# taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Der Frauenfußball muss nicht werben
       
       > Bei der Frauenfußball-EM in den Niederlanden beklagten Reporter, dass es
       > keine spektakulären Szenen gibt. Doch das ist ein gutes Zeichen.
       
 (IMG) Bild: Die neue Bundestrainerin Steffi Jones hat ihr Amt angetreten mit dem Versprechen, attraktiveren Fußball zu spielen
       
       Der geläufigste aller lobpreisenden Reportersprüche, wenn Frauen Fußball
       spielen, ist bei dieser EM in den Niederlanden kaum zu hören gewesen: „Das
       war Werbung für den Frauenfußball.“ Viele halten das für ein schlechtes
       Zeichen. Schließlich war das ja wirklich schwer konsumierbare Kost. Etliche
       Spiele der Vorrunde zogen sich mit dem zähen und oft vergeblichen Warten
       auf spektakuläre Szenen lange hin.
       
       Es ist aber dennoch ein gutes Zeichen. Denn unter Werbung für den
       Frauenfußball verstand man bislang Despektierliches. Das Aufeinandertreffen
       mit offenem Visier, ohne taktische Winkelzüge inklusive einer exponentiell
       hohen Fehlerquote. Strafraumszenen im Minutentakt und spätestens alle
       zwanzig Minuten ein Tor. So haben die Deutschen bei früheren
       Europameisterschaften im Unterschied zur aktuellen Russland (5:0) oder
       Italien (4:0) mühelos auseinandergenommen.
       
       In der Vergangenheit dominierten die Deutschen, und die meisten ihrer
       Gegnerinnen dilettierten. Ihnen versprangen die Bälle, sie verteidigten
       ohne System und Ordnung, und sie liefen irgendwann immer langsamer. Solange
       die Deutschen jedoch gewannen, hieß es stets: „Das war Werbung für den
       Frauenfußball.“ Die Mischung aus Kompetenz und Inkompetenz wurde zur
       Attraktion verklärt. Das Lob war ohnehin offenkundig vergiftet. Warum
       sollte der Frauenfußball überhaupt für sich werben müssen? Dem
       Männerfußball attestiert man schließlich auch nie, Werbung für sich zu
       machen.
       
       Diese eigenartigen Lobhudler redeten auch immer der Professionalisierung
       des Frauenfußballs das Wort. Jetzt aber, da bei dieser EM in den
       Niederlanden die vermeintlich kleinen Nationen wie Österreich, Italien und
       die Schweiz mit ihrem taktisch geschulten und professionalisierten
       Defensivverhalten den großen Favoriten wie Deutschland und Frankreich das
       Leben schwer machen, mag keiner mehr von der Werbung für den Frauenfußball
       sprechen.
       
       Dem Fortschritt der Organisation auf dem Spielfeld ist es geschuldet, dass
       sich selbst so unterschiedlich starke Teams wie Italien und Deutschland
       gegenseitig nahezu neutralisieren können. Schön anzusehen ist das nicht.
       Diese Entwicklung zeichnete sich schon bei den letzten EM und WM ab. Das
       immer noch dominante, aber wenig effektive deutsche Team musste deshalb
       viel Kritik einstecken. Auch das mag die neue Bundestrainerin Steffi Jones
       dazu bewogen haben, mit dem Versprechen, ihr Amt anzutreten, attraktiveren
       Fußball zu spielen. Die Aktiven haben längst den Glauben verinnerlicht, der
       Frauenfußball müsste sich begehrlich machen, weil er nicht wie der
       Männerfußball bedingungslos begehrt wird.
       
       Doch Jones hat schnell dazugelernt. Völlig schnuppe sei es ihr, erklärte
       sie jüngst, wenn ihr Team nur noch mit Elfmetern gewinnen würde.
       Hauptsache, gewinnen. Der Frauenfußball hat eine neue Entwicklungsstufe
       erreicht. Es wird Zeit brauchen, Strategien zu entwickeln und das
       individuelle Vermögen weiter zu verbessern, um die geschultere
       Defensivreihen der kleinen Nationen wieder in Verlegenheit bringen zu
       können.
       
       Nach dem Remis des österreichischen Teams gegen Frankreich dieser Tage
       erklärte dessen Sportdirektor Willi Ruttensteiner: „Mehr Werbung für den
       Frauenfußball kann man nicht machen.“ Manche finden aus den alten
       Denkmustern eben nicht heraus. Das war bislang bei der EM keine Werbung für
       den Frauenfußball. Und das ist gut so.
       
       29 Jul 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Johannes Kopp
       
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