# taz.de -- Kommentar Nordkorea und toter Tourist: Grausame Realitätsverdrehung
       
       > Was wirklich mit Otto Warmbier in nordkoreanischer Haft passiert ist,
       > bleibt unklar. Der Umgang mit ihm muss in jedem Fall brutal gewesen sein.
       
 (IMG) Bild: Otto Warmbier auf einem Bild, dass Nordkorea im März 2016 veröffentlichte
       
       Selbst für erfahrene Nordkorea-Beobachter ist der [1][grausame Todesfall
       des US-Amerikaners Otto Warmbier] eine Überraschung. Es ist gemeinhin
       bekannt, dass das Kim-Regime seine eigenen Dissidenten in einer Weise
       behandelt, die an die dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte erinnert.
       Doch westliche Gefangene, vor allem US-Bürger, wurden in der Vergangenheit
       nicht angerührt. Das nordkoreanische Regime hat sie vornehmlich als
       Druckmittel missbraucht.
       
       Umso schockierender ist nun, was Otto Warmbier in seiner Haft passiert sein
       muss. Laut nordkoreanischen Behörden soll er an Botulismus – einer
       lebensbedrohlichen Fleischvergiftung – erkrankt und nach Einnahme einer
       Schlaftablette ins Wachkoma gefallen sein. Seine Eltern glauben jedoch,
       dass ihr Sohn von Wächtern misshandelt wurde.
       
       Die Ärzte des Uniklinikums Cincinnati wollen sich bei den Ursachen der
       letztlich zum Tode führenden Hirnschäden bislang nicht festlegen. Doch
       allein schon, dass das Regime den Studenten Warmbier nach seinem Koma noch
       über ein Jahr gefangen hielt, beweist seine Brutalität.
       
       Die Verurteilungen aus Washington fielen zwar durchaus drastisch aus, doch
       der politische Handlungsspielraum ist begrenzt: Schärfere Sanktionen würde
       China nur bedingt mittragen und einen militärischen Erstschlag wird Trump
       nicht riskieren. Zumal noch weitere Amerikaner in Haft sitzen.
       
       Den Zynismus der nordkoreanische Propaganda zeigt ein Vorfall nur wenige
       Stunden nach Otto Warmbiers Tod: Drei nordkoreanische Staatsbürger hatten
       nachweislich mit einem Shoppingtrip in Arizona das Gesetz gebrochen. Es kam
       am New Yorker Flughafen zu Handgreiflichkeiten mit den US-Zollbeamten. Die
       staatliche Nachrichtenagentur verurteilte die USA „als rechtlosen
       Schurkenstaat“, obwohl die Beschuldigten nach den Zollkontrollen gehen
       durften. Mehr absurde Realitätsverdrehung geht nicht.
       
       20 Jun 2017
       
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