# taz.de -- Kommentar Trudeaus USA-Besuch: Wenn der Nachbar ein Bully ist
       
       > Kanadas Premierminister Justin Trudeau versucht es in Washington mit
       > Diplomatie. Vielleicht der einzig richtige Weg für den Umgang mit Trump.
       
 (IMG) Bild: Ob es zu einem gemeinsamen Feierabendbier zwischen Trump und Trudeau kam, ist unklar
       
       Washington taz | Kanada, Mexiko und die USA, bildeten eine zwar nicht
       perfekte, aber dennoch auffallend friedliche Zone auf einem Planeten voller
       Konflikte. Während anderswo Grenzprobleme, Spannungen und Drohungen
       herrschen, haben die drei es geschafft, sich anzunähern, sich gegenseitig
       zu öffnen und miteinander zu reden.
       
       Diese nachbarschaftliche Beziehung, an der Generationen von Diplomaten
       gearbeitet haben, ist seit der Ankunft des Neuen im Weißen Haus in eine
       Krise gestürzt. Denn Donald Trump will nicht nur den Freihandel in
       Nordamerika abschaffen, sondern er hält grundsätzlich wenig von
       Multilateralismus und von internationalen Organisationen. Stattdessen will
       er bilaterale Beziehungen, in denen die USA den Seniorpartner geben.
       Außenpolitik, das hat er in den ersten drei Wochen seiner Amtszeit
       vorgeführt, versteht er als Provokationen, die von Beleidigungen bis zu
       Alleingängen in internationalen Fragen reichen.
       
       Sowohl Mexiko als auch Kanada stellt das vor schwere Herausforderungen,
       denn für beide sind die USA der wichtigste Geschäftspartner. Aber auf die
       aggressiven Töne aus Washington reagieren sie unterschiedlich. Dabei
       befindet sich Mexiko in der komplizierteren Lage, weil Trump sowohl die –
       mehrheitlich aus Mexiko stammenden – Immigranten in den USA als auch das
       Land selbst im Visier hat. Er begann damit bei seinem Wahlkampfauftakt, als
       er Mexiko als Exporteur von „Kriminellen“, und „Vergewaltigern“
       beschimpfte. Und er eskalierte die Sache mit der Mauer, die er quer durch
       Nordamerika bauen und von Mexiko finanzieren lassen will.
       
       Der mexikanische Präsident Enrique Peña Nieto machte monatelang gute Miene
       zum bösen Spiel. Und auf dem Höhepunkt des Wahlkampfes lud er Trump sogar
       nach Mexiko-Stadt ein, ohne dessen Feindseligkeit öffentlich zu
       kritisieren. Erst unter dem Druck der mexikanischen Öffentlichkeit wurde
       Peña Nieto wütend und sagte seinen Antrittsbesuch bei der neuen Regierung
       in Washington ab. In beiden Situationen tat er Trump einen Gefallen: Dessen
       Popularität schnellte am Tag seines Blitzbesuchs in Mexiko-Stadt in die
       Höhe und er kann jetzt den starken Mann gegen Mexiko geben.
       
       ## Mit gutem Beispiel voran
       
       Der kanadische Premierminister Justin Trudeau hingegen versucht den
       entgegengesetzen Weg. Er vermeidet den Konflikt nicht, sondern bietet Trump
       auf diplomatische Art Paroli. Schon in den zurückliegenden Wochen hat der
       linksliberale Kanadier seinen Dissens gezeigt. Als Trump versuchte, per
       Dekret ein Einreiseverbot für Staatsangehörige von sieben mehrheitlich
       muslimischen Ländern zu verhängen, twitterte Trudeau, dass Kanada alle
       Verfolgten willkommen heiße: „unabhängig von ihrer Religion“.
       
       [1][Bei seinem Antrittsbesuch an diesem Montag] in Washington stand Trudeau
       neben Trump und führte – ganz ohne wütende oder aggressive Töne – dessen
       Inkompetenz vor. Trump wich sämtlichen Fragen über die Beziehungen zwischen
       den USA und Kanada aus. Stattdessen redete er über Nordkorea, Mexiko und
       „böse“ Elemente, die er aus den USA abschieben wolle, und prahlte ohne Not
       über seinen eigenen angeblich starken Wahlsieg.
       
       Trudeau hingegen gab Antworten. Er sprach von den Millionen Arbeitsplätzen
       in beiden Ländern, die von dem gemeinsamen Handel abhängen, und erwähnte
       Politikbereiche, die bei Trump nicht vorkommen, darunter die Rechte von
       Arbeitern, Umweltverträge und die „gegenseitige ökonomische Integration“
       der beiden Länder. Dabei wechselte er mühelos vom Englischen ins
       Französische und zurück und praktizierte eine selbstverständliche
       Zweisprachigkeit, während Trump jeden Hinweis auf das Spanische von der
       Webseite des Weißen Hauses verbannt hat. Auf eine Frage nach der Sicherheit
       der gemeinsamen Grenze lehnte Trudeau es diplomatisch ab, anderen Ländern
       Lektionen zu erteilen. „Wir gehen mit gutem Beispiel voran“, sagte er,
       während Trump wie ein dummer Junge neben ihm stand.
       
       Zwar war nichts von der Leichtigkeit übrig, mit der Trudeau und Barack
       Obama bei dem letzten US-kanadischen Gipfeltreffen in Washington
       miteinander gewitzelt hatten. Aber Trudeau zeigte dennoch ein neues Modell
       für den Umgang mit Trump. Er bewies Stärke gegenüber einem „Bully“ – also
       jemandem, der andere mobbt. Er wagte sich auf dessen Territorium. Er sagte
       seine Meinung. Und er führte vor, dass ein Nordamerikaner auch anders
       Politik machen kann. Es kann gut sein, dass er damit den einzigen Ton
       angibt, den Trump versteht.
       
       14 Feb 2017
       
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