# taz.de -- Studie zur Berliner Schulreform: Schlechte Noten für Sekundarschulen
       
       > Die Studie zur Abschaffung der Haupt- und Realschulen im Jahr 2010 zieht
       > eine ernüchternde Zwischenbilanz: von mehr Bildungsgerechtigkeit keine
       > Spur.
       
 (IMG) Bild: Aufgepasst: Noch immer entscheidet die Schulform über Bildungschancen.
       
       Wird aus Wasser Wein, wenn man der Flasche ein anderes Etikett verpasst?
       Natürlich nicht. Für die ehemaligen Hauptschulen in Berlin gilt das
       Gleiche. Das Namensschildchen am Schultor ist neu: Integrierte
       Sekundarschule ohne gymnasiale Oberstufe. Doch geändert hat sich seit der
       Schulstrukturreform 2010 wenig, zumindest nicht zum Besseren.
       
       So sind die Lesekompetenz und die Leistungen der NeuntklässlerInnen in den
       Naturwissenschaften an den Sekundarschulen ohne eigene Oberstufe sogar
       leicht gesunken. Und noch immer besuchen überdurchschnittlich viele Kinder
       aus bildungsfernen Familien eine Schule ohne eigene Abituroption.
       
       „Insgesamt nicht irritiert“ zeigte sich Bildungssenatorin Sandra Scheeres
       (SPD) dennoch am Mittwoch bei der Vorstellung der [1][Begleitstudie] zur
       Schulstrukturreform. Die Rahmenbedingungen seien „auf den Weg gebracht“ –
       nun müsse man eben darangehen, „die Qualität stärker zu gestalten“.
       
       Vor sieben Jahren hatte Berlin die Haupt-, Real- und Gesamtschulen zu
       Integrierten Sekundarschule fusioniert oder umbenannt. Was man sich von der
       Reform in erster Linie versprach: bessere Leistungen der SchülerInnen,
       weniger SchulabbrecherInnen, eine höhere Abiturquote. Vor allem sollte die
       soziale Herkunft nicht länger mehr oder weniger über die Schulkarriere
       bestimmen: Die Privilegierten aufs Gymnasium oder vielleicht noch die
       Realschule, für den Rest die Hauptschule.
       
       ## Eigene Oberstufe bevorzugt
       
       Der Haken: Einige Schulen haben eine Oberstufe, andere nicht. Letztere
       werden von leistungsstärkeren SchülerInnen und bildungsbewussten Eltern
       gemieden – wie zuvor die Hauptschulen: „Zu der Gruppe der besonders
       benachteiligten Standorte gehören nach der Reform bis auf wenige Ausnahmen
       Integrierte Sekundarschulen ohne eigene Oberstufe, insbesondere
       umgegründete Hauptschulen“, konstatiert denn auch der Bericht der
       Bildungsforscher vom Max-Planck-Institut und dem Deutschen Institut für
       Internationale Pädagogische Forschung.
       
       Die Wissenschaftler hatten sowohl die schulischen Leistungen als auch
       allgemeine kognitive Fähigkeiten von über 2.000 NeuntklässlerInnen vor dem
       Hintergrund ihrer sozialen Herkunft untersucht – einmal vor der
       Schulreform, dann drei Jahre später.
       
       Ein Lichtblick: Zwar erwerben an den Integrierten Sekundarschulen nun
       insgesamt mehr SchülerInnen die Zugangsberechtigung für die gymnasiale
       Oberstufe. Der Anteil stieg von 23,5 auf rund 41 Prozent. Allerdings sind
       insbesondere an den Schulen ohne eigene Oberstufe „substanzielle“
       Leistungsrückgänge zu beklagen. Im Klartext: Hier spiegelt die Notenvergabe
       der LehrerInnen nicht unbedingt das Leistungsniveau der SchülerInnen.
       
       Senatorin Scheeres will nun „nachlegen“. Konkret wolle man mehr
       Sekundarschulen, die sich zusammentun und eine gemeinsame Oberstufe
       aufbauen – bisher ein freiwilliges Angebot an die Schulen. Ab
       Wintersemester 2018/19 soll es zudem an den Unis nur noch einen
       Lehramtsstudiengang geben, der nicht mehr zwischen Sekundarschule und
       Gymnasium unterscheidet.
       
       Nicht erklären konnten sich die Wissenschaftler ein Ergebnis, dem die
       Senatorin nun „besondere Aufmerksamkeit“ schenken will: Auch die
       Matheleistungen an den Gymnasien sanken. Allerdings habe sich die
       Schülerschaft nicht geändert, mit der Reform habe das also nichts zu tun.
       
       15 Mar 2017
       
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