# taz.de -- Krisenstimmung um Angelique Kerber: Hochbetrieb für Headhunter
       
       > Nach dem frühen Aus für die Weltranglistenerste bei den French Open wird
       > nach einer neuen Trainerin gefahndet. Sogar ein Altstar war im Gespräch.
       
 (IMG) Bild: Zum Verzweifeln: Kerber gelingt beim 2:6, 2:6 gegen die Russin Jekaterina Makarowa fast nichts
       
       Es ist nur ein kurzes Rendezvous mit dem großen Tennis, mit der Welt, in
       der sie einst lebte – einmal im Jahr. Dann reist Steffi Graf zu den French
       Open nach Paris. Es ist ein Sponsorentermin, bei dem sie die Sieger eines
       Talentwettbewerbs ehrt und manchmal auch ein paar Worte zur Lage des Tennis
       spricht. Sie schaut auch bei einigen Ballwechseln auf dem Centre Court zu,
       aber es ist ihr anzumerken, dass sie sich nicht so recht wohlfühlt, wenn
       plötzlich wieder die Kameras auf sie gerichtet sind, wenn die
       Fotografenmeute das Spiel vergisst und sie, Steffi Graf, ins Visier nimmt.
       
       Auch in diesem Jahr wird Steffi Graf wieder nach Paris kommen, am Ende der
       ersten Woche. Aber sie ist jetzt schon im Gespräch, ihr Name zirkuliert
       wieder einmal in den sogenannten Tenniskreisen, in den Expertenzirkeln. Als
       sich am Sonntagnachmittag die Krise der Weltranglisten-Ersten Angelique
       Kerber weiter verschärfte, mit einem beklagenswerten Erstrunden-Knockout
       gegen die Russin Elena Makarowa, da war Steffi Graf zurück im großen Spiel.
       
       Und es war keine Überraschung, keine Sensation, als ihr langjähriger
       Weggefährte Boris Becker sagte: „Angelique Kerber ist die zweitbeste
       deutsche Tennisspielerin aller Zeiten. Warum soll sie sich nicht die Hilfe
       der besten Deutschen aller Zeiten holen“, fragte Becker, der neuerdings als
       pointierter Eurosport-Experte und nicht mehr als Trainer von Novak Djokovic
       in Erscheinung tritt.
       
       Wäre das wirklich eine Option? Steffi Graf als Trainerin von Angelique
       Kerber, als Helferin in der Not – so wie es gerade Grafs Ehegatte Andre
       Agassi beim angeschlagenen Novak Djokovic tut? Vieles erscheint im Tennis
       denkbar, gerade in der Ära der Supercoaches.
       
       Wer hätte es noch vor ein paar Jahren für möglich gehalten, dass sich Leute
       wie Ivan Lendl, Michael Chang oder Stefan Edberg wieder an die Spielplätze
       heranbewegen würden, im Dienste der Besten der Gegenwart? Wer hätte die
       Liaison namens Beckovic erahnen können, wer Agassis aktuelles Engagement
       bei dem Serben? Und nun auch Steffi Graf? Wohl kaum.
       
       ## Die Ruhe genießen
       
       Natürlich wird die 22-malige Grand-Slam-Siegerin als Telefonseelsorgerin
       jederzeit bereit sein, Kerber diesen oder jenen Tipp zu geben. So wie sie
       es auch tat, als Kerber mit ihrem Team in den vergangenen Jahren in Las
       Vegas zu Trainingsübungen vorbeischaute. Aber die 47-jährige
       Meisterspielerin genießt in ihrem Ruhestand nichts mehr als – Ruhe. Die
       Distanz zum schillernden und lärmenden Tennisbetrieb, die Distanz zum
       Wettbewerbs- und Terminstress ist groß.
       
       Seit sie am 13. August 1999 ihren Rücktritt verkündete, hat sie auch dem
       Leben in der Öffentlichkeit weithin entsagt, sie freut sich am ziemlich
       normalen Familienleben in Las Vegas. Auch Becker, der alte Mitstreiter,
       weiß das ja, er hat sich vor einem Jahr mal gewundert, „wie zurückgezogen
       die Steffi jetzt lebt“. So ein Leben wäre nichts für ihn, bestätigte
       Becker, „aber für sie ist es offenbar das genau Richtige“.
       
