# taz.de -- Urteil gegen Homo-Propaganda-Gesetz: Russland muss zahlen
       
       > Drei Aktivisten hatten gegen das russische Verbot sogenannter
       > Schwulen-Propaganda unter Jugendlichen geklagt. Der Europäische
       > Gerichtshof gibt ihnen Recht.
       
 (IMG) Bild: Berliner Demo gegen Homophobie in Russland im April 2017
       
       Straßburg epd | Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat
       die russischen Gesetze gegen sogenannte [1][Schwulen-Propaganda] unter
       Minderjährigen als Verletzungen der Europäischen Menschenrechtskonvention
       verurteilt. Das Straßburger Gericht, dem Russland wie fast alle übrigen
       europäischen Länder unterworfen ist, gab in einem Urteil vom Dienstag drei
       Homosexuellen-Aktivisten Recht.
       
       Für die Verletzung ihrer Rechte auf Meinungsfreiheit und auf Schutz vor
       Diskriminierung muss Moskau ihnen 8.000 Euro, 15.000 Euro und 20.000 Euro
       zahlen, hinzu kommen Auslagen. Das Urteil wurde mit sechs zu eins Stimmen
       gefällt, die Gegenstimme kam von einem russischen Richter am EGMR – (AZ:
       67667/09, 44092/12 und 56717/12).
       
       Russland hatte zwischen 2003 und 2013 erst regional und dann landesweit
       Gesetze eingeführt, die die sogenannte Propaganda für Homosexualität
       gegenüber Minderjährigen verbieten, erläuterte der EGMR. Die drei
       Aktivisten demonstrierten dagegen unter anderem mit Plakaten vor einer
       [2][Schule]. Sie wurden mit Geldbußen bestraft. Das russische
       Verfassungsgericht wies ihre Klagen zurück. Es machte dabei insbesondere
       geltend, dass es gefährlich sei, „einen verzerrten Eindruck von der
       sozialen Gleichrangigkeit traditioneller und nicht-traditioneller
       Partnerschaften zu erzeugen“, wie der EGMR rekapitulierte.
       
       Der daraufhin angerufene EGMR wies alle wichtigen Argumente der russischen
       Regierung zurück. Zwar dürfe die Meinungsfreiheit zum Zweck der Moral
       tatsächlich eingeschränkt werden. Es sei aber nicht zu sehen, wie
       Meinungsbekundungen zugunsten von Homosexualität „traditionelle Familien“
       entwerteten. Umgekehrt verkörperten die russischen Gesetze jedoch
       Vorurteile gegen sexuelle Minderheiten. Es gebe aber mittlerweile einen
       „klaren europäischen Konsens“, dass jeder Mensch sich offen zu seiner
       sexuelle Orientierung bekennen dürfe, urteilte das Straßburger Gericht.
       
       Moskau hatte vor dem EGMR ferner den Schutz der Gesundheit ins Spiel
       gebracht. Hierzu befanden die Richter, dass die Verbreitung von Wissen über
       sexuelle Themen ihn eher fördere. Und schließlich ging es um den Schutz
       Minderjähriger. Moskau brachte dem EGMR zufolge vor, dass Jugendliche durch
       die fraglichen Aktivitäten sozusagen zur Homosexualität bekehrt werden
       könnten.
       
       Der EGMR fand, dass eine solche Bekehrung erstens kaum nachzuvollziehen
       sei. Darüber hinaus hätten die Aktivisten die Jugendlichen nicht aggressiv
       oder sexuell explizit angesprochen. Sie hätten sie stattdessen sachlich mit
       Ideen von Vielfalt und Toleranz konfrontiert – und dies könne dem sozialen
       Zusammenhalt nur dienlich sein.
       
       20 Jun 2017
       
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