# taz.de -- Kommentar Russland provoziert beim ESC: Lieber solidarisch singen
> Die Teilnahme Russlands ist ein Dilemma für den Veranstalter des ESC, der
> sich als unpolitisch begreift. Wie geht man damit um?
(IMG) Bild: Mit der Solidarität der anderen europäischen Länder sollte die Ukraine rechnen können
Es ist eine klare Provokation: Russland zögert bis zur letzten Sekunde, ob
es überhaupt einen Kandidaten zum Eurovision Song Contest in die Ukraine
schickt, [1][und entscheidet sich dann für Julia Samoilowa] – die nicht in
die Ukraine einreisen darf. Denn: Reisen auf die Krim über Russland sind
seit der Annektion der Halbinsel durch Russland im Jahr 2014 verboten.
Samoilowa aber ist dort 2015 aufgetreten, jetzt prüft der ukrainische
Geheimdienst ihre Reiseroute.
Das ist zum einen ein Dilemma für den Veranstalter ESC, der sich selbst als
unpolitisch begreift. Zum anderen ist es ein politisches Dilemma, das
derzeit den Diskurs zu bestimmen scheint: Wie geht man um mit
Grenzüberschreitungen, Anschuldigungen, Pöbeleien? Lässt man sie ins Leere
laufen, in der Hoffnung, die Erdoğans und Putins damit zu schwächen – oder
muss man dagegenhalten, um in ihren Augen nicht als schwach zu gelten?
Tut die Ukraine also Putin einen Gefallen, wenn sie Samoilowa nicht
einreisen lässt? Und täten die Niederlande Erdoğan einen Gefallen, wenn sie
auf dessen Nazivergleiche mit verbalen Gegenschlägen reagierten?
Erst mal scheint es vernünftig, in beiden Fällen auf Deeskalation zu
setzen. So schlug taz-Redakteur und ESC-Experte Jan Feddersen in der ARD
vor, der Sender European Broadcasting Union solle – nach Vorbild der UN, zu
deren Hauptsitz in New York auch alle reisen dürfen – freies Geleit für
Samoilowa anbieten.
Aber während es zwischen Europa und der Türkei nur um verbale Provokationen
geht, ist Russland mit der Annektion der Krim militärisch vorgegangen. Noch
immer herrscht in der Ukraine Krieg.
Letztlich kann und muss die Ukraine entscheiden, ob sie als ESC-Gastgeberin
einlenken oder einen Eklat riskieren will. Sie sollte aber mit der
Solidarität der anderen europäischen Länder und des Veranstalters rechnen
können. Wirklich unpolitisch kann der in diesem Fall ohnehin kaum bleiben.
16 Mar 2017
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