# taz.de -- Antifeminismus-Liste der Böll-Stiftung: Agent*in „vorübergehend offline“
       
       > Das von der Böll-Stiftung unterstützte Lexikon zum Thema Antifeminismus
       > hat breite Kritik hervorgerufen. Nun wird es überarbeitet.
       
 (IMG) Bild: Halle Berry als Agentin in „James Bond 007 – Stirb an einem anderen Tag“
       
       Berlin taz | Das umstrittene Online-Lexikon zum Thema Antifeminismus
       „Agent*in“ wird überarbeitet. „Die Agent*in geht vorübergehend offline“,
       heißt es in einer Erklärung des Redaktionsteams. Aber: „Wir kommen wieder“.
       Die Plattform, von unabhängigen Expert*innen zum Thema geschrieben und von
       der Heinrich-Böll-Stiftung unterstützt, war in die Kritik geraten, weil sie
       neben Artikeln über die Netzwerkstrukturen antifeministischer Strömungen
       wie radikalen „Lebensschützern“ oder der AfD oder frauenfeindlich
       agierenden „Männerrechtlern“ auch eine Suchfunktion zu Personen, die in
       diesen Netzwerken aktiv sind oder deren Positionen vertreten, anbot.
       
       Dort finden sich etwa Götz Kubitschek, Birgit Kelle, Frauke Petry, Matthias
       Matussek und Gabriele Kuby. Diese Personensuche wurde von
       Antifeminist*innen als „Pranger“ bezeichnet, die Methodik wahlweise als
       Stasi- oder Nazi-Methode, Morddrohungen gegen die Autor*innen mitsamt
       veröffentlichten Adressen gingen ein. Der (rechts-)liberale Henryk M.
       Broder sah eine „Massendenunziation“ in dem Werk. Es ist allerdings bisher
       kein autoritäres Regime bekannt, das Interesse an diesen Informationen
       angemeldet hätte.
       
       Aber auch das liberale Spektrum und viele Feminist*innen zeigten sich
       skeptisch gegenüber der Kategorisierung der Personen als
       Antifeminist*innen. Thomas Assheuer erinnerte daran, dass auch Heinrich
       Böll mal auf einer Liste der RAF Sympathisanten gestanden habe. Autorin
       Magarete Stokowski [1][schrieb auf Spiegel Online]: „Es ist nicht gut,
       Listen von Menschen nach politischer Gesinnung anzulegen“. Andere
       Autor*innen [2][etwa von Süddeutsche.de] beschlich ein „mulmiges Gefühl“
       [3][und auch die taz-Autorin meinte] „solche Listen zu erstellen ist sonst
       eher von Rechten bekannt“.
       
       Vergeblich wandte das Redaktionsteam ein, dass es nicht um eine „Liste“
       gehe, sondern um Vernetzungen. Dass es auch keine „grüne Liste“ sei, wie
       Assheuer meinte, sondern ein unabhängiges Projekt, das von der Stiftung
       unterstützt wurde. Und dass die Positionen der aufgeführten Menschen
       veröffentlicht und belegbar seien – das ungute Gefühl der Kritiker*innen
       blieb.
       
       ## Ein Wiki wie Lobbypedia
       
       Was ist nun falsch gelaufen? Das möchte sich das Redaktionsteam nun in Ruhe
       ansehen und einiges überarbeiten. Andreas Kemper, Soziologe, Autor und
       Experte für Antifeminismus ist Teil des Redaktionsteams und findet nach wie
       vor, dass das „Wiki“ eine gute Form für diese Art der Aufklärung sei: „Ich
       habe mehrere Bücher über Antifeminismus geschrieben, die bald nach ihrem
       Erscheinen schon teilweise veraltet waren, weil die Szene sich ständig
       verändert,“ erklärt er der taz. „Mit einem Wiki können wir schnell
       reagieren – übrigens auch wenn jemand seine Meinung ändert oder uns
       erklärt, warum er nicht in das Wiki gehört.“
       
       Er verweist auf das Projekt „Lobbypedia“, in dem selbstverständlich auch
       nach Personen gesucht werden kann, die versuchen, Einfluss auf die Politik
       zu erlangen. Dem Vorwurf der teilweisen Willkür der Auswahl überlege man,
       einen Redaktionsbeirat entgegen zu setzen.
       
       Die Frage, warum Wikipedia nicht einfach ausreiche, um sich über
       Antifeminismus zu informieren, beantwortet sich allerdings quasi von
       allein: Unter dem Stichwort Antifeminismus findet man eine Bewegung aus dem
       Kaiserreich – die Geschichte des Antifeminismus endet hier mit den
       Nationalsozialisten.
       
       Kemper selbst hatte 2007 versucht, eine Kategorie dieses Namens anzulegen,
       die wurde aber sofort wieder gelöscht. „Wikipedia ist ein Männerprojekt“,
       sagt Kemper, und unter deren Autor*innen fühlen sich auch
       Antifeminist*innen recht wohl. Wollten Feministinnen einen Eintrag
       schreiben oder verändern, werde dies postwendend wieder gelöscht, sagt
       Kemper.
       
       ## Die Wirkung auf die breite Öffentlichkeit nicht bedacht
       
       Das Redaktionsteam habe eventuell die Wirkung auf die breite Öffentlichkeit
       nicht bedacht, die nicht verstehe, was hinter Beschreibungen wie
       „heteronormativ“ oder „familistisch“ stecke, heißt es von seiten eines
       anderen Experten. Anstatt dann auf die Erklärung zu klicken, die bei diesen
       Worten hinterlegt seien, hätten so manche Menschen offenbar einfach nur
       gedacht, wer nichts gegen Heterosexualität oder Familien habe, könne nun
       schon auf Listen landen.
       
       In der Erklärung des Teams [4][heißt es nun]: „Bedauerlicherweise hat die
       gewählte Form die gesellschaftspolitische Auseinandersetzung zu
       Antifeminismus überlagert. Deshalb werden wir die Seite erweitern und
       überarbeiten. Wir werden sie verständlicher und vielfältiger machen.“
       
       4 Aug 2017
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/heinrich-boell-stiftung-bringt-antifeminismus-kritisches-online-lexikon-heraus-a-1160840.html
 (DIR) [2] http://www.sueddeutsche.de/kultur/aktivisten-wiki-die-gruene-liste-1.3605661
 (DIR) [3] /Antifeminismus-Liste-der-Boell-Stiftung/!5437374
 (DIR) [4] http://agentin.org
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Heide Oestreich
       
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