zu verfallen, um öffentlich
       Mitgefühl auszudrücken. Und einfach, weil man genau das gewohnt ist.
       Ketzerisch gefragt: Wäre das nicht verlogen und unauthentisch? Vermutlich
       hätte die Netzgemeinde das Schulz und Högl auch um die Ohren gehauen.
       
       Aus dem Video-Moment einen Högl-Gate zu machen, ist moralinsauer und
       suggeriert: Mir passiert so was nicht. Ach ja? JedeR kann mal in die
       Situation geraten, etwas nicht zu hören, was andere hören – und
       unangemessen zu agieren. Högl hat es aufgeklärt. Kommt mal alle wieder
       runter.
       
       21 Aug 2017
       
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