# taz.de -- Die Wahrheit: Hiob, Botschafter der guten Laune
       
       > Angesichts göttlichen Dauerschabernacks platzt auch dem langmütigsten
       > Propheten irgendwann einmal die Hutschnur.
       
       Hiob hätte lange Zeit seine Seele darauf verwettet, dass er Gott seine
       merkwürdigen Streiche stets nachsehen würde. Aber langsam wurde er wirklich
       sauer. Sieben Söhne, acht Töchter und unzählige Gemahlinnen hatte ihm Gott
       schon genommen.
       
       Ein Sohn wurde im Innenhof eines Studentenwohnheims von einer
       herabstürzenden Matratze erschlagen, ein anderer blieb mit dem Fuß in einem
       Gullideckel hängen und verhungerte. Eine Tochter kippte versehentlich Wodka
       in ihren Computer. Dieser implodierte daraufhin, und eine Glasscherbe aus
       dem Display traf ihren Hals. Als sie benommen in die Küche torkelte, gab es
       eine Gasexplosion, durch die sie zu Boden stürzte. Sie versuchte, ein
       herunterhängendes Küchentuch zu greifen. Da dieses jedoch auf einem
       Messerblock lag, riss sie den dabei mit herunter, woraufhin ein Messer sich
       in ihren Brustkorb bohrte. Bei einer erneuten Explosion wurde ein Stuhl
       umgeworfen und traf das Messer. Dieses drang dabei so tief in den Brustkorb
       ein, dass sie an den Verletzungen starb.
       
       Hiob fand das kein bisschen witzig. Er stand sogar kurz davor, Gott zu
       zürnen, aber noch hatte er sich im Griff. Auch weil er wusste, dass seine
       Geschichte irgendwann in Hollywood verfilmt würde.
       
       Eine seiner Ehefrauen starb während des Versuchs, ein Kreuzworträtsel zu
       lösen, an Überanstrengung. Ihre Nachfolgerin erstickte in einem defekten
       Raumanzug. Sein Lieblingssohn kam zu Tode auf der Insel Ko Samui, weil er
       in eine Fallgrube stürzte und dort von einem zufällig auch hereingefallenen
       wilden Stier zertrampelt wurde. Und so ging es in einem fort.
       
       Als Hiobs Liebste schließlich alle tot waren, ging Gott dazu über, die
       Hiobschen Haushaltsgeräte aufs Korn zu nehmen. Als Erstes schlug er Hiobs
       Staubsaugerroboter leck, sodass er eben jenen Dreck, den er eben erst
       aufgesaugt hatte, sofort wieder durch ein Loch verlor. Hiob musste also
       ständig mit Handfeger und Dreckschüppe hinter ihm herlaufen, um alles
       wieder aufzufegen. Dann flog der Toaster in die Luft, in der
       Wohnzimmerlampe platzte die Glühbirne und der DVD-Player nahm schließlich
       keine einzige DVD mehr an. Und er – Hiob – hatte dabei noch immer gute
       Miene zum bösen Spiel gemacht.
       
       Auch als er hintereinander Beulenpest, Lepra, Lippenherpes, Dihörr . . .
       Dihhär . . . – also Durchfall, Nagelpilz, Vogelpest und Rinderwahnsinn von
       Gott verpasst bekam, war Hiob gelassen geblieben. Es hatte ihn auch nicht
       aus der Ruhe bringen können, als Gott all sein weltliches Hab und Gut, den
       roten Ferrari, die edlen Rennpferde, die Dinosaurierlampe, die lebensgroße
       Darth-Vader-Figur und den ganzen anderen Kram durch einen Großbrand in
       Hiobs Landschloss vernichtete.
       
       Dann aber passierte etwas, das dem Fass die Krone ausschlug, und Hiob
       drohte mit geballter Faust gen Himmel und brüllte rasend vor Wut: „Gott!!!
       Jetzt habe ich einmal, einmal, ein weißes Hemd bei der Arbeit an, und dann
       gibt es in der Kantine Spaghetti Bolognese!“
       
       16 May 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Corinna Stegemann
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Religion
 (DIR) Gott und die Welt
 (DIR) Biologie
 (DIR) Stephen Hawking
 (DIR) Literatur
 (DIR) Identität
 (DIR) Rockstars
 (DIR) Sozialverhalten
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Die Wahrheit: Lob dem Bregen, Fluch dem Schwamm
       
       Die große Wahrheit-Sommer-Debatte über Organe. Folge 3: Das Hirn. Ein Pro
       und Contra zu dem lappigen Ding.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Er und Er
       
       Offener Brief an Stephen Hawking: Es gibt da eine Möglichkeit der lohnenden
       Zusammenarbeit auf dem florierenden Sektor des Horrorgenres.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Jahrelanges Kichern
       
       Im sauerländischen Menden wurde endlich „Der Große Dinggang“, der Preis für
       komische Lyrik, unter sieben Salutschüssen Konfetti verliehen.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Kurt und ich
       
       Ein Leben lang war einer neben mir. Ein aufwühlender Bericht von einem für
       mich unsichtbaren Begleiter, den alle anderen sehen konnten.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Im Rockstarheim
       
       Wenn man schon monatlich einen Obolus an die Rockstar-Hilfe zahlt, dann
       sollte man im Freigehege auch ein paar Bewohner bewundern dürfen.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Hübscher als Theo Lingen
       
       Komplimente machen, bedeutet nicht selten, ins Fettnäpfchen treten – oder
       ist es möglicherweise vielleicht genau andersherum?