       Ihren Ehemann hat Graf durchaus ermuntert, dem in die Ergebnis- und
       Sinnkrise geratenen Novak Djokovic wieder etwas auf die Sprünge zu helfen.
       Aber auch bei Agassi ist anzunehmen, dass es sich nur um eine zeitlich eng
       begrenzte Unterstützung handeln wird. Selbst in Paris ist er nur eine Woche
       an Djokovics Seite. Dann geht es zusammen mit der Gemahlin in die
       Familienferien.
       
       „Ich glaube nicht, dass es in der Lebensplanung von Steffi vorgesehen ist,
       irgendeinen Trainerjob zu machen. Zumal sie der Typ ist, der keine
       Kompromisse eingehen würde. Entweder ganz oder gar nicht“, sagt eine
       Freundin von Steffi Graf. Was, so die Insiderin, nicht ausschließt, dass
       Graf selbstverständlich immer mal wieder mit der Nummer 1 der Welt redet,
       ihr auch gut zuredet.
       
       Vielleicht kann das ja schon helfen, neben Veränderungen im Team. Zuletzt
       fielen auch mal die Namen von Chris Evert oder Martina Navrátilová, wenn es
       um Angelique Kerbers Beschwernisse und mögliche Ratgeberinnen ging. Eine
       wie Justine Henin hätte sicher auch das nötige Format und das richtige
       Profil vorzuweisen, aber die Wallonin kommt nicht infrage, sie ist Anfang
       Mai gerade zum zweiten Mal Mutter geworden. Es muss ja auch keine Frau
       sein, kein weiblicher Champion. Wie gesagt: Im Tennis ist gerade fast alles
       möglich. Außer einer Rückkehr von Steffi Graf.
       
       29 May 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jörg Allmeroth
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Tennis
 (DIR) French Open
 (DIR) Angelique Kerber
 (DIR) Steffi Graf
 (DIR) Boris Becker
 (DIR) Tennis
 (DIR) Angelique Kerber
 (DIR) Tennis
 (DIR) Tennis
 (DIR) Angelique Kerber
 (DIR) US Open
 (DIR) Angelique Kerber
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Tennis, French Open: Sie mag es einfach spannend
       
       Das Frauentennis hat einen neuen Star, der das Rüstzeug für eine glanzvolle
       Zukunft mitbringt: die lettische Haudraufin Jelena Ostapenko.
       
 (DIR) Tennis der Frauen: Süßigkeiten für das ungezogene Kind
       
       Nach ihrem mäßigen Saisonstart will Angelique Kerber in Indian Wells wieder
       den Rhythmus finden. Eine Wildcard für Maria Scharapowa sorgt für Unmut.
       
 (DIR) Williams-Schwestern bei Australian Open: Aufschlag der Thirty-Funnies
       
       Serena und Venus Williams duellieren sich um den ersten Grand-Slam-Titel
       des Jahres. Serena wirkt am Anfang nervös.
       
 (DIR) Frauen-Finale der Australian Open: Die wahre Nummer Eins
       
       Im Finale der Williams-Schwestern holt sich Serena ihren 23.
       Grand-Slam-Titel. Außerdem verdrängt sie Angelique Kerber von Platz eins
       der Tennis-Weltrangliste.
       
 (DIR) Angelique Kerber über Erfolg im Tennis: „Es war ein mühsamer Prozess“
       
       Den WM-Titel in Singapur hat sie knapp verpasst. Angelique Kerber über
       ihren Durchbruch, den Sieg und über Selbstzweifel.
       
 (DIR) Weltranglisten-Erste im Tennis: Angelique Kerber gewinnt US Open
       
       Nach einem Zwei-Stunden-Match entscheidet die 28-Jährige das Spiel für
       sich. Es ist der zweite Grand-Slam-Titel ihrer Karriere.
       
 (DIR) Angelique Kerber bei den US Open: Das Ende des Gedankenkarussells
       
       Die Tennisspielerin ist die neue Nummer eins der Weltrangliste, weil Serena
       Williams patzt. Am Samstag steht sie im Finale der US Open.