# taz.de -- London nach dem Anschlag: „Get up and carry on“
       
       > Ruhe bewahren, lautet das Motto nach dem Attentat. Der Alltag läuft
       > weiter, der Verkehr ist weniger dicht, nur das Parlament bleibt
       > abgesperrt.
       
 (IMG) Bild: Alles ziemlich ruhig, nur der Parlament ist abgesperrt
       
       London taz | Über Westminster kreist noch der Hubschrauber, auch das
       Parlament bleibt am Donnerstag weiträumig abgesperrt, doch ansonsten
       herrscht am Tag nach dem [1][Anschlag in London] schon wieder der Alltag.
       Die Menschen drängen zur Arbeit, vor dem Buckingham-Palast ist wie üblich
       das Spektakel das Wachwechsels zu sehen.
       
       Eine Gruppe tschechischer Schülerinnen beobachtet die Zeremonie aus
       sicherer Distanz. Tourleiterin Blanica Eisenhkitivá, 65, erzählt von
       besorgten Eltern, denen sie versprechen musste, dass man Westminster nicht
       zu nahe komme. In der Nähe vom Parliament Square liegen Blumengebinde mit
       der Aufschrift „Wir haben keine Angst, unsere Herzen sind mit Dir“.
       
       Gleich hinter der Westminster Abbey flucht der Lieferant einer
       Supermarktkette über die Absperrungen. „Ich muss die ganze Ladung hier nun
       nach dahinten runter schieben“, sagt er resigniert. Die Gattin eines
       Unterhausabgeordneten will Blumen vor dem Parlament niederlegen – und muss
       einen umständlichen Weg nehmen.
       
       Vor dem Erziehungsministerium machen zwei Bauarbeiter Pause. Nick Lay, 59,
       und Darren Percy, 48, die hier Renovierungsarbeiten durchführen, erzählen,
       dass sie wegen des Terrorangriffs heute leichter in die Innenstadt gekommen
       seien als gewohnt, weil es weniger Verkehr gebe. Das Attentat selbst
       bedrücke sie nicht weiter. „You just get up and carry on“ („Man steht
       einfach auf und macht weiter“), betont Lay, und sein Kumpel philosophiert
       dazu: „Das kann überall passieren, wenn man am falschen Ort zur falschen
       Zeit ist.“
       
       Westlich der Westminster Bridge, auf der am Mittwoch Passanten überfahren
       wurden, spazieren die Algerierinnen Loudana, 24, und Sonia, 25, über die
       Lambeth-Brücke. Sie sind in Großbritannien, um Englisch zu lernen. Heute
       wollten sie sich eigentlich das Parlament genauer anschauen. Das ist nun
       nicht möglich. „Das ist unsere letzte Woche hier, bevor wir abreisen“,
       bedauert die eine. „Wir hatten uns auf die Besichtigung gefreut.“
       
       Auf der Südseite der Themse kommt der pensionierte Mechaniker Peter
       Andrews, 72, auf einem Elektrorollstuhl gerade aus dem
       St.-Thomas-Krankenhaus. Dort wurden am Vortag die Verletzten eingeliefert.
       „Wir haben jeden Donnerstag hier eine Fitnessstunde, die uns mit dem Atmen
       hilft“, erzählt er. In seinem Kurs habe trotz des schlimmen Ereignisses
       niemand gefehlt.
       
       „Wir geben nicht deswegen auf, man kann sich nicht im Zimmer einschließen,
       sondern man muss mit dem Leben weitermachen“, sagt er lachend und fährt
       dann weiter in die zur Mittagszeit volle Fußgängerzone bei Lower Marsh
       hinter Waterloo. Dort vor den Imbissständen stehen Menschen in langen
       Schlangen in der Sonne und diskutieren beim Mittagessen.
       
       „Carry on!“ Das war schon das Motto der Briten im Zweiten Weltkrieg. Und so
       ist es auch heute.
       
       23 Mar 2017
       
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