# taz.de -- Lehrergewerkschaft und die NS-Zeit: Mitläufer oder Widerstandskämpfer?
       
       > Die Bildungsgewerkschaft GEW ringt mit ihrer Vergangenheit im
       > Nationalsozialismus. Nun soll diese aufgearbeitet werden.
       
 (IMG) Bild: Wie war das mit der GEW im Nationalsozialismus? Auch GEW-Mitglieder wollen das wissen
       
       Berlin taz | Wenn die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) ab
       Freitag zu ihrem Gewerkschaftstag zusammenkommt wird, spielt er eine
       größere Nebenrolle: Max Traeger.
       
       Um den 1960 verstorbenen ersten Vorsitzenden der 1948 gegründeten GEW war
       in den vergangenen Monaten eine Debatte entbrannt. Traeger, der während der
       Weimarer Republik als Schulleiter arbeitete und in Hamburg Vorsitzender der
       Volksschullehrervereinigung „Gesellschaft der Freunde“ war, soll sich
       während der NS-Zeit den Nationalsozialisten angedient haben.
       
       So der Vorwurf, den der Frankfurter Erziehungswissenschaftler Benjamin
       Ortmeyer im Herbst vorbrachte. Die Studierenden in der GEW griffen ihn in
       einem offenen Brief auf, Ortmeyers ehemaliger Kollege [1][Micha Brumlik
       wiederholte ihn diese Woche in der taz].
       
       Als Beleg für die Mitläuferthese führt Ortmeyer unter anderem an, dass
       Traeger 1933 freiwillig dem Nationalsozialistischen Lehrerbund (NSLB)
       beitrat – wie 97 Prozent der Lehrer während der Nazizeit. Nach dem Krieg
       habe Traeger dann an der Lebenslüge mitgearbeitet, die Lehrerorganisationen
       seien zwangsenteignet und in den NSLB eingegliedert worden. Die
       GEW-Studierenden und der Landesverband Hessen befanden, Traeger könne kein
       Vorbild sein, und haben Ende des Jahres die sofortige Umbenennung der nach
       ihm benannten GEW-Stiftung gefordert.
       
       Die GEW beauftragte daraufhin den ehemaligen Hamburger Landesvorsitzenden
       Hans-Peter de Lorent, der auch zum Hamburger Bildungswesen in der Nazizeit
       forscht, die Vorwürfe gegen Traeger zu prüfen. De Lorent kommt nun zu einem
       völlig anderen Ergebnis: „Traeger war mit Sicherheit ein Nazigegner“, sagte
       er der taz. Er habe immer gegen die Nazis argumentiert und sei als
       Schulleiter abgesetzt worden, was einem Berufsverbot gleichkäme. Von einem
       „freiwilligen“ Beitritt zum NSLB könne nicht die Rede sein, vielmehr habe
       1933 eine Terrorsituation geherrscht.
       
       Der GEW-Hauptvorstand hat den Umbenennungsantrag auf der Grundlage von de
       Lorents Recherchen im März abgelehnt. Stattdessen wird de Lorent am Sonntag
       seine im Mai erscheinende Traeger-Biografie vorstellen und diskutieren.
       
       Immerhin nahm die Gewerkschaft den Streit um Traeger zum Anlass, ihre
       Geschichte systematisch aufarbeiten zu lassen. Zwei Historiker der
       Universität Leipzig werden in den nächsten Jahren am Forschungsprojekt „GEW
       und die NS-Vergangenheit“ arbeiten. „Wenn sie neue Erkenntnisse über
       Traeger zutage fördern sollten, kann man auch noch einmal die Umbenennung
       diskutieren“, so GEW-Sprecher Ulf Roedde.
       
       4 May 2017
       
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