# taz.de -- Chinas Einfluss auf Nordkorea: Pekings gefährliches Doppelspiel
       
       > China ist bereit, die Sanktionen gegen Nordkorea voll zu unterstützen.
       > Was Pjöngjang aber wirklich wehtun würde, wäre ein Einfuhrstopp von Öl.
       
 (IMG) Bild: Die Kriegsgefahr durch Nordkorea ist real, auch wenn bisher nur Militärparaden und Raketentests abgehalten werden
       
       Peking taz | Endlich. Nach wochenlangen Verhandlungen mit den USA hat China
       im UN-Sicherheitsrat nicht nur den bisher schärfsten Sanktionen gegen das
       [1][aufmüpfige Nordkorea] zugestimmt. Nach den jüngsten Hasstiraden des
       nordkoreanischen Diktators Kim Jong-Un, der nun konkret mit einem Angriff
       auf die US-Pazifik-Insel Guam droht, hat Chinas Außenminister Wang Yi nun
       erneut versprochen, die Sanktionen tatsächlich umzusetzen.
       
       Das versteht sich eigentlich von selbst, ist aber in der Vergangenheit
       nicht so gewesen. Peking hatte schon häufig schärferen Maßnahmen gegen
       Pjöngjang zugestimmt, an die sich chinesische Händler und Zollbeamte an der
       Grenze zu Nordkorea dann aber doch nicht gehalten haben. 91 Prozent des
       gesamten Außenhandels bestreitet Nordkorea nach wie vor mit China.
       
       Dieses Mal klingt es so, als ob Peking es Ernst meint und die Ausfuhr von
       Kohle, Eisenerz, Blei und Meeresfrüchten nach Nordkorea tatsächlich stoppen
       wird. Die neuen Sanktionen verbieten zudem Joint Ventures und die
       Einstellung von staatlichen Billigarbeitern aus dem Stalinistenstaat. Auch
       daran wird sich Peking halten. Und doch dürften auch diese Maßnahmen den
       nordkoreanischen Diktator Kim Yong-Un nicht davon abhalten, sein Raketen-
       und Atomwaffenprogramm fortzuführen.
       
       Zum einen ist die Wirkung solcher Sanktionen im Allgemeinen fraglich. Sie
       treffen die Bevölkerung, die jedoch kaum imstande sein wird, unter diesen
       totalitären Umständen gegen das eigene Regime aufzubegehren. Die Sanktionen
       werden allenfalls Kims Dollar-Reserven schrumpfen lassen – was er aber
       verschmerzen dürfte.
       
       ## Richtungswechsel Pekings ist keiner
       
       Unter Berufung auf eine geheime Analyse des US-Militärdienstes (DIA)
       berichtet die Washington Post, [2][dass Pjöngjang inzwischen einen atomaren
       Sprengkopf entwickelt habe], der klein genug für seine
       Interkontinentalraketen sei. Das würde bedeuten, dass Kims Regime kurz
       davor ist, seine bereits getesteten Interkontinentalraketen atomar zu
       bestücken – der letzte noch fehlende Schritt zum Aufstieg zur Atommacht.
       Das wird sich der Diktator nicht nehmen lassen.
       
       Zum anderen – und das wiegt sehr viel schwerer: Der von US-Präsident Donald
       Trump viel beschworene Richtungswechsel Pekings ist in Wirklichkeit
       weiterhin keiner. Wirklich weh getan hätten dem nordkoreanischen Regime der
       Einfuhrstopp von Öl. Denn ohne diesen Treibstoff kann Kim weder seine
       Flugzeuge noch seine Panzer einsetzen.
       
       Doch das lehnt China ab. Peking argumentiert mit humanitären Erwägungen,
       was aber nur für einen Nahrungsmittelstopp zutreffen würde. In Wahrheit
       will Peking auch weiter keinen Kollaps des Kim-Regimes provozieren, mit
       allen damit verbundenen Unwägbarkeiten eines womöglich US-freundlichen
       Regimewechsels.
       
       Auch wenn Trump die jüngsten Sanktionen des UN-Sicherheitsrats als Erfolg
       verkauft – eine Kriegsgefahr ist mehr gegeben denn je. Spätestens beim
       nächsten Abschuss einer Langstreckenrakete oder gar einem Atomwaffentest
       wird auch er bemerkt haben, dass die jüngsten Sanktionen ihre Wirkung
       verfehlen. [3][Politisch] wird er es sich nicht leisten können, noch einmal
       den UN-Sicherheitsrat anzurufen. Seinen martialischen Drohungen vom
       Dienstag, mit „Feuer und Wut“ auf weitere Provokationen zu reagieren,
       müsste er Taten folgen lassen.
       
       ## Sieger wird es auf keiner Seite geben
       
       Doch auch Peking hat sich in ein gefährliches Doppelspiel verheddert. China
       will einerseits Nordkorea als Pufferstaat erhalten, um die USA auf Abstand
       zu halten. Andererseits missfällt der chinesischen Führung die atomare
       Bewaffung des inzwischen völlig unberechenbaren Nachbarns. Zusammengenommen
       führt diese Haltung zu der äußerst wirren Politik, dass Peking nur dann
       Stellung gegen Nordkorea bezieht, wenn Pjöngjang mal wieder eine Rakete
       oder eine unterirdische Atombombe gezündet hat. Ansonsten hält sich Peking
       mit Kritik an Pjöngjang zurück und gibt den USA die Schuld an weiteren
       Eskalationen. Glaubwürdig macht sich China auf diese Weise auf keiner
       Seite.
       
       Ein immer martialischer auftretender Trump und immer weiter reichende
       nordkoreanische Raketen erhöhen das Risiko für die chinesische Führung,
       schon bald einen dramatischen Konflikt vor der Haustür austragen zu müssen.
       Sieger wird es bei einem Krieg auf keiner Seite geben. Peking ist aber
       jetzt schon der große Verlierer.
       
       9 Aug 2017
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) [2] https://www.washingtonpost.com/world/national-security/north-korea-now-making-missile-ready-nuclear-weapons-us-analysts-say/2017/08/08/e14b882a-7b6b-11e7-9d08-b79f191668ed_story.html?utm_term=.d30d2d5817ea
 (DIR) [3] /!5429595/
       
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