# taz.de -- Xi Jinping zu Besuch bei Trump: Eilig über Nordkorea sprechen
       
       > Eigentlich wollte US-Präsident Trump noch warten, bevor er Chinas Staats-
       > und Parteichef Xi trifft. Aber nun drängt das Nordkorea-Problem.
       
 (IMG) Bild: Hafen in Yangshan: „Handel ist der Anreiz“ für eine gemeinsame Nordkorea-Politik, sagt Trump
       
       Peking taz | Kurz nach seiner Amtsübernahme im Januar vermittelte
       US-Präsident Donald Trump noch den Eindruck: Ein Treffen mit Chinas
       Staatspräsidenten Xi Jinping habe für ihn keine Priorität. Bilder mit
       Großbritanniens Premierministerin Theresa May oder Japans Regierungschef
       Shinzo Abe schienen ihm wichtiger. Eine persönliche Begegnung zwischen den
       Staatschefs der beiden größten Volkswirtschaften der Welt sollte es – wenn
       überhaupt – frühestens beim G-20-Gipfel im Juli in Hamburg geben.
       
       Aber nun hat es der US-Präsident auf einmal sehr eilig. Auf sein Geheiß hat
       US-Außenminister Rex Tillerson Chinas Staatschef bei seinem Besuch vor zwei
       Wochen in Peking überraschend für den heutigen Donnerstag auf Trumps
       Feriendomizil in Mar-a-lago nach Florida eingeladen.
       
       Grund für diese Eile: Trump scheint nun ein Licht aufgegangen zu sein, wie
       gefährlich sich die Lage im Fernen Osten entwickelt. Nicht nur ist
       Nordkorea offenbar im Besitz eines beträchtlichen Arsenals an chemischen
       und biologischen Kampfstoffen. Der Mord an dem Halbbruder des
       nordkoreanischen Diktators Kim Jong Un Mitte Februar auf dem Flughafen der
       malaysischen Hauptstadt Kuala Lumpur hat daran erinnert.
       
       Zudem gelang es dem Regime in Pjöngjang im Februar dieses Jahres erstmals,
       eine Mittelstreckenrakete zu testen, die sehr wahrscheinlich atomare
       Sprengköpfe transportieren kann. Bei dem Geschoss handelte es sich nach
       nordkoreanischen Angaben um eine ballistische Mittel-Langstreckenrakete
       Pukguksong-2 – nach Erkenntnissen von US-Militärexperten ist das ein neuer
       Typ, der auch von einem U-Boot aus abgeschossen werden kann.
       
       ## Sprengköpfe werden kleiner – und gefährlicher
       
       2016 hat Nordkorea trotz internationaler Sanktionen mehr als zwanzig
       Raketentests durchgeführt – so viele wie nie zuvor. Das Militär des Landes
       verfügt inzwischen über ein Arsenal von Raketen jeglicher Reichweite – von
       der Kurzstreckenrakete Rodong mit einer Reichweite von etwa 1.300
       Kilometern bis zur Langstreckenrakete Taepodong-2 mit einer Reichweite von
       bis zu 6.000 Kilometern.
       
       Zum großen Teil basiert das Wissen wohl auf den Nachbau älterer
       sowjetischer und chinesischer Raketen. Seit auch China und Russland
       Nordkorea sanktionieren, hat es offiziell kaum Wissensaustausch mehr
       gegeben. Zum Teil handelt es sich bei der Technik nach Einschätzung
       südkoreanischer Militärexperten um eigenständige Entwicklungen.
       
       Zu den vielen Raketentests kamen im letzten Jahr zwei unterirdische
       Atomtests hinzu – mit heftigen Detonationen, die die Sprengkraft der
       Hiroshima-Bombe aufweisen.
       
       Dass Nordkorea über so viel Uranium für den Bau von wahrscheinlich bis zu
       60 Sprengsätzen verfügt, ist schon seit Langem bekannt. Inzwischen scheint
       es den Technikern gelungen zu sein, die atomaren Sprengköpfe so weit zu
       verkleinern, dass sie auf eine Langstreckenrakete passen.
       
       ## Druck statt Einigkeit
       
       Die derzeit größte Sorge: dass Nordkorea kurz vor dem Test einer
       Interkontinentalrakete stehen könnte mit einer Reichweite von über 9.000
       Kilometern. Sollte es dazu kommen, hieße das: Nordkorea könnte San
       Francisco und Los Angeles treffen. Unter Experten gilt als ausgemacht, dass
       das isolierte Land schon bald einen nächsten Atomtest durchführen könnte –
       womöglich gar in den kommenden Tagen.
       
