# taz.de -- Entwicklungshilfe für Nigeria: „Wer hat das Geld bekommen?“
       
       > Nigeria erhält reichlich humanitäre Hilfe für die Opfer des
       > Boko-Haram-Kriegs. Eine lokale NGO verfolgt nun, ob das Geld auch
       > ankommt.
       
 (IMG) Bild: Bildungshilfe: Diesen Schülern aus Borno (Nigeria) spendierte die UNO immerhin Schulranzen
       
       taz: Herr Lawal, im Boko-Haram-Kriegsgebiet im Nordosten Nigerias sind
       mehrere Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen. Nun hat neulich
       der Gouverneur des am schwersten betroffenen Bundesstaates Borno, Kashim
       Shettima, gesagt, nur 8 von 126 Hilfsorganisationen würden sinnvolle Arbeit
       leisten. Was sagen Sie dazu? 
       
       Hamzat B. Lawal: Tatsächlich gibt es viel Hilfe und viele Organisationen
       vor Ort, und wenn man sich diese näher anschaut, sind es nur wenige, die
       etwas verändern. Dazu gehören Ärzte ohne Grenzen, das Rote Kreuz, Christian
       Aid und ein paar andere. Doch was macht der Rest?
       
       Viele Organisationen haben sich Ende August 2016 in Bornos Hauptstadt
       Maiduguri niedergelassen. Erste Erfolge sollten nun sichtbar sein. 
       
       Vor Ort gibt es weiterhin nichts. Nicht einmal der Zugang zu Dörfern in
       ländlichen Regionen ist da. Dabei heißt es: Wir gewinnen den Krieg. Aber
       man kann nicht mal die 70 Kilometer von Maiduguri in die Stadt Bama fahren,
       ohne angegriffen zu werden.
       
       Entlegene Dörfer sind also genauso schwer erreichbar wie im vergangenen
       Jahr? 
       
       Um Maiduguri überhaupt zu verlassen, braucht man eine Erlaubnis des
       Gouverneurs oder der Armee. Hat man diese Genehmigung nicht, kann man
       verhaftet oder sogar angeschossen werden. Dann lautet die Begründung: Es
       könnten schließlich Kämpfer von Boko Haram sein.
       
       Wie viele Hilfsgelder sind in den vergangenen Monaten in den Nordosten
       Nigerias geflossen? 
       
       Wir haben uns bei der nationalen Nothilfeagentur Nema erkundigt. Aber dort
       konnte uns niemand konkret sagen, wie viele IDPs (Binnenvertriebene)
       versorgt wurden, wie hoch das Budget war und wie viele internationale
       Gelder geflossen sind. In Nigerias Haushalt 2016 waren 10 Milliarden Naira
       (29,4 Millionen Euro) für IDPs im Nordosten veranschlagt. Aber wer hat das
       Geld bekommen? In der Region kann niemand das Geld abrufen. Jetzt heißt es,
       dass ein Komitee im Senat die Vorfälle untersuchen soll.
       
       In den vergangenen vier Jahren ist auch für das Militär viel Geld zum Kampf
       gegen Boko Haram bereitgestellt worden. Das führte zu massiver Korruption.
       Wiederholt sich das jetzt? 
       
       Das würde ich nicht sagen. Wichtig ist aber: Die Regierung muss mit den
       Hilfsorganisationen einen Dialog führen, damit die Bürger nachvollziehen
       können, woher Gelder kommen und wie sie ausgegeben werden. Meine
       Organisation ist gerade dabei, einen sogenannten humanitarian tracker zu
       entwickeln.
       
       Also etwas, womit man den Weg humanitärer Hilfe verfolgen kann – was
       bedeutet das? 
       
       Uns ist es gelungen, einige Menschen vor Ort zu rekrutieren. Über WhatsApp
       schicken sie uns Berichte aus ihren Dörfern. Darunter sind auch Fotos und
       Audioberichte. Das Material wollen wir auf unserer Homepage
       [1][followthemoneyng.org] veröffentlichen und daraus Infografiken
       erstellen. Unser Ziel ist es, Politiker zu informieren, vor allem aber
       internationalen Organisationen zu zeigen, wo Hilfe wirklich notwendig ist.
       
       Ist das auch ein Ansatz für andere Projekte? Es gibt die
       Safe-School-Initiative, um Kindern im Boko-Haram-Kriegsgebiet den Zugang
       zur Schulbildung zu erhalten. Das hat auch das deutsche Ministerium für
       wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unterstützt. 
       
       Nigeria hat wirklich viel Hilfe für Bildung, Gesundheit oder Trinkwasser
       bekommen. Doch ob man vor Ort etwas sieht, ist eine andere Frage. Deswegen
       müssen wir dort sein und Daten sammeln. Verspricht die Regierung
       beispielsweise Zugang zu sauberem Wasser, müssen wir überprüfen, ob
       überhaupt Brunnen gebaut wurden.
       
       16 Feb 2017
       
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 (DIR) Katrin Gänsler
       
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