# taz.de -- Nach dem G20-Gipfel in Hamburg: Härteres Vorgehen gegen Extremisten
       
       > Die Berliner Gewerkschaft der Polizei fordert ein „Bündnis gegen
       > Linksextremismus“. Politiker wollen mehr Kooperation bei der Bekämpfung
       > von Extremisten.
       
 (IMG) Bild: „Der Linksextremismus wurde zu lange verharmlost“, meint FDP-Chef Christian Lindner
       
       Hamburg/Berlin dpa/afp | In der Debatte um die schweren Krawalle rund um
       den G20-Gipfel in Hamburg hat die Berliner Gewerkschaft der Polizei ein
       „Bündnis gegen Linksextremismus“ gefordert. „Man muss ganz klar sagen, dass
       die Politik es in Deutschland bisher nicht geschafft hat, sich klar gegen
       Linksextremismus zu stellen“, sagte Sprecher Benjamin Jendro am
       Montagmorgen im Inforadio des RBB. Die Polizei könne den Kampf gegen
       linksextremistische und extremistische Gewalt im Allgemeinen nicht alleine
       gewinnen, so Jendro. „Wir müssen das als Gesellschaft tun.“
       
       Man habe in Berlin mit der Rigaer Straße schon seit Jahren Probleme, ohne
       dass es eine Lösung gebe, sagte Jendro weiter. „Man sieht bisher auch nicht
       wirklich den Willen des Senats, dort was zu tun.“
       
       Nach Angaben des Senats wurden beim G20-Gipfel 130 Berliner Beamte
       verletzt. Die hiesige Polizei hatte die Hamburger Kollegen mit sieben
       Hundertschaften unterstützt.
       
       Nach den Ausschreitungen am Rande des G20-Gipfels fordern Politiker eine
       schärfere Gangart gegen Linksextremisten in Deutschland. Der unter Druck
       stehende Regierungschef von Hamburg, Olaf Scholz (SPD), lehnte einen
       Rücktritt ab. Ihm wird vorgeworfen, die Gefahr von Gewalttaten vor dem
       Gipfel heruntergespielt zu haben.
       
       „Wir haben eine neue Qualität der Gewalt erlebt, auf die wir auch mit mehr
       Kooperation bei der Bekämpfung von Extremisten reagieren sollten“, erklärte
       Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) am Montag in Berlin. Man brauche in
       der EU einen besseren Austausch über extremistische Gewalttäter.
       
       ## Stärkere Grenzkontrollen
       
       Laut Maas ist ein hoher Anteil der gewaltbereiten Extremisten aus dem
       europäischen Ausland zum Gipfel angereist. „Die brutalen Krawalltouristen
       machen an keiner Grenze halt.“ Der SPD-Politiker forderte zudem ein
       schärferes Vorgehen gegen Unterstützer. „Auch wer gewaltbereite Extremisten
       unterstützt, muss sich fragen lassen, was er da eigentlich tut. Wer
       hemmungslose Gewalt unterstützt, wird sich ebenfalls vor Gericht
       verantworten müssen.“
       
       „Das jahrelange Wegschauen und Wegducken, falsche Liberalität gegenüber
       Rechtsbrechern, hat sich jetzt bitter gerächt in Hamburg“, sagte
       Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) der Stuttgarter
       Zeitung und den Stuttgarter Nachrichten. In Hamburg müsse man endlich auch
       auf der Schanze öffentliche Sicherheit durchsetzen. Im Schanzenviertel war
       es am Rande des Gipfels rund um das linke Zentrum Rote Flora zu
       Plünderungen und Gewalttaten gekommen.
       
       Innenstaatssekretär Günter Krings (CDU) mahnte in der Berliner Zeitung, der
       Hamburger Senat müsse „sehr schnell“ einen Plan vorlegen, „wie er den
       rechtsfreien und staatsverachtenden Sumpf in Teilen seiner Stadt
       trockenlegen will“. Der Innenausschuss-Vorsitzende Ansgar Heveling (CDU)
       forderte in der Mitteldeutschen Zeitung, in Rückzugsorten der
       Linksautonomen wie der Roten Flora und der Rigaer Straße in Berlin dürfe
       der Staat keine rechtsfreien Räume zulassen. Angesichts von Tätern aus ganz
       Europa müsse zudem an den Grenzen stärker kontrolliert werden. In der
       Rigaer Straße in Berlin kommt es auch immer wieder zu Gewalt sogenannter
       Autonomer.
       
