# taz.de -- Plakate zur Frankreich-Wahl: Allez les Bleus !
       
       > Die französischen Präsidentschaftskandidaten Le Pen und Macron haben sich
       > nochmal fürs Finale ablichten lassen. Eine Bildkritik.
       
 (IMG) Bild: Die Vermutung ist nicht von der Hand zu weisen, dass beide im selben Fotostudio waren
       
       Leonardo da Vinci hat im „Buch von der Malerei“ das Wesen und die Wirkung
       der Farbe Blau als immateriell beschrieben. Blau sei keine Farbe der Luft,
       sondern eine metaphysische Mischung des Sonnenlichts mit der „Schwärze der
       Weltfinsternis“. Da Vinci konnte nicht ahnen, wie nah er mit dieser Analyse
       einem Aspekt des derzeitigen französischen Wahlkampfs kam.
       
       In der zweiten Runde des Rennens um das Amt des Staatspräsidenten geht es
       seit vergangenem Mittwoch nämlich darum: Wessen Konterfei linst
       einnehmender von Litfasssäulen, Bushaltestellen und öffentlichen
       Bedürfnisanstalten? Marine Le Pen und Emmanuel Macron sind zu diesem Behufe
       erneut beim Fotografen eingekehrt, um sich französischblau in Szene zu
       setzen. 
       
       Das Ergebnis? Herr und Frau Blau. Die Vermutung ist nicht von der Hand zu
       weisen, dass die beiden im selben Fotostudio waren, lassen grüßen. Gehören
       sie unter Umständen der gleichen Flugbegleitergewerkschaft an? Macron als
       Pilot im Cockpit am Steuer, Marine Le Pen als Chefstewardess in der Kabine,
       mit gefrorenem Lächeln Tomatensaft ausschenkend?
       
       Mais non, wir haben es doch hier, auch wenn die beiden total saubermann-
       beziehungsweise sauberfraumäßig rüberkommen, mit zwei gänzlich
       unterschiedlichen Bewegungen zu tun – deren beider Namen auf den jeweiligen
       Plakaten gänzlich fehlen.
       
       Bei Le Pen ist das nichts Neues, der Parteiname „Front National“ hatte
       schon länger dem Slogan „Marine Présidente“ weichen müssen. Dass Emmanuel
       Macron seine Bewegung „En Marche!“ (Auf geht’s!) nicht mehr erwähnt, ist
       hingegen ein Novum. Aber die Bewegung ist ja auch noch sehr neu, gerademal
       ein Jahr alt. Falls das französische Wahlvolk also schon wieder vergessen
       haben sollte, um was es eigentlich geht: „Auf geht’s!“ war gestern, jetzt
       geht es darum, dass alle gemeinsam aufbrechen: „Ensemble, la France !“
       
       Kann man diesem Slogan einen leicht partizipatorischen Unterton nicht
       absprechen, verhält es sich bei Marine Le Pen komplett anders. Sie, die für
       deutsche Verhältnisse kokett und mit zu kurzem dunkelblauen Rock einem
       Büromöbel aufsitzt, bietet erwartbar nur eine Wahl an: „Choisir la France“,
       Frankreich wählen. Ohne Punkt und Komma. Noch nicht mal ein Ausrufezeichen
       wie bei Macron braucht sie dazu, nur ein paar Social-Media-Kanäle, die
       unten rechts im Bild verlinkt sind. Die fehlen bei Macron, bei ihm reichen
       offenbar seine blauen Augen. 
       
       Le Pens Augen sind nicht blau – für das royalblaue Thronfolgerimage, das
       auch Macron ausstrahlt, wären gefärbte Kontaktlinsen fürs Foto allerdings
       gut gekommen. Widmen wir uns aber jetzt noch kurz den Hintergründen. Macron
       steht, im Unterschied zur leicht lehnenden Le Pen, vor einer himmelblauen
       Himmelstapete. Nicht im Blaumann, wie der linke, gescheiterte Kandidat
       Jean-Luc Mélenchon, hätte der nochmal ins Fotostudio gemusst, sondern in
       einem blauen Anzug, der so langweilig aussieht, wie die grauen Anzüge der
       Satirepartei „Die Partei“ in Deutschland. 
       
       Und Marine Le Pen? Sie hat sich eine bildungsbürgerliche Bücherwand als
       Fototapete geschnappt, denn es stimmt: Nicht wenige der Wähler von
       Mélenchon können lesen, die von François Fillon greifen wahrscheinlich auch
       mal gerne zu einem guten Buch – kurzum oder so ähnlich: Schlagt doch mal
       eben ein neues Kapitel auf, liebes Wahlvolk! Das ist sie, die Le
       Pen-Devise. Was für eine Art blaues Wunder am Wahltag 7. Mai in Frankreich
       aussteht? On verra, wir werden sehen.
       
       27 Apr 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Harriet Wolff
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Emmanuel Macron
 (DIR) Schwerpunkt Frankreich
 (DIR) Marine Le Pen
 (DIR) Schwerpunkt Emmanuel Macron
 (DIR) Jean-Luc Mélenchon
 (DIR) Jean-Luc Mélenchon
 (DIR) Schwerpunkt Emmanuel Macron
 (DIR) Schwerpunkt Emmanuel Macron
 (DIR) Schwerpunkt Emmanuel Macron
 (DIR) Schwerpunkt Emmanuel Macron
 (DIR) Schwerpunkt Emmanuel Macron
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kommentar Stichwahl in Frankreich: Den Albtraum verhindern
       
       Auch wenn es gute Gründe gibt, an Macrons politischem Programm zu zweifeln:
       In der Stichwahl gibt es zu ihm keine Alternative.
       
 (DIR) Präsidentschaftswahl in Frankreich: Enthaltung, Macron, Le Pen?
       
       Sieben Millionen Französinnen und Franzosen haben im ersten Wahlgang für
       Jean-Luc Mélenchon gestimmt. Wen wählen sie am 7. Mai?
       
 (DIR) Präsidentschaftswahl in Frankreich: Die republikanische Front bröckelt
       
       Eine Allianz von links bis konservativ gegen Le Pens Front National war
       selbstverständlich. Jetzt ist dieser Konsens brüchig geworden.
       
 (DIR) Kommentar Wahl in Frankreich: Lasst uns endlich über Europa reden!
       
       Der Front National in der Stichwahl ist zur Alltäglichkeit geworden. Die
       Abstimmung am 7. Mai wird so zum Referendum: Frexit oder nicht?
       
 (DIR) Frankreichs Sozialisten nach der Wahl: Schuld hat Hollande
       
       Paris-Belleville galt als Hochburg der Sozialisten. Dort holte der Kandidat
       Hamon nur 13 Prozent – ein Wahlhelfer rechnet ab.
       
 (DIR) Analyse zur Wahl in Frankreich: Das Prinzip Macron
       
       Die erste Runde der Präsidentschaftswahl hat Emmanuel Macron gewonnen. Was
       macht ihn so erfolgreich? Und reicht es gegen Le Pen?
       
 (DIR) Medien und die Wahl in Frankreich: Eine Frage der Glaubwürdigkeit
       
       ZDF-Moderator Claus Kleber und Korrespondent Theo Koll nennen Macron schon
       den künftigen Präsidenten. Haben die nichts gelernt?
       
 (DIR) Frankreich-Wahl in Berlin: Vive la France!
       
       Die in Berlin lebenden Französ*innen haben gewählt: und zwar mehrheitlich
       links. Die Rechtsextreme Marine Le Pen bekommt hingegen nur 2,1 Prozent.