# taz.de -- Präsidentschaftskandidatur in Frankreich: Allianz in der Mitte
       
       > Der Zentrumsdemokrat Bayrou unterstützt den sozialliberalen Kandidaten
       > Macron. Das soll einen Durchmarsch der Rechten verhindern.
       
 (IMG) Bild: Hatte keine andere Wahl, als sich mit Macron in der Mitte zu treffen: Bayrou
       
       Paris taz | Der französische Zentrumsdemokrat François Bayrou verzichtet
       auf eine vierte Präsidentschaftskandidatur. Er bietet dem Sozialliberalen
       Emmanuel Macron, der laut Umfragen zu den Favoriten zählt, eine Allianz und
       seine Unterstützung an, um eine für Frankreich völlig neuartige Mehrheit
       der politischen Mitte zu schaffen. Macron akzeptierte die Unterstützung
       sofort ohne weitere Bedingungen. Am Donnerstagmorgen trafen sich die beiden
       Politiker zur Besiegelung ihres Pakts. Zahlreiche Medien werten das
       Ereignis als Wendepunkt dieser Wahlen.
       
       Bei einer Pressekonferenz am Mittwoch erklärte Bayrou, was ihn zu diesem
       Schritt bewegt hatte: Die Lage Frankreichs sei dramatisch. Die Bilanz der
       scheidenden Regierung und des Präsidenten François Hollande sei so
       schlecht, dass die Sozialisten als Kandidaten einen – internen –
       Oppositionellen (Benoît Hamon) gewählt hätten. Die von François Fillon
       repräsentierte bürgerliche Rechte dagegen sei durch Finanzaffären und
       Interessenskonflikte moralisch diskreditiert. Viele Wähler wüssten nicht
       mehr, was sie in dieser Situation tun sollten.
       
       Weil die Demokratie durch den Vormarsch der extremen Rechten gefährdet sei,
       komme für ihn eine zusätzliche Zersplitterung nicht in Frage, betonte
       Bayrou. Er wünscht sich von Macron, dass er im Falle seiner Wahl ein Gesetz
       zur Verhinderung von Interessenskonflikten zur Moralisierung der Politik
       vorbereitet.
       
       Vieles verbindet die beiden: Wie Bayrou schon seit Jahren will auch Macron
       die traditionelle Spaltung von links und rechts überwinden. Beide sind klar
       proeuropäisch – was heute in Frankreich schon Seltenheitswert hat –, aber
       sie sind auch für eine realistische Finanzpolitik, für liberale Reformen
       und einen sozialen Dialog.
       
       In Wirklichkeit aber kaperte Macron Bayrous Platz und ließ ihm keine andere
       Wahl. Im Fall einer vierten Kandidatur hätte Bayrou nur mit lächerlichen
       fünf Prozent rechnen können. Darum zog er es vor, seinen Entscheid als
       selbstlose und großzügige Geste „im Interesse der Allgemeinheit“
       darzustellen und als Partner Einfluss auf das Programm von Macron zu
       nehmen.
       
       ## Alles für die Publicity
       
       Bayrou hatte bis zu seinem Auftritt am Mittwochnachmittag für Spannung
       gesorgt und sich von niemandem in die Karten schauen lassen. Kandidiert er,
       kandidiert er nicht? Falls nicht, wen würde er unterstützen? So schafft man
       Publicity, selbst als Politiker, der eigentlich in seinem Land bereits als
       Gestriger gelten müsste.
       
       Der 65-Jährige aus dem französischen Südwesten am Rand der Pyrenäen hat
       aber auch große Erfahrung. Er hat mit seinen regelmäßigen Kommentaren zur
       Tagespolitik in den Medien auch den Ruf eines Weisen erlangt. Obwohl er und
       seine Minipartei MoDem an Mandaten und Wahlergebnissen nicht viel
       darstellen, hat sein Wort Gewicht.
       
       Bayrous Verzicht auf eine Kandidatur wird für Fillon zu einem Problem.
       Dieser ist durch die «Penelopegate»-Finanzaffäre so geschwächt, dass er
       trotz seiner unzweideutigen Nominierung im November weiterhin Mühe hat,
       sich im eigenen Lager durchzusetzen. Dieses moralische Handicap gab für
       Bayrou – mehr noch als die politischen Affinitäten – den Ausschlag, auf die
       Karte Macron zu setzen.
       
       Bereits 2012 hatte er sich in der Stichwahl für François Hollande und gegen
       den damaligen Präsidenten Nicolas Sarkozy ausgesprochen, weil dieser sich
       in seinen Augen mehr durch seinen Stil als durch seine Politik
       diskreditiert hatte. Man versteht es, dass Bayrous Ankündigung im
       Hauptquartier von Macron Jubel und bei Fillon dagegen Gezeter auslöste.
       
       Fillons Sprecher Thierry Solère und Eric Ciotti sind aufgrund der
       Vorgeschichte von Bayrous „Verrat“ nicht überrascht. Dieser habe „für ein
       Linsengericht“ mit seiner Allianz „ein zweites Mal Hollande gewählt“,
       sagten sie. In Umfragen aber liegt Macron wieder vor Fillon als Favorit im
       Rennen.
       
       23 Feb 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rudolf Balmer
       
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