       „Die Senate in Hamburg und Berlin dürfen auch nicht länger Hausbesetzungen
       durch die linksextremistische und autonome Szene und damit rechtsfreie
       Räume in der Roten Flora und der Rigaer Straße dulden“, sagte der
       innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan Mayer (CSU), der
       Rheinischen Post. Für sinnvoll halte er eine „europäische Extremistendatei
       für Linksradikale“. Auch Eva Högl, SPD-Fraktionsvize, forderte in dem Blatt
       eine europaweite Extremistendatei.
       
       FDP-Chef Christian Linder erklärte in der Bild-Zeitung: „Der
       Linksextremismus wurde zu lange verharmlost. (…) Mit Vulgärkritik am
       Kapitalismus bereitet man Linksextremen den Boden.“ In Hamburg regierten
       SPD und Grüne, in Berlin SPD, Linkspartei und Grüne. „Diese Parteien sind
       nun gefordert, die Politik der falschen Toleranz zu beenden.“
       
       ## 
       
       Olaf Scholz hält unterdessen an seinem Amt fest. Auf die Frage, ob er über
       einen Rücktritt nachdenke, sagte Hamburgs Regierungschef in der ARD-Sendung
       Anne Will: „Nein, das tue ich nicht.“ Hamburgs CDU-Opposition forderte
       Scholz' Rücktritt. Scholz kündigte an: „Die Straftäter, von denen wir nicht
       wenige identifiziert haben (…), die müssen hart verurteilt werden – und
       werden das auch. Wir haben sehr viel Beweismaterial gesammelt.“
       
       Das gewaltbereite linke Milieu müsse sich rechtfertigen, weil es
       Gewaltbereite aus anderen Ländern eingeladen habe. Kanzleramtschef Peter
       Altmaier (CDU) forderte bei Anne Will „ein klares Signal, dass wir solche
       Gewalt nicht dulden“. Auch die Schließung des Hamburger
       Linksautonomenzentrums Rote Flora „wird zu prüfen sein“, sagte Altmaier am
       Montag der Bild-Zeitung. Dort seien „Beweise für Straftaten in großer Menge
       festgestellt worden“.
       
       „Wir dürfen keine rechtsfreien Räume dulden“, sagte Altmaier. „Wo zu Gewalt
       aufgerufen wird, dürfen wir das nicht zulassen.“ Immer wieder werde „die
       Mär verbreitet“, Gewalt gegen Sachen sei nicht so schlimm. „Das ist ein
       schwerer, schwerer Fehler“, sagte Altmaier. Kürzungen bei Programmen gegen
       Linksextremismus sollten zurückgenommen werden.
       
       Zu den Rücktrittsforderungen an Scholz sagte Altmaier, er könne „keinen
       Grund erkennen, warum man den Hamburger Bürgermeister zum Rücktritt
       auffordern sollte“. „Wir müssen klarmachen, dass wir vor dieser Gewalt
       nicht weichen“, fügte der Kanzleramtschef im Bild-Talk „Die richtigen
       Fragen“ hinzu.
       
       ## „Maßlose Zerstörungswut“
       
       Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier besuchte am Sonntag ein
       Polizeirevier am Rande des Schanzenviertels, wo es die schlimmsten Krawalle
       gegeben hat. Er zeigte sich schockiert über die „maßlose Zerstörungswut“.
       Auch in der Nacht zu Sonntag brannten in dem Szeneviertel Barrikaden. In
       der Nacht davor war die Polizei mit Stahlkugeln beschossen und
       Molotowcocktails angegriffen worden. Sie setzte ihrerseits mit
       Maschinenpistolen bewaffnete Spezialeinheiten ein.
       
       Nach Angaben der Polizei gab es 37 Haftbefehle gegen Randalierer, 476
       Beamte seien verletzt worden. Insgesamt waren mehr als 20.000 Polizisten im
       Einsatz. Über verletzte Demonstranten gab es keine Angaben. Die größte
       Demonstration gegen den G20-Gipfel mit mehr als 50.000 Teilnehmern verlief
       am Samstag weitgehend friedlich.
       
       10 Jul 2017
       
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