# taz.de -- Gericht über Chef der Elbe-Jeetzel-Klinik: Abtreibungsgegner ist ungekündigt
       
       > Der Ex-Chef der Elbe-Jeetzel-Klinik erlaubte keine Abtreibungen und wurde
       > deshalb entlassen. Nun kassierte ein Gericht die Kündigung.
       
 (IMG) Bild: Bietet weiterhin Schwangerschaftsabbrüche an: die Elbe-Jeetzel-Klinik
       
       München taz | Wenn sich ein Klinikdirektor plötzlich als radikaler
       Abtreibungsgegner herausstellt und öffentlich gegen den Klinikbetreiber
       wettert, ist das noch kein Kündigungsgrund. So hat das Arbeitsgericht
       Lüneburg am Freitag entschieden. Während sich die Capio-Krankenhauskette im
       Februar mit dem Chef einer von ihr betriebenen Klinik stritt, hätte sie ihn
       abmahnen müssen. Stattdessen wurde Klinikchef Markus Fröhling [1][direkt
       gefeuert] – zu Unrecht, entschied das Gericht am Freitag.
       
       Im Dezember hatte Fröhling den Anti-Abtreibungs-Aktivisten Thomas Börner
       als Chefarzt der Gynäkologie der Elbe-Jeetzel-Klinik engagiert. Börner
       gewöhnte sich zwei Monate lang ein, dann verkündete er öffentlich, er habe
       seinen Angestellten Abtreibungen verboten, sofern das Leben der Mutter
       nicht in akuter Gefahr sei. Fröhling unterstützte ihn.
       
       Tatsächlich dürfen Ärzt*innen selbst entscheiden, ob sie Schwangerschaften
       abbrechen oder nicht. Dass Chef*innen das für die ganze Abteilung
       bestimmen, kommt aber sonst nur in konfessionellen Kliniken vor. Das
       Dannenberger Krankenhaus ist nichtkonfessionell. Börner und Fröhling
       beriefen sich auf ihren persönlichen christlichen Glauben.
       
       Beratungsstellen und Politiker*innen kritisierten die Entscheidung aus zwei
       Gründen heftig: Zum einen ist die Elbe-Jeetzel-Klinik das einzige
       Krankenhaus des Landkreises Lüchow-Dannenberg. Im Jahr 2016 hatte die
       Klinik 31 Schwangerschaften abgebrochen. Niedersachsens
       Gesundheitsministerin Cornelia Rundt sah die medizinische Versorgung in
       Gefahr. „Den betroffenen Frauen bleibt dann nur noch, in entsprechende
       Kliniken und Arztpraxen in den unmittelbar angrenzenden Landkreisen
       auszuweichen“, kommentierte die SPD-Politikerin nach Bekanntwerden der
       Entscheidung im Februar.
       
       Der zweite Grund für die heftige öffentliche Kritik waren Aussagen des
       Chefarztes, die ungewollt Schwangere angriffen. [2][Der taz sagte Börner
       etwa], „die jungen Damen könnten ja verhüten“. Er würde zwar eine Ausnahme
       machen, wenn das Leben der Mutter auf dem Spiel stünde. Minderjährigkeit
       sah er aber nicht als Abtreibungsgrund: „Mütter, Freunde und Familien“
       könnten Jugendlichen ja helfen, ihre Kinder großzuziehen. Als „sehr, sehr
       befremdlich“ bezeichnete eine Pro-Familia-Beraterin aus der Gegend Börners
       Äußerungen.
       
       ## Börner ging, Fröhling wurde gefeuert
       
       Die Capio-Kette versuchte im Februar zunächst vergeblich, mit Börner und
       Fröhling zu einem Kompromiss zu kommen. Schließlich gab sie dem
       öffentlichen Druck nach und bat Börner zu gehen. Er verließ die Klinik kurz
       darauf. Bis Ende Mai soll er allerdings noch im Bereitschaftsdienst der
       Klinik aushelfen.
       
       Mit Verwaltungsdirektor Fröhling einigte sich die Kette nicht, sondern
       entließ ihn – weil er seine Kompetenzen überschritten hatte und „wegen
       unüberbrückbarer Differenzen“. Capio dürfte Fröhling übelgenommen haben,
       dass er Börner überhaupt als Chefarzt eingestellt hatte. Immerhin war der
       in der Gegend nicht nur als Uelzener Frauenarzt bekannt, sondern auch als
       Gründer eines Anti-Abtreibungs-Vereins.
       
       Der Vorwurf der Kompetenzüberschreitung habe nicht ausgereicht, um Fröhling
       ohne vorherige Abmahnung zu kündigen, sagte die Direktorin des Lüneburger
       Arbeitsgerichts, Charlotte Groschupf, am Montag. Das Urteil sei allerdings
       noch nicht rechtskräftig, erklärte Groschupf, weil noch Berufung eingelegt
       werden könne.
       
       Ob Ex-Klinikchef Fröhling seinen bereits wiederbesetzten Posten zurückhaben
       will, ist unklar – wahrscheinlicher ist, dass er auf eine hohe Abfindung
       hofft. Fröhling ist unerreichbar, seit er das Verfahren gewonnen hat. Die
       Capio-Kette möchte zu dem Urteil nichts sagen.
       
       22 May 2017
       
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