# taz.de -- Energieexperte über Ende Gelände: „Einige tausend Tonnen CO2 weniger“
       
       > Die Kraftwerksblockade im Rheinland hat die Stromversorgung nicht
       > gefährdet, sagt Volker Quaschning. Aber einen Effekt hatte sie.
       
 (IMG) Bild: Braunkohle-Gegner blockieren am Samstag die Strecke, auf der die Kohle-Transporte fahren
       
       taz: Herr Quaschning, Kohlekraftgegner [1][haben am Wochenende im Rheinland
       Versorgungsgleise der RWE-Kohlekraftwerke blockiert]. Der Betreiber musste
       deshalb den Betrieb von vier Blöcken des Kraftwerks Neurath vorübergehend
       um 37 Prozent drosseln. Was bedeutet das? 
       
       Volker Quaschnig: Neurath ist eines der größten Braunkohlekraftwerke in
       Deutschland. Von den rund 250.000 Tonnen Braunkohle, die jeden Tag im
       Rheinland verstromt werden, entfallen etwa 90.000 Tonnen auf die sieben
       Kraftwerksblöcke in Neurath. Dort entstehen rund 4 Prozent aller deutschen
       Treibhausgasemissionen. Das gesamte Kraftwerk stößt 32 Millionen Tonnen CO2
       pro Jahr aus, über 3.600 Tonnen pro Stunde. Durch die Drosselung wurden
       also einige tausend Tonnen des Klimagases vermieden.
       
       Kann RWE nicht einfach in den nächsten Tagen mehr Kohle verstromen, um den
       Verlust wieder auszugleichen? 
       
       Nein. Braunkohlekraftwerke in Deutschland laufen oft auf Vollast. Die
       Leistung darüber hinaus zu erhöhen, um Produktionsdefizite wieder
       auszugleichen, ist kaum möglich. Wenn RWE geschickt gewesen wäre, hätten
       sie ohnehin fällige Wartungen in den Zeitraum der Proteste verlegt.
       
       Wenn eines der wichtigsten Kraftwerke im Land seinen Betrieb einschränken
       muss – gefährdet das die Stromversorgung? 
       
       Nein. Deutschland ist mit Strom überversorgt. Es produziert mehr, als im
       Land verbraucht wird – rechnerisch fast so viel, um ganz Österreich
       mitzuversorgen. Riesige Mengen gehen deshalb in den Export. Wenn
       Deutschland die Kohlekraftnutzung einschränkt, würde es erst mal seinen
       Export reduzieren.
       
       Die Kohlekraftgegner begründen ihre Aktionen neben dem Klimaschutz auch mit
       der Gesundheitsgefährdung durch die Kohlekraft. Dazu kursieren verschiedene
       Zahlen. Ist seriös bezifferbar, welche Auswirkungen die
       Braunkohleverstromung hat? 
       
       Ja. Es gibt dazu unter anderem eine Studie der Universität Stuttgart.
       Grundsätzlich werden für diese Frage ähnliche Berechnungen angestellt wie
       bei der Diskussion um den Stickstoffausstoß von Dieselautos. Danach führen
       die Schadstoffemissionen deutscher Kohlekraftwerke jedes Jahr zum
       vorzeitigen Tod von über 3.000 Menschen.
       
       Deutschland hat dem Pariser Klimaabkommen zugestimmt. RWE will im Rheinland
       bis 2045 weiterbaggern. Ist eine so lange Nutzung der Kohlekraft mit den
       Klimaschutzzielen irgendwie vereinbar? 
       
       Nein, das ist totaler Unsinn. Das Klimaschutzabkommen sieht vor, die
       Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen. Die Menge an CO2, die
       noch in die Atmosphäre gleitet werden könnte, bevor dieser Wert
       überschritten ist, ist zwischen 2030 und 2040 erreicht. Es ist
       offensichtlich, dass man dann nicht bis 2045 weiterbaggern kann. Ein
       kompletter Ausstieg in der Zeit bis zum Jahr 2025 wäre in Deutschland
       technisch erreichbar. Ein Ende im Jahr 2030 wäre der absolut späteste
       Zeitpunkt, wenn man die Klimaschutzziele erreichen will. Dazu gehört auch
       ein forcierter Ausbau der Wind- und Solarenergienutzung, der jetzt
       weitergehen muss. Dem steht die Braunkohleverstromung im Weg.
       
       28 Aug 2017
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Klimaprotest-Ende-Gelaende/!5442348
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Jakob
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Ende Gelände!
 (DIR) Braunkohle
 (DIR) RWE
 (DIR) Schwerpunkt Ende Gelände!
 (DIR) Umweltschutz
 (DIR) Schwerpunkt Ende Gelände!
 (DIR) Braunkohle
 (DIR) Schwerpunkt Ende Gelände!
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Schwerpunkt Ende Gelände!
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Ende-Gelände-Aktivistin über die Zukunft: „2040 haben wir das Klima verheizt“
       
       Weil sich die Bilder von Tagebaubesetzungen langsam abnutzen, diskutieren
       die Aktivisten von „Ende Gelände“ neue Aktionsformen. Ein Gegner ist die
       Autoindustrie.
       
 (DIR) Protest bei Klimagipfel in Bonn: Kohlegegner ohne Camp
       
       Während des Klimagipfels in Bonn wird gegen Kohle demonstriert. Doch ein
       Protestcamp gibt es höchstwahrscheinlich nicht.
       
 (DIR) Ziviler Ungehorsam bei Ende Gelände: Kein Abdruck von diesem Finger
       
       Die Strafverfolgung der Braunkohle-Blockierer vom Wochenende wird
       schwierig. Die AktivistInnen hielten massenhaft ihre Identität geheim.
       
 (DIR) Polizeipräsident über Ende Gelände: „Ziviler Ungehorsam klingt harmlos“
       
       Polizeigewalt gegen friedliche AktivistInnen beim Klimaprotest? Die hat er
       nicht gesehen, sagt Aachens Polizeichef Dirk Weinspach.
       
 (DIR) Kommentar Klimaprotest „Ende Gelände“: Die Politik braucht den Druck
       
       Die Proteste im rheinischen Revier waren ein wichtiges Signal. Sie erinnern
       im Wahlkampf daran, dass der Ausstieg auf die Tagesordnung gehört.
       
 (DIR) Klimaprotest „Ende Gelände“: Symbolische Störungen
       
       Am zweiten Tag der Proteste unterbrechen mehrere Blockaden zeitweise
       Zufahrtswege zu Kraftwerken im rheinischen Revier.
       
 (DIR) Klimaprotest „Ende Gelände“: Rote Linie gegen Kohle
       
       Vor den Baggern des Braunkohleverstromers RWE protestieren 3.000 Menschen.
       Der Konzern bedrohe nicht nur das Klima, sondern ganze Landstriche.