# taz.de -- Discounter versucht’smal mit Umweltschutz
       
       > Einkauf Aldi Süd ist der erste klimaneutrale Lebensmittelhändler in
       > Deutschland. Doch Wesentliches taucht in der Bilanz der Firma nicht auf
       
       BERLIN taz | Der Name Aldi ruft aus ökosozialer Sicht oft Schrecken hervor:
       Dumpinglöhne, Preisdruck, Massenproduktion. In einem Bereich liegt der
       Discounter nun aber vorne: Aldi Süd ist das erste große klimaneutrale
       Unternehmen im deutschen Lebensmitteleinzelhandel. Das heißt, was an CO2
       nicht eingespart werden kann, wird kompensiert. Wie funktioniert das?
       
       Aldi Süd folge grundsätzlich dem Prinzip „Reduktion vor Kompensation“,
       erklärt Pressesprecherin Lina Unterbörsch. Das Unternehmen investiere in
       alternative Technologien und Effizienz. Die Strecken von den
       Logistikzentren zu den Filialen würden möglichst kurz gehalten, die
       Mitarbeiter*innen zu „Experten im kraftstoffsparenden Fahren“ geschult,
       sagt Unterbörsch.
       
       Ende 2016 seien über 1.200 der rund 1.870 Filialen mit Solaranlagen
       ausgestattet. Die Gesamtleistung der Fotovoltaikanlagen betrage jährlich
       derzeit 128 Millionen Kilowattstunden. Das entspricht etwa dem
       Stromverbrauch von 28.500 Haushalten à vier Personen in Deutschland. Den
       restlichen Strombedarf decke das Unternehmen mit Grünstrom aus Wasserkraft.
       Alle verbleibenden Treibhausgasemissionen kompensiere Aldi Süd über
       zertifizierte Klimaschutzprojekte wie etwa Aufforstung in Bolivien und
       Uganda, erklärt die Sprecherin.
       
       Aldi Süd beruft sich auf das Greenhouse Gas Protokoll. Nach diesem Standard
       umfasst der CO2-Fußabdruck direkte Emissionen, die durch
       „unternehmenseigene Aktivitäten“ entstehen. Für Aldi Süd sind das der
       Betrieb der Filialen und Logistikzentren sowie der dazwischenliegende
       Lieferverkehr.
       
       Allerdings weiß das Unternehmen, dass diese Rechnung unzulänglich ist. So
       ist etwa nicht einbezogen, was bei der Produktion der Lebensmittel
       geschieht. Dazu heißt es auf der Website: „Aufgrund unseres
       Geschäftsmodells ist der Anteil von Emissionen, die entlang unserer vor-
       und nachgelagerten Wertschöpfungsketten verursacht werden, voraussichtlich
       deutlich höher als der unserer eigenen Betriebsprozesse.“
       
       So sieht das auch der Wissenschaftler Bernd Hirschl vom Institut für
       ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW). Er begrüßt, dass sich ein so
       bekanntes Unternehmen zu Klimaneutralität bekenne. Doch wenn ein Händler
       sich diesem Ziel verschreibe, müsse er das auch so konsequent wie möglich
       auf seine Produktpalette anwenden, sagt er – also auch zum Beispiel seine
       Lieferanten einbinden.
       
       Letztlich müsste bei dieser Zielsetzung der Kunde ebenfalls eine Rolle
       spielen. „Denn der verursacht ja mit seinen Rebounds, also dem Kauf von
       immer mehr Produkten, trotz aller Effizienz und Einsparungen in der Summe
       oft mehr Emissionen. Aber der Handel lebt ja vom Verkaufen“, sagt Hirschl.
       
       Er würde einen ökologischen Fußabdruck für den Handel vorziehen: „Wie viel
       Emissionen werden durch die Produkte, die ich in den Umlauf bringe,
       emittiert?“ Das gäbe es bisher nur für einzelne Produkte.
       
       Das solle aber die Schritte, die die Firmen gerade unternehmen, nicht
       schlechtreden, sagt Hirschl. „Nur dabei stehen bleiben dürfen sie nicht,
       und die Gesellschaft soll nicht lockerlassen, mehr von ihnen zu fordern –
       und von sich selbst auch.“ Merle Groneweg
       
       24 Apr 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Merle Groneweg
       
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