       Anstatt nun aber mit der Führung in Peking eine gemeinsame Linie im Umgang
       mit Nordkorea zu finden, versucht Trump wenige Tage vor seinem Treffen mit
       Xi Jinping die chinesische Führung unter Druck zu setzen – und droht mit
       einem „Alleingang“: Entweder werde die chinesische Regierung mit den USA
       gemeinsame Sache machen oder nicht, sagte Trump in einem Interview mit der
       Financial Times. „Wenn sie es tun, ist das sehr gut für China, wenn sie es
       nicht tun, ist es für niemanden gut.“
       
       Selbst den Handelsstreit will Trump nun zum Gegenstand der
       Nordkorea-Verhandlungen machen. Im Wahlkampf hatte Trump den Chinesen
       vorgeworfen, Arbeitsplätze in den USA zu „stehlen“ und sein Land mit
       unfairen Handelspraktiken zu „vergewaltigen“. Er drohte mit Strafzöllen von
       bis zu 45 Prozent auf chinesische Importe. Ökonomen bezweifeln, dass diese
       Maßnahme Arbeitsplätze in die USA zurückholen wird.
       
       Auf die Frage, welche Angebote er China machen werde, um zu einer
       gemeinsamen Nordkorea-Politik zu finden, antwortete Trump nun: „Handel ist
       der Anreiz.“
       
       ## Konflikt mit Südkorea
       
       Chinas Führung hat auf die meisten seiner Attacken bislang gelassen
       reagiert. Im Nordkorea-Konflikt mahnte der chinesische Außenminister alle
       Beteiligten lediglich zur Mäßigung. Pjöngjang solle seine Atom- und
       Raketentests aussetzen. Und die USA sollten wiederum ihr gemeinsames
       Militärmanöver mit Südkorea einstellen, das sie jedes Jahr im Frühling auf
       der koreanischen Halbinsel abhalten. Gegen Südkorea geht China allerdings
       derzeit äußerst massiv vor.
       
       Die südkoreanische Regierung hat in der Nähe von Seoul, das rund 60
       Kilometer von der Grenze zu Nordkorea entfernt liegt, der Stationierung des
       US-Raketenabwehrsystems THAAD zugestimmt. Aus Sicht Pekings kommt das einem
       Angriff auf die eigene nationale Sicherheit gleich. Seit Wochen finden in
       chinesischen Großstädten Boykottkampagnen gegen südkoreanische Produkte
       statt.
       
       Trump ist fest davon überzeugt, dass China weiterhin großen Einfluss auf
       Nordkorea ausübt. Offiziell betrachten sich die beiden asiatischen Nachbarn
       weiterhin als sozialistische Bruderstaaten. Und die chinesischen Politiker
       haben bislang stets betont, dass sie am Regime in Pjöngjang festhalten.
       Peking sieht das Nachbarland Nordkorea als Pufferstaat und will verhindern,
       dass US-Truppen unmittelbar an der chinesischen Grenze stehen. Zudem ist
       China eins der wenigen Länder, das überhaupt noch Handel mit der ansonsten
       völlig isolierten Diktatur betreibt.
       
       ## Weniger Einfluss auf Kim
       
       Doch das Verhältnis hat sich in den vergangenen Jahren massiv
       verschlechtert. Auch der Führung in Peking missfällt Nordkoreas atomare
       Aufrüstung; sie trägt die UN-Sanktionen gegen Nordkorea mit und hat nach
       dem Raketentest im Februar einen Importstopp von nordkoreanischer Kohle
       verhängt – der zuletzt größte Devisenbringer des Regimes. Seitdem wettert
       Nordkoreas Propaganda-Apparat auch gegen die Chinesen.
       
       Wie viel Einfluss Peking noch auf das Regime hat, ist umstritten. Seit der
       junge Kim 2012 die Macht übernommen hat, kam es zwischen Peking und
       Pjöngjang nicht zu einem direkten offiziellen Gespräch. Im Gegenteil: Kim
       hat jene Kräfte in Pjöngjang, die den Kontakt zur chinesischen Führung
       pflegten, allesamt beseitigen lassen – darunter seinen Onkel Jang Song
       Thaek, die damalige Nummer zwei in der Hierarchie Nordkoreas.
       
       In Wahrheit herrscht wohl auch in Peking Ratlosigkeit. Dem chinesischen
       Außenminister Wang Yi fällt nichts anderes ein, als die USA zu direkten
       Gesprächen mit Nordkorea aufzufordern – so wie es Trump im Wahlkampf auch
       schon in Aussicht gestellt hatte. Sie seien schließlich die
       Hauptkontrahenten.
       
       Genau darauf setzt Kim nach Einschätzung der chinesischen Führung. Er will
       von den USA ernst genommen werden und erhofft sich Hilfsleistungen für sein
       völlig verarmtes Land.
       
       Das Problem: Direkte Gespräche könnten als ein Zugeständnis an den brutalen
       Diktator verstanden werden. Nur: Was wiegt schwerer? Solche
       Befindlichkeiten oder die Gefahr eines Atomkriegs?
       
       5 Apr 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Felix Lee
       
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