# taz.de -- Kommentar Serbiens neuer Präsident: Der zu starke Mann
       
       > Aleksandar Vučić wird ein Präsidialsystem in Serbien einführen, mit Segen
       > der EU. Nicht einmal Slobodan Milošević hatte soviel Macht.
       
 (IMG) Bild: Vučić ist ein ausgesprochener Machtpolitiker, der keine Kritik duldet
       
       Serbiens Ministerpräsident Aleksandar Vučić ist Staatspräsident geworden.
       Nur auf den ersten Blick scheint unverständlich, warum sich der starke Mann
       Serbiens überhaupt für das zeremonielle Amt beworben hatte. Dahinter steckt
       ein ganz anderes und durchaus einleuchtendes Kalkül.
       
       Der ausgesprochene Machtpolitiker, der keine Kritik duldet, schöpft seine
       Autorität aus der Unterstützung des Volkes. Um seine persönliche Macht
       immer meh rauszubauen, ließ er deshalb in den nicht einmal fünf Jahren
       seiner Herrschaft schon zwei Mal vorgezogene Parlamentswahlen ausschreiben
       und gewann sie haushoch mit seiner Serbischen Fortschrittspartei (SNS). Das
       Ziel war nicht die Opposition zu besiegen, sondern sie zu vernichten. Die
       Voraussetzung dafür waren die Quasi-Gleichschaltung der Medien und die
       Parteikontrolle staatlicher Institutionen.
       
       Direkt vom Volk gewählt nimmt seine Autorität nun neue Ausmaße an. Er wird
       Chef der dominanten SNS bleiben, dadurch nach wie vor alle Strippen ziehen,
       einen folgsamen Mitläufer zum Ministerpräsidenten ernennen und so durch die
       Hintertür das Präsidialsystem einführen. Ein Führersystem, in dem ein Mann
       bei allem gefragt wird.
       
       Für die Entwicklung der ohnehin fragilen serbischen Demokratie wird das
       verheerend sein. Nicht einmal Slobodan Milošević hatte so viel Macht wie
       Aleksandar Vučić. Der wesentliche Unterschied: Vučić genießt die
       Unterstützung des Westens.
       
       Und solange er friedliche Regionalpolitik führt, in der Flüchtlingspolitik
       kooperiert, den EU-Beitrittsverhandlungen verpflichtet ist, eine akzeptable
       Distanz zu Russland behält und das Sparprogramm des International
       Währungsfonds durchsetzt, wird sich daran nichts ändern. Die von Krisen
       erschütterte EU braucht in Serbien einen Partner, der für Stabilität auf
       dem Westbalkan sorgen kann.
       
       Dass er dabei europäische und demokratische Standards mit den Füßen
       zertrampelt, ist anscheinend unwichtig. Ebenso, dass sich die serbische
       Gesellschaft dadurch immer mehr von der EU entfernt und immer mehr Putins
       Russland gleicht. Die Westbalkan-Politik der EU und Deutschlands ist
       kurzsichtig: Langfristig kann nur der Ausbau unabhängiger staatlicher
       Institutionen und der Demokratie für Stabilität sorgen. Vučić tut das
       Gegenteil. In einem Führersystem kann zu viel und zu schnell schief gehen.
       
       3 Apr 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andrej Ivanji
       
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