# taz.de -- Die Wahrheit: Frosch Freddo und die Schokomafia
       
       > In Großbritannien muss man sich langsam daran gewöhnen, dass man sich mit
       > dem Brexit-Votum ein paar Unannehmlichkeiten eingebrockt hat.
       
       Der Nachbarsjunge ist verrückt nach Freddo. Er hat ihn immer in der
       Hosentasche. Freddo ist ein Frosch. Aber einer aus Schokolade – oder was
       die englische Herstellerfirma Cadbury dafür hält. Sie hat sich in Brüssel
       eine Sondergenehmigung geben lassen, damit sie ihre Produkte „Schokolade“
       nennen darf, obwohl ihnen die Kakaobutter fehlt. Dennoch kann der Frosch
       bei Wärme schmelzen, aber so weit lässt es der Nachbarsjunge gar nicht erst
       kommen.
       
       Freddo kostet in Irland 30 Cent, so steht es auf der Verpackung. In
       Großbritannien musste man bisher 25 Pence zahlen, aber im Frühjahr klettert
       der Preis auf 30 Pence. Für diejenigen, die das nicht so schnell im Kopf
       ausrechnen können: Es ist eine Steigerung von 20 Prozent. Um genau so viel
       ist das Pfund Sterling nach dem Brexit-Referendum gefallen. Weil Cadbury
       längst in US-amerikanischer Hand ist, soll der Frosch so viele Dollars wie
       zuvor heranschaffen.
       
       Eine Sprecherin von Mondelēz, der Cadbury gehört, begründete die
       Preiserhöhung mit dem üblichen Argument, das Kritikern die Sprache
       verschlagen soll: Man sichere dadurch Jobs in Großbritannien. Dort arbeiten
       4.500 Menschen für Cadbury. Der Mutterkonzern hat 548 Millionen Dollar
       Profit im letzten Quartal 2016 gemacht. Großen Anteil daran hat
       wahrscheinlich das Beschummeln der Kundschaft, denn darin hat Mondelēz
       Erfahrung.
       
       Bei einem der Produkte, Toblerone, hat man einfach die Zwischenräume
       zwischen den Dreiecken verbreitert, was verboten gehört. In Irland heißen
       nämlich die furchtbaren Anhäufungen von Ferienhäusern im Westen der Insel
       „Toblerone-Siedlungen“, weil die Häuser genauso aneinandergereiht sind wie
       die Dreiecke bei der klebrigen Süßware. Man kann ja nun nicht einfach die
       Häuser etwas weiter auseinanderrücken.
       
       Den Toblerone-Trick nennt man „Schrumpflation“. Er wird angewendet, wenn
       man die Preise nicht erhöhen will. Beim Frosch Freddo ging das nicht, denn
       der ist schon winzig und wiegt nur 18 Gramm. Toblerone hingegen wird bald
       nur noch aus einem Doppelhaus bestehen, und später werden daraus Bungalows
       mit Flachdach.
       
       Aber wenigstens gibt es den Süßkram noch in Großbritannien. Dort muss man
       sich aber langsam daran gewöhnen, dass man sich mit dem Brexit-Votum ein
       paar Unannehmlichkeiten eingebrockt hat. So sind Kopfsalat und Spinat in
       einigen Supermärkten zurzeit rationiert. Es werden höchstens drei Stück pro
       Person abgegeben, und das zu Apothekerpreisen. Gibt es tatsächlich
       Menschen, die Salatköpfe horten? Wird bald ein Kopfsalatschwarzmarkt
       entstehen? Der Engpass liege nicht am Brexit, sondern an den ungünstigen
       Wetterbedingungen in Spanien, behaupten die Supermärkte. Wer’s glaubt.
       
       Im Sommer werden die Engländer wieder in Spanien einfallen, um sich an den
       Stränden zu rösten, bis sie ihre typische Hummerhautfarbe angenommen haben.
       Als Souvenir werden sie diesmal aber keinen Schnaps, sondern Kopfsalat nach
       Hause mitnehmen.
       
       10 Apr 